Zwei Ärztinnen bei einer Operation.
Pressemitteilungen 2023

Menschen in Schleswig-Holstein zu oft in stationärer Behandlung

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Kiel, 25. Oktober 2023 – Der medizinische Fortschritt macht es möglich, dass immer mehr Eingriffe ambulant durchgeführt werden können. Dennoch stehen in Schleswig-Holstein noch zu viele Operationen und Behandlungen im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt. Das ist das zentrale Ergebnis einer Analyse im Versorgungskompass des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg). Demnach hätte knapp jede fünfte Krankenhausbehandlung (19,7 Prozent) im 4. Quartal 2022 in Schleswig-Holstein ambulant im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis erfolgen können. Bei Frauen im Alter von 40 bis 49 Jahren hätte sogar deutlich mehr als jede vierte stationäre Behandlung (29 Prozent) ambulant stattfinden können – Geburten nicht mitgerechnet. „Krankenhausaufenthalte sind für manche Patientinnen und Patienten mit großen Belastungen verbunden. Studien belegen außerdem, dass die Genesung im eigenen Zuhause oftmals schneller und komplikationsloser verläuft. Das sind gute Gründe dafür, mehr ambulant zu operieren“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein. Zudem bänden stationäre Aufenthalte viel Personal. „Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sollten die knappen Personalressourcen im Krankenhaus möglichst effektiv eingesetzt werden“, so Hillebrandt. Insgesamt käme es durch mehr ambulante Operationen zu einer Win-Win-Situation mit weniger Belastungen für Patienten, mehr Ressourcen für die Leistungserbringer und reduzierten Kosten in der GKV.

Knapp 100.000 Krankenhausbehandlungen auch ambulant möglich

Der sogenannte Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und Behandlungen (kurz AOP-Katalog) liste Behandlungen, die ambulant oder stationär durchführbar sind. Beispiele daraus seien Katarakt-Operationen, Gebärmutterausschabungen, Leistenbruch-OPs oder auch die Entfernung der Rachenmandeln (Polypen). Neben dem AOP-Katalog seien für die Analyse im Versorgungskompass auch weitere potenziell ambulantisierbare Operationen aus dem sogenannten IGES-Gutachten herangezogen worden. „Die Basis der Untersuchung im Versorgungskompass bilden alle somatischen Krankenhausfälle im Land mit Ausnahme von Geburten, da hier Wahlfreiheit herrscht“, erläutert Bernd Hillebrandt. Dementsprechend habe es in Schleswig-Holstein im Jahr 2022 rund 513.000 Krankenhausbehandlungen gegeben. Das Ambulantisierungspotenzial, also der Anteil der Fälle, die entweder im AOP-Katalog oder IGES-Gutachten zu finden sind und bei denen keine ersichtlichen Risikofaktoren (z. B. hohes Patientenalter oder eine Begleiterkrankung) einen stationären Aufenthalt erforderlich machten, habe im vergangenen Jahr relativ konstant zwischen 18,8 und 19,9 Prozent gelegen. Folglich hätten in Schleswig-Holstein mindestens 96.000 stationäre Behandlungen auch ambulant erfolgen können. „Wenn fast 100.000 Krankenhausbehandlungen umgeleitet werden können, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viel Personal dadurch für andere vollstationäre Behandlungen eingesetzt werden könnte“, so Hillebrandt.

Krankenhausreform als Chance für mehr ambulante Operationen 

Die Analyse im Versorgungskompass macht deutlich, dass es in Schleswig-Holstein regionale Unterschiede hinsichtlich des Ambulantisierungspotenzials gibt. Demzufolge fiel das Ambulantisierungspotenzial im 4. Quartal 2022 mit 16,8 Prozent im Kreis Steinburg am geringsten aus. Der höchste Wert wurde im selben Zeitraum im Landkreis Segeberg mit 23,2 Prozent identifiziert. Dies sei jedoch lediglich eine Momentaufnahme, so Hillebrandt, da die Reihenfolge im Zeitverlauf (von 2019 bis 2022) variiere. „Fakt bleibt, dass es in Schleswig-Holstein durchaus Möglichkeiten für mehr ambulante Behandlungen gibt“, sagt der Barmer-Landeschef. Für ihn biete in diesem Kontext vor allem die anstehende Krankenhausreform eine Chance. „Im Rahmen der Krankenhausneuausrichtung muss genau in den Blick genommen werden, welche Krankenhausstandorte unverzichtbar sind und welche wichtigen Funktionen regionale Versorgungszentren mit einem Schwerpunkt für ambulante Operationen übernehmen könnten.“

Die Analyse zum Ambulantisierungspotenzial im Versorgungskompass unter: www.bifg.de/versorgungskompass/ambulantisierungspotential

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