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Wie ich es sehe

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Dr. Hillebrandt wie ich es sehe mit Gedanken zur Modularen Vergütung für sektorenübergreifende Leistungen und zu Private Equity

Modulare Vergütung für die sektorenübergreifende Leistung

In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien sich darauf verständigt, eine sektorengleiche Vergütung umzusetzen, um die Ambulantisierung bislang „unnötig stationär erbrachter“ Leistungen zu fördern. Dabei ist die Rede von sogenannten „Hybrid-DRG“. Dieser Begriff ist aber nicht eindeutig definiert und suggeriert einen Mixpreis aus ambulanter und stationärer Vergütung. Jede Mischform verstärkt nur das Problem, dass eine Leistung nur aufgrund der Vergütungshöhe entweder ambulant oder stationär erbracht wird. Daher ist eine differenzierte Vergütung für eine klare Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Leistung notwendig. Dafür bietet sich ein modulares Vergütungssystem an.

In einem modularen Vergütungssystem wird eine Basisvergütung für die jeweiligen medizinischen Leistungen durch weitere Vergütungsbestandteile ergänzt. Dies sind zum Beispiel Zuschläge für unterschiedliche Schweregrade der Behandlung oder eine kurzstationäre Beobachtung von Patientinnen und Patienten. Insbesondere bei der Einrichtung von regionalen Versorgungszentren kann hierbei auch die Finanzierung von Vorhaltekosten ein wichtiger Bestandteil zur finanziellen Sicherung der wohnortnahen Versorgung sein. 

Ziel muss es sein, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ besser als bisher umzusetzen und eine angemessene Vergütung für diese Leistungen zu garantieren. Die Höhe der Vergütung muss auf Basis einer sachgerechten Kostenkalkulation entwickelt werden, die sich an den tatsächlichen Kosten des vertragsärztlichen Bereiches auf der einen Seite und des Krankenhausbereiches auf der anderen Seite orientiert.

Private Equity – Ärzteschaft warnt: Rendite darf nicht die Leistung bestimmen

Immer mehr Arztpraxen werden von Finanzinvestoren geführt. So forderten die Ärzte auf dem 126. Deutschen Ärztetag ein MVZ-Register, aus dem ersichtlich sein müsse, wie die Besitzverhältnisse und wie die wirtschaftlichen sowie medizinischen Verantwortlichkeiten verteilt seien. Um Transparenz für Patientinnen und Patienten zu erreichen, solle zudem auf dem Praxisschild ein Hinweis auf die Trägerschaft verpflichtend sein.

Wie viele Praxen mittlerweile Investoren gehören, weiß niemand. So bieten die von Investoren geführten Ketten Medizinern für ihre Arztsitze oft hohe Beträge an. Der Trend ist vor allem bei Augenärzten zu beobachten. Aber auch Praxen von Zahnärzten, Radiologen, Orthopäden, Gynäkologen, Nierenfachärzten, Internisten und Allgemeinmedizinern werden zunehmend von Investoren übernommen. 

Das Ganze wird dann zu einem Problem, wenn nicht das Berufsethos, sondern die Rendite bestimmt, welche Leistungen erbracht und welche vernachlässigt werden. Unabhängig davon, wem eine Praxis oder ein MVZ gehört, muss sichergestellt sein, dass die Versorgung der Versicherten allein medizinischen Erwägungen und den gesetzlich vorgegebenen Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit folgt.

Den Zulassungsausschüssen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen liegen zwar detaillierte Daten vor, wer die Träger von MVZ sind, also wem die Praxen gehören. Das Problem ist allerdings, dass diese Daten nicht bundesweit zusammengeführt werden. Was spricht also gegen ein Transparenzregister oder dem Trägerhinweis auf dem Praxisschild? Schließlich will der Kunde beim Brötchenkauf auch wissen, ob sie vor Ort frisch gebacken wurden oder ob eine Bäckereikette dahintersteht. Konsumentensouveränität bedingt Transparenz.  

Ein weiterer Aspekt ist zu beachten: Auch wenn bislang etwas weniger als ein Prozent aller MVZ bundesweit in den Händen von Finanzinvestoren liegen, so besteht schon heute die Gefahr der Bildung von Monopolen in einer Versorgungsregion. Insbesondere in der augenärztlichen Versorgung ist dies bereits akut. Patientinnen und Patienten haben es dann schwer, eine zweite unabhängige ärztliche Meinung zu bekommen.

Dem Bundesgesundheitsministerium liegen mittlerweile Gutachten und Analysen zu dem Thema vor und man ist dabei, eine Zusammenfassung der Gutachtensergebnisse zu erstellen. Die politische Diskussion über die Erkenntnisse der Gutachten sowie über das weitere Vorgehen ist aber bislang noch nicht abgeschlossen. Dass hier etwas in Gang gekommen ist, ist grundsätzlich gut, aber die Zeit drängt.