Kiel, 30. Oktober 2025 – Chronische Nierenerkrankungen schleichen sich oft unbemerkt ein und betreffen immer mehr Menschen in Schleswig-Holstein. Eine aktuelle Analyse des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) zeigt: 2023 litten 3,1 Prozent der Bevölkerung in Schleswig-Holstein an dieser Krankheit, das sind etwa 92.500 Menschen. 2010 lag die Rate bei nur 1,4 Prozent. „Gesunde Nieren sind lebenswichtig, da sie das Blut reinigen. Das Problem: Eine chronische Nierenerkrankung bleibt oft lange unentdeckt, da Symptome wie Wasseransammlungen, Konzentrationsstörungen oder Abgeschlagenheit selten mit Nierenproblemen in Verbindung gebracht werden“, erklärt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Eine gezielte Vorsorgeuntersuchung fehle bisher. Gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren könnten beim Check-up 35 durch einen Urintest Hinweise auf eine mögliche Nierenerkrankung erhalten.
Risikofaktoren: Diabetes, Bluthochdruck und Schmerzmittel
Chronische Nierenerkrankungen entstehen, wenn die Nieren über mindestens drei Monate nicht mehr richtig arbeiten. Häufige Risikofaktoren sind Diabetes, Bluthochdruck und regelmäßiger Schmerzmittelkonsum. „Mit dem Alter nimmt die Nierenfunktion ab – das ist normal. Doch Diabetes oder Bluthochdruck schwächen sie oft früher“, sagt Hillebrandt. Besonders kritisch sei der Schmerzmitteleinsatz bei bestehender Niereninsuffizienz. Laut Barmer-Arzneimittelreport 2023 erhielten Patientinnen und Patienten oft nicht die passenden Schmerzmittel. Wirkstoffe wie Ibuprofen, Diclofenac oder Metamizol würden trotz Vorerkrankungen zu häufig verschrieben – teils entgegen medizinischen Leitlinien. Hinzu käme der unkontrollierte Konsum freiverkäuflicher Schmerzmittel aus der Apotheke.
Ältere sind besonders betroffen
Vor allem ältere Menschen leiden unter chronischen Nierenerkrankungen. 2023 erhielten in Schleswig-Holstein fast 60.000 Personen zwischen 70 und 89 Jahren die Diagnose Niereninsuffizienz. Hillebrandt warnt: „Unsere Gesellschaft altert, und die Zahl der chronisch Nierenkranken wird weiter steigen. Deshalb müssen wir die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken, um das Risiko nicht erblich bedingter Krankheiten zu senken.“
Dialyse, Transplantation und Todesfälle
Das Leben mit einer chronischen Nierenerkrankung ist belastend: Medikamente, angepasste Ernährung und Trinkmengen bestimmen den Alltag. Bei fortschreitendem Nierenversagen bleibt oft nur die Dialyse oder eine Organtransplantation. Laut Bundesministerium für Gesundheit sind bundesweit zurzeit rund 100.000 Menschen auf Dialyse angewiesen, über 2.000 Spendernieren werden transplantiert – und fast 27.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen einer chronischen Nierenerkrankung.
Datenbasis
Die Analyse beruht auf Barmer-Daten von 2010 bis 2023. Alle Angaben wurden standardisiert und hochgerechnet, basierend auf Angaben des Statistischen Bundesamtes zur Bevölkerung in Bundesländern nach Geschlecht und Altersgruppen. So erhalten die Daten eine über Kassendaten hinausgehende Repräsentativität.