Ein Junge sitzt beim Zahnarzt auf dem Stuhl und schaut in einen Spiegel. Der Arzt zeigt und erklärt ihm etwas.
STANDORTinfo - Der Newsletter der Barmer Landesvertretung Baden-Württemberg

Zu viele Kinder gehen nicht zum Zahnarzt

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In Baden-Württemberg gehen zu wenig Kinder zur Zahnvorsorgeuntersuchung. Das belegen Zahlen aus dem aktuellen Barmer-Zahnreport. Demnach hatten im Jahr 2021 41 Prozent der Jungen und Mädchen im Alter bis 14 Jahren die Individualprophylaxe nicht in Anspruch genommen. 

Ein Mann mit Glatze, Brille und Anzug lächelt in die Kamera

Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der BARMER in Baden-Württemberg

Von den Kindern im Alter bis vier Jahre waren laut aktuellem Barmer-Zahnreport sogar 65 Prozent nicht vorsorglich bei einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt. "Eltern sollten den Zahnarztbesuch spätestens ab dem ersten Milchzahn zur Regel machen. Nur so können Zahnerkrankungen und auch der Angst vor dem Zahnarztbesuch vorgebeugt werden“, sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg. Leider würden viele Eltern erst dann mit ihren Kindern in die Praxis gehen, wenn die Zähne schon geschädigt seien. "Milchzähne, die durch Karies schon stark zerstört worden sind, können in der Zahnarztpraxis nur mit viel Mühe und Zeit erhalten werden. Teilweise ist eine Behandlung nur unter Vollnarkose möglich. Die Leidtragenden sind die Kinder."

Gesunde Milchzähne sind die Basis für gesunde bleibende Zähne 

Eine Frau mit hochgesteckten, lockigen Haaren lächelt in die Kamera

Carolin Möller-Scheib, Geschäftsführerin Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg e.V. 

Es gibt mehrere Gründe, weshalb Eltern mit ihren Kindern nicht vorsorglich in die Zahnarztpraxis gehen, sondern erst dann, wenn ein Zahn schmerzt. Ein großes Problem ist die Unwissenheit. Viele Eltern wissen zum Beispiel nicht, dass sie die Zahnvorsorgeuntersuchung ihrer Kleinen nichts kostet. "Einige Eltern halten die Prophylaxe ihrer Kinder auch nicht für notwendig, da die Milchzähne ohnehin ausfallen. Das ist aber falsch. Gesunde Milchzähne sind die Basis für gesunde bleibende Zähne", sagt die Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit in Baden-Württemberg (LAGZ), Carolin Möller-Scheib. Wenn die Milchzähne zu früh ausfallen, dann könne der Zahnwechsel dadurch erheblich gestört werden. Die bleibenden Zähne wüssten dann nicht, wo ihr Platz im Kiefer ist. Die dadurch verursachte Zahnfehlstellung müsse später kieferorthopädisch korrigiert werden. Zudem können durch kariöse Milchzähne die bereits durchgebrochenen bleibenden Zähne befallen werden.

Gymnasiasten haben weniger Karies

Sag mir, auf welche Schule du gehst und ich sage dir, ob du viel oder wenig Karies hast. Dass die Zahngesundheit von der Bildung abhängt, das belegt ein Blick in die letzte Studie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege. Der sogenannte DMFT-Wert gibt an, wie viele Zähne im Schnitt kariös oder aufgrund von Karies gefüllt oder gezogen worden sind. Demnach haben 12-jährige Gymnasiasten aus Baden-Württemberg einen DMFT-Wert von 0,16. Das bedeutet, dass im Schnitt 0,16 Zähne kariös sind. Bei den gleichaltrigen Real- und Werkrealschülern ist der Kariesindex mit 0,58 mehr als dreimal so hoch.

Mehr Patenzahnärzte und mehr verpflichtende Gruppenprophylaxe 

Um das Loch in der Individual- und in der Gruppenprophylaxe zu schließen und Zahnkrankheiten bei baden-württembergischen Kindern vorzubeugen, ist eine gemeinschaftliche Kraftanstrengung notwendig. "Kommunikation ist extrem wichtig, um Wissenslücken zu schließen", sagt Barmer-Landeschef Plötze. Dabei müssten auch Wege gefunden werden, um Sozialschwache und Familien mit Migrationshintergrund zu erreichen. Die LAGZ und das Informationszentrum für Zahn- und Mundgesundheit versuchen das über mehrsprachiges Informationsmaterial und kindgerechte Lehrfilme. Carolin Möller-Scheib wünscht sich eine Ausweitung der Gruppenprophylaxe. Diese ist laut Schulgesetz nur in den Grundschulklassen eins und zwei und in den sonderpädagogischen Einrichtungen verpflichtend. "Es gibt Sechsjährige, die sehen in der Schule zum allerersten Mal einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin. Das ist zu spät. Die zahnärztliche Gruppenprophylaxe sollte schon in der Kita stattfinden." Doch um das umsetzen zu können, sei mehr Personal notwendig. "Leider hat sich die Zahl der Patenzahnärztinnen und Patenzahnärzte in Baden-Württemberg aufgrund von schwierigen Voraussetzungen in den letzten sechs Jahren halbiert. Das ist für uns ein großes Problem. Es wäre schön, wenn sich wieder mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte in diesem wichtigen Ehrenamt engagieren würden."

Weitere Informationen:
Barmer: Zahnpflege für Kinder - Richtig Zähneputzen von Anfang an
Auf der Internetseite der LAGZ und des Informationszentrums Zahn- und Mundgesundheit finden Sie mehrsprachige und kindgerechte Informationen zu Zahnpflege und Mundgesundheit.