Berlin, 31. Dezember 2025 – Etwa 1.040.000 Menschen in Deutschland leiden an diagnostizierter Alkoholsucht oder mussten aufgrund einer Alkoholvergiftung behandelt werden. Das geht aus einer aktuellen Analyse des BARMER-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach wurden im Jahr 2023 etwa 720.000 Männer und etwa 320.000 Frauen wegen psychischer und anderer Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit Alkohol in einer niedergelassenen Praxis oder in einer Klinik medizinisch versorgt. „Ein Alkoholproblem entwickelt sich häufig schleichend über Jahre. Daher ist es entscheidend, dass Erkrankte sich rechtzeitig an eine regionale Suchtberatungsstelle oder an die Suchtselbsthilfe wenden und professionelle Hilfe von Ärzten und Psychologen in Anspruch nehmen“, sagt Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Obwohl das Bewusstsein für Gefahren von Alkoholismus mittlerweile ausgeprägter sei als noch vor Jahren, seien die Zahlen weiter alarmierend. Die seien nur die Spitze des Eisbergs. Die Dunkelziffer liege vermutlich deutlich höher. Eine frühzeitige medizinische und psychologische Intervention bleibe essenziell. Regionale Suchtberatungsstellen würden zudem auch Unterstützung für Angehörige von Betroffenen bieten.
Ältere Menschen trinken häufiger zu viel Alkohol
Besonders betroffen von riskantem Alkoholmissbrauch sind der BARMER-Analyse zufolge Menschen im Alter von 60 bis 69 Jahren. Etwa 40 von 1.000 Männern und etwa 16 von 1.000 Frauen dieser Altersgruppe suchten im betrachteten Zeitraum ärztliche Hilfe im Zusammenhang mit Alkohol. Dabei ist auch auffällig, dass Personen mit Abitur und hohem Einkommen ein deutlich geringeres Risiko haben, alkoholabhängig zu werden.
Regionale Unterschiede mit mehr Abhängigkeit im Norden
Die regionale Verteilung von Alkoholismus in Deutschland zeigt markante Unterschiede. So lag im Jahr 2023 der Anteil von Menschen, die sich im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch in Behandlung befanden, in Mecklenburg-Vorpommern mit etwa 23 Personen je 1.000 Einwohner ganze 56 Prozent über dem Bundesschnitt. Die niedrigste Rate an behandlungsbedürftigen Personen aufgrund ihres Alkoholkonsums wies Rheinland-Pfalz mit etwa zwölf Personen je 1.000 Einwohner auf. Das sind 17 Prozent weniger als im Bundesschnitt, der bei etwa 15 Personen je 1.000 Einwohner liegt. „Regionale Unterschiede sind allein aus medizinischer Sicht nicht erklärbar. Sie spiegeln nach aktuellem Kenntnisstand unter anderem auch soziodemografische Faktoren wider, die in verschiedenen Regionen offensichtlich unterschiedlich stark ausgeprägt sind“, sagt Straub.
Bedeutung der Frühintervention und passgenauer Behandlung
Die große Zahl an Menschen, die wegen ihres Alkoholkonsums behandelt werden mussten, insbesondere im mittleren Alter, verdeutlicht aus Sicht der BARMER die Notwendigkeit, Suchtverhalten frühzeitig zu erkennen und passgenau zu versorgen. „Es ist entscheidend, dass Betroffene bei einem Alkoholproblem multiprofessionelle Unterstützung erhalten, um aus ihrer Suchtspirale auszubrechen und dauerhaft abstinent zu bleiben“, betont Straub. Die BARMER spreche sich deshalb dafür aus, den Zugang zu spezialisierten Suchthilfeangeboten zu verbessern und Betroffenen und Angehörigen die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen, um ein gesundes Leben ohne Alkohol zu führen. Es sei wichtig, im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch auch Angehörige von Betroffenen in den Fokus zu rücken, da das familiäre Umfeld häufig co-abhängig sei. Die Probleme, die sich hier in gesundheitlicher, finanzieller und sozialer Hinsicht zeigten, müssten klar benannt werden. Eine bloße Alkoholentgiftung reiche meist nicht aus. Vielmehr sei eine multiprofessionelle Behandlung erforderlich.