STANDORTinfo Schleswig-Holstein – Ausgabe März 2024

Kommunalpolitiker, Aufsichtsratsvorsitzender des FEK, Landtagsabgeordneter: Im Gespräch mit Hauke Hansen

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Bild Hauke Hansen

Hauke Hansen ist Kreisvorsitzender der CDU Neumünster und Aufsichtsratsvorsitzender des Friedrich-Ebert-Krankenhauses Neumünster. Seit Mai 2022 ist der verheiratete 44-Jährige Vater einer Tochter auch Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtags und nimmt in dieser Funktion die Aufgaben des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion wahr. Grund genug, mit ihm über die aktuelle gesundheitspolitische Lage zu sprechen und seine Einschätzung der Dinge zu erfahren.

Eine der größten, bundesweiten Herausforderungen in der Gesundheitspolitik ist die Krankenhausreform. Aber sowohl das Krankenhaustransparenzgesetz als auch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sind ins Stocken geraten. Was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit es endlich erfolgreich weitergehen kann?

Bund, Länder und auch Krankenhäuser sind sich grundsätzlich einig: Eine Krankenhausstrukturreform ist notwendig. Damit sollen Ziele wie eine flächendeckende und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung bei hoher Behandlungsqualität erreicht werden. Auch die Nachteile einer fallbezogenen Finanzierung sollen durch Vorhaltefinanzierungen beseitigt werden. Diesen Zielen schließe ich mich uneingeschränkt an. 

Leider nutzt der Bundesgesundheitsminister diese grundsätzliche Einigkeit der wichtigen Akteure nicht für eine breit getragene Reform. Hier liegt in meinen Augen der wesentliche Fehler und auch der Grund, weshalb die Vorhaben ins Stocken geraten sind: Getätigte Zusagen werden durch den Bundesgesundheitsminister nicht eingehalten (wie z. B. die nicht erfolgte Vorlage einer Auswirkungsanalyse) und seine Kommunikation mit Ländern, Kostenträgern und Leistungserbringern ist ein Desaster. Nur durch eine ehrliche und offene Zusammenarbeit kann hier eine sinnvolle und langfristig tragfähige Lösung gefunden werden, die auch einer gerichtlichen Überprüfung standhält.

Der Bundesgesundheitsminister agiert anders: Statt eines geplanten Umbaus der Krankenhauslandschaft sehen wir gerade reihenweise Krankenhäuser ungeplant in die Insolvenz gehen und einen Bundesgesundheitsminister, der medienwirksam vor diesem Umstand warnt, aber keine wirksamen Maßnahmen dagegen ergreift. Der deutliche Anstieg von Personal- und Sachkosten lässt sich durch eine unzureichende Gegenfinanzierung nicht auffangen. Derzeit schreiben vier von fünf Krankenhäusern rote Zahlen. Die finanziellen Probleme führen bereits jetzt zu Leistungseinschränkungen. Dadurch entstehen Lücken in der Patientenversorgung und teilweise sehr lange Wartezeiten. Ich setze mich für eine kurzfristige vollständige Finanzierung dieser Kosten ein. Der Bund muss finanzielle Nothilfen und Mittel zur wirtschaftlichen Sicherung in einem Gesetz verankern, um dem "kalten Krankenhaussterben" entgegen zu wirken. Die bislang geplante Vorhaltefinanzierung ist nicht ausreichend für eine Existenzsicherung der Grundversorgungskrankenhäuser in der Fläche, wie erste Auswirkungsanalysen zeigen. Dieses ist vor allem auch in Schleswig-Holstein für den ländlichen Raum von besonderer Bedeutung. 

Hinsichtlich des Transparenzgesetzes befürchten sowohl die Länder als auch die Krankenhäuser einen Bürokratieschub durch die Einführung von neuen Statistiken und neuen Meldewegen, was im Ergebnis niemanden helfen wird. 

Schleswig-Holstein hat in diesem Jahr den Vorsitz in der Gesundheitsministerkonferenz. Welche Erwartungen haben Sie an unsere Gesundheitsministerin in dieser Rolle?

Vorweg: Die Möglichkeiten der Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz sind beschränkt, insbesondere wenn man für viele Maßnahmen den aktuellen Bundesgesundheitsminister als Partner benötigt. Prof. Dr. Kerstin von der Decken muss sprichwörtlich den Finger in die Wunde legen und hat das gleich zu Beginn ihrer Amtszeit bei mehreren wichtigen Themen getan, von denen ich drei besonders hervorheben möchte: Die Arzneimittelversorgung, die Versorgung im ambulanten Bereich und die Krankenhausreform.

