Viele farbige Tabletten liegen auf einem Haufen auf einem Tisch
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Medikationsfehler durch Digitalisierung der Arzneimitteltherapie vermeiden

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Stuttgart, 8. Februar 2023 – Welche Medikamente nimmt ein Patient oder eine Patientin ein? Diese Information liegt weder in Arztpraxen noch in Kliniken standardmäßig vor. "Ärztinnen und Ärzte müssen aber grundsätzlich die gesamte Arzneimitteltherapie der Patienten kennen, um die richtige medizinische Entscheidung treffen zu können", sagt der Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg, Winfried Plötze. Die Krankenkasse fordert deshalb eine digitale Unterstützung der Arzneimitteltherapie. "Die Arzneimitteltherapie wird immer komplexer. Ohne elektronische Hilfe ist es schier unmöglich, den Überblick zu behalten. Wir brauchen eine digitale Dokumentation über alle Verordnungen, die jederzeit vorliegt. Denn diese Informationen können überlebenswichtig sein." Etwa in einem Notfall. Bei rund 80 Prozent der Patientinnen und Patienten, die als Notfall in eine Klinik eingeliefert werden, würden behandlungsrelevante Informationen fehlen. Diese zu recherchieren, dauere durchschnittlich 22 Minuten pro Patient. Die Krankenkassen könnten Informationen zu verschreibungspflichtigen Medikamenten aus ihren Routinedaten ziehen und sozusagen per Knopfdruck liefern. Diese Daten sollten genutzt werden.

80-Jährige erhalten 24 Arzneimittel pro Jahr 

Laut Barmer-Arzneimittelreport wurden den 40- bis 44-Jährigen in Baden-Württemberg innerhalb eines Jahres vier Arzneimittel verordnet. Bei den 60- bis 64-Jährigen waren es schon zehn. Die 70- bis 74-Jährigen erhielten 16 und in der Altersgruppe ab 80 steigt die Zahl der verordneten Medikamente auf 24 pro Jahr. "Die Menge der verordneten Arzneimittel und die der zu beherrschenden Informationen steigt mit dem Alter. Die Fähigkeit zum Selbstmanagement nimmt aber eher ab. Nicht alle Patientinnen und Patienten dürften in der Lage sein, Auskunft über ihre Arzneimitteltherapie zu geben", so Plötze. Deshalb würden vor allem Ältere und Polypharmaziepatienten, die mindestens fünf Medikamente gleichzeitig einnehmen, von einer digital unterstützten Arzneimitteltherapie profitieren. 

Bis zu 70.000 Todesfälle könnten vermieden werden

In einem Innovationsfondsprojekt habe die Barmer nachgewiesen, dass die Sterblichkeit von Polypharmaziepatienten durch eine digital unterstütze Arzneimitteltherapie verringert werden könne. In dem Projekt namens 'AdAM' hatten Hausarztpraxen digital vollständige Informationen zur Vorgeschichte von Polypharmaziepatienten erhalten. Zusätzlich bekamen die Ärztinnen und Ärzte automatisch Hinweise auf vermeidbare Risiken, wie zum Beispiel gefährliche Wechselwirkungen. Die Evaluation habe gezeigt, dass bei einer bundesweiten Anwendung von AdAM jährlich bis zu 70.000 Todesfälle vermieden werden könnten.

Grafik AdAM


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