Ende letzten Jahres habe ich in einer Bordesholmer Apotheke einen Tag lang ein Praktikum gemacht. Ich habe aus erster Hand erfahren, wie es ist, wenn für Patienten ein für sie wichtiges Medikament nicht lieferbar ist. Trotz des Auseinanderklaffens von steigenden Versorgungsbedarfen und begrenzten Finanzmittel müssen wir wieder eine verlässliche Arzneimittelversorgung sicherstellen. Die Konzentration und die Abhängigkeit der Herstellung von wichtigen Grundstoffen und Arzneimitteln auf wenige Standorte müssen wir als unsere verwundbare Achillesferse erkennen und gegensteuern.

Im ambulanten Bereich läuft es ebenfalls nicht rund. Neben dem Fachkräftemangel stehen wir vor der Herausforderung, dass unsere Ärzteschaft im Schnitt immer älter wird. Das ist besonders bedenklich angesichts der steigenden Anzahl älterer Patienten, die eine zunehmende medizinische Betreuung benötigen. Praxisnachfolger werden immer schwerer zu finden sein. Auch muss das Arbeiten in den Fach- und Hausarztpraxen für Praxispersonal und medizinische Fachangestellte attraktiver gestaltet werden. Viele von ihnen wollen in Krankenhäusern oder in der Gesundheitsverwaltung arbeiten, da dort oftmals die Arbeitsbedingungen attraktiver sind. Die weitere Abwanderung des Personals in den stationären Bereich wollen wir verhindern. Eine gute und umfängliche Betreuung von Patientinnen und Patienten im ambulanten Bereich führt zudem zu einer Entlastung in Notaufnahmen und Kliniken.

Eine nachhaltige Krankenhausreform kann nur gelingen, wenn alle wesentlichen Akteure eingebunden werden. Die jüngst veröffentlichten Ansätze, dass die 50 Milliarden Euro für den Transformationsfonds offenbar von den gesetzlichen Krankenkassen und den Bundesländern alleine bezahlt werden sollen, lassen diese Einbindung nicht erkennen. Es besteht bei allen Themen dringender Handlungsbedarf. Diesen Umstand muss Frau Prof. Dr. von der Decken dem Bundesgesundheitsminister weiterhin greifbar machen und ihn so zu einem Umdenken bewegen.

Bereits vor Ihrer Zeit als Landtagsabgeordneter waren Sie als Aufsichtsratsvorsitzender der Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster GmbH gesundheitspolitisch aktiv. Das Friedrich-Ebert-Krankenhaus möchte aktuell den Akutbereich vom Klinikum Bad Bramstedt übernehmen und diesen so aus der Insolvenz führen. Welche Vorteile sehen Sie für die medizinische Versorgung der Patienten in der Region?

Die Übernahme des Akutbereichs KBB samt MVZ passt sehr gut in die Strategie des FEK: Hieraus ergeben sich vielfältige Vorteile für die Menschen aus der Region an beiden Standorten. 

Die Gesamtentwicklung im Krankenhausbereich lässt seit Jahren erwarten, dass Häuser ohne Verbundstruktur stärker unter Druck geraten und ohne wirtschaftliche Hilfe dauerhaft nicht überlebensfähig sein werden. Die bisherige Tiefe der Zusammenarbeit in unserem 6K-Verbund ist für die Hebung aller Potentiale nicht ausreichend. Bereits in den Jahren 2019 und 2020 haben wir eine engere Zusammenarbeit, bis hin zur Fusion, mit dem Städtischen Krankenhaus Kiel gutachterlich geprüft und aus verschiedenen Gründen damals davon abgesehen. Auch für das Klinikum Bad Bramstedt haben wir eine gutachterliche Prüfung vornehmen lassen, dieses Gutachten führte medizinisch wie wirtschaftlich zu positiven Ergebnissen.

Als Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster haben wir primär die gute und bedarfsgerechte Versorgung unserer städtischen Bevölkerung und der Umlandbevölkerung im Fokus. Gutes Nachwuchspersonal zu finden ist dabei ein Erfolgsfaktor und für beide Standorte bereits heute extrem wichtig. In Zukunft erwarte ich hier einen noch härteren Wettbewerb um die besten Köpfe. Beispiel junge Ärztinnen und Ärzte: Für diese ist ein Entscheidungskriterium bei der Arbeitgeberwahl, ob die Chance auf ein Fortkommen im Beruf besteht. Wer zum Beispiel Facharzt für Unfallchirurgie werden möchte, muss eine bestimmte Fallzahl in der Endoprothetik vorweisen. Aktuell ist das noch an über 20 Standorten im Land möglich, in einigen Jahren werden die Mindestmengenvorgaben die Standortanzahl auf deutlich unter zehn Standorte in Schleswig-Holstein reduziert haben. Das zukünftige FEK Bad Bramstedt wird dann weiterhin mit ausreichend Fällen dabei sein, das FEK Neumünster als Solostandort nach heutigem Stand nicht mehr. Hier wird also der Standort Bad Bramstedt dem Standort Neumünster helfen, weiterhin hochmotivierte Nachwuchskräfte für die Unfallchirurgie zu finden. In aktuell laufenden Einstellungsgesprächen sprechen Bewerber unterschiedlicher Fachrichtungen positiv an, dass sich das FEK weiterentwickelt. Für unsere Patienten ist das ein echter Gewinn.

Ein weiterer Punkt: Am Standort Bad Bramstedt ist unbestritten seit Jahrzehnten eine hohe fachliche Expertise im Bereich der Rheumatologie und der Orthopädie vorhanden, die in Verbindung mit dem Rehabilitationsstandort einen echten Mehrwert für unsere Patienten darstellt. Das einstimmige, positive Votum des Landeskrankenhausausschusses zur Übernahme der Planbetten des KBB durch das FEK Bad Bramstedt zeigt deutlich, dass dieses Versorgungsangebot für die Bevölkerung unseres Landes dringend benötigt wird. 

Nun mal zur Person Hauke Hansen. Sie sind seit dieser Wahlperiode Mitglied des Landtags Schleswig-Holstein und auf Anhieb gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion geworden. Wie hat diese Aufgabe Ihren Alltag verändert?

Mein Terminkalender ist deutlich voller geworden: Ich bin viel unterwegs, treffe Menschen aus verschiedenen Arbeitsbereichen, haupt- wie ehrenamtlich tätige Verbandsvertreter, Ärzte, Pflegepersonal und auch Patienten. Ich höre mir sehr viele Berichte und auch Standpunkte an. Diese Erfahrungen sind Gold wert und prägen mein Handeln. 

Bei Praktika und Firmenbesuchen erlebe ich hautnah, welche Auswirkungen Engpässe bei Material und Personal haben können und wie oftmals gut gemeinte regulatorische Vorgaben zu praktischen Problemen führen, über die man nur den Kopf schütteln kann. Wenn es kein Thema ist, was auf Landesebene zu lösen ist, stelle ich hier auch Kontakt zur Bundesebene oder der EU her. 

Bei Krankenhausbesuchen sehe ich Ärzte und Pflegekräfte, die trotz schwieriger Rahmenbedingungen mit teilweise sehr hohem Druck eine hervorragende Versorgung für ihre Patienten sicherstellen. Gerade in ländlichen Gebieten erkenne ich auch, dass zum Beispiel eine Apotheke und auch ein Sanitätshaus für die Menschen deutlich mehr ist als eine schlichte Ausgabestelle für Medikamente und Hilfsmittel.

Ich mache seit frühester Jugend Politik, weil ich konkret anpacken und greifbar Probleme meiner Mitmenschen lösen will. Mir ist sehr bewusst, dass mein Landtagsmandat zeitlich begrenzt ist. Es ist eine große Verantwortung, die mir viel bedeutet. Ich empfinde es als Ehre und Privileg. 

Ich bin froh und sehr dankbar, dass mir von meiner Parteiführung und meiner Fraktion die Chance gegeben wurde, mit dem Gesundheitsbereich einen so extrem wichtigen Bereich bearbeiten zu dürfen. Das spornt mich an, jeden Tag mein Bestes zu geben. Zur nächsten Landtagswahl möchte ich zurückblicken und sagen: ‚Saubere Arbeit gemacht.‘

Trotz des vollen Terminkalenders versuche ich zuhause für meine Frau und meine 13-jährige Tochter da zu sein. Der Spagat zwischen diesem Job und meiner Familie ist gar nicht so leicht. Wir ziehen aber an einem gemeinsamen Strang - sie sind mein Rückhalt. 

Am Ende des Tages möchte ich wissen, dass ich etwas Positives bewirkt habe — es macht mir ganz ehrlich unglaublich viel Freude.

Vielen Dank für das Gespräch!