STANDORTinfo für Sachsen-Anhalt

Komplexe Fragestellungen mit sektorenübergreifender Versorgung angehen

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In Deutschland wird die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch verschiedene Sektoren sichergestellt. Dazu gehören die ambulante und die stationäre Versorgung. Innerhalb dieser Sektoren gibt es wiederum unterschiedliche Leistungsbereiche. Neben der ärztlichen Versorgung spielt auch die Pflege als eigenständiger Sektor in die übergreifende Versorgung hinein. Die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems hängt maßgeblich von einer besseren Zusammenarbeit der unterschiedlichen Sektoren ab. Ohne eine engere Verzahnung der ambulanten und stationären Versorgung lassen sich zukünftige Herausforderungen der Versorgungssicherheit nicht lösen. Im Folgenden werden deshalb einige Handlungsfelder skizziert, die konkrete Verbesserungen in der Versorgung für die Menschen in Sachsen-Anhalt aufzeigen.

Landesgremium für die sektorenübergreifende Planung

Bislang liegt die Versorgungsplanung in unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen. Während die stationäre Versorgung im Krankenhausplanungsausschuss unter Leitung des entsprechenden Landesministeriums liegt, werden die Arztsitze für den ambulanten Bereich gemäß der Bedarfsplanungsrichtlinie geplant. Aus unserer Sicht müssen die Voraussetzungen für ein gemeinsames Landesgremium geschaffen werden, um beide Sektoren zusammenzubringen. Das bisher bestehende Gremium nach §90a SGB V muss deutlich aufgewertet werden und mit planerischen Kompetenzen ausgestattet werden – ermöglicht beispielsweise durch einen neuen Paragrafen 90b im SGB V. Im Fokus einer neuen sektorenübergreifenden Versorgungsplanung stehen dabei fachärztliche Leistungen an der Schnittstelle zwischen allgemeiner fachärztlicher ambulanter Versorgung sowie der Grund- und Regelversorgung im Krankenhaus.

Schaubild Sektorenübergreifende Versorgung

Notfallversorgung

Für eine sektorenübergreifende Notfallversorgung ist die Zusammenarbeit von vertragsärztlichem Bereitschaftsdienst, Klinikambulanzen und Notaufnahmen in Krankenhäusern von großer Bedeutung. Deshalb begrüßen wir die Anstrengungen zur Reform der Notfallversorgung, die seitens des Bundesministeriums für Gesundheit angestoßen wurden. Wichtig ist eine einheitliche Ersteinschätzung in integrierten Leitstellen. Die vielen Leitstellen in Sachsen-Anhalt sind nicht nur teuer, sondern auch schwieriger zu koordinieren. Für einheitliche, hohe Qualitätsstandards, eine gute Personalausstattung und eine immer aktuelle, technische Ausstattung wäre die Reduzierung der Leitstellenanzahl im Land geboten. Nur so könnten weiterhin der Brand- und Katastrophenschutz und der Rettungsdienst aufgaben- und kostenteilig unter einem Dach agieren. Insgesamt müssen die Krankenhausplanung und die Planung des Rettungsdienstes verzahnt erfolgen.

Die aktuelle Version der Verordnung zur Einführung von IVENA muss auf ihre Wirkung hin evaluiert und gegebenenfalls nachgeschärft werden. In IVENA sollten nur Krankenhäuser gelistet sein, die auch die Qualitätsanforderungen für die Versorgung von Notfällen erfüllen bzw. ein Integriertes Notfallzentrum (INZ) haben. Die Ressourcen der Notfallversorgung müssen durch IVENA jederzeit transparent in Echtzeit abgebildet werden. Die Schnittstelle zwischen Rettungsdienst und Krankenhäusern ist bezogen auf die Informationsübermittlung und Versorgungskoordinierung zu definieren und zu schließen.

Eine flächendeckende Einführung von smartphonebasierten Ersthelfern unter Nutzung einheitlicher App-basierter Softwarelösungen als Unterstützungsglied in der Rettungskette ist für Sachsen-Anhalt eine gute Möglichkeit, die zeitlichen Lücken zwischen dem Absetzen des Notrufs und der professionellen Erstversorgung zu schließen.

Entlassmanagement

Ein reibungsloser Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung ist insbesondere aus medizinischen Perspektiven wichtig. Rehabilitation und Nachsorge für Menschen, die zum Beispiel nach einer schweren Operation wieder schnell gesund werden sollen, können nur gelingen, wenn Krankenhäuser gut mit dem außerklinischen Bereich vernetzt sind. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür ein, dass die Krankenhäuser ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen, ein vertraglich geregeltes Entlassmanagement nach §39 SGB V vorzuhalten. Eine Herausforderung stellen nach wie vor die häufig fehlenden Ressourcen im Bereich der Tagespflege dar. Krankenhäuser sollten deshalb konsequenter als bisher selbst ein Angebot zur Tagespflege aufbauen und vorhalten (siehe §72 SGB XI, §42 SGB XI und §39c SGB V).

Gesundheitsregionen

Die klassischen Planungsinstrumente geraten dann an Ihre Grenzen, wenn beispielsweise in Grenznähe zwischen einzelnen Landkreisen und Bundesländern Cluster entstehen, die wir als Versorgungsregion bezeichnen. Dazu gehört unter anderem der Raum um die Städte Leipzig-Halle oder auch der Raum um das Kreuz Königslutter (A2/A39). Hier ist für unterschiedliche Versorgungsbereiche ein Blick über den Tellerrand wichtig, wenn es um ein differenziertes Bild geht. Die Gestaltung der Notfallversorgung über Ländergrenzen hinweg ist dabei genauso wichtig wie die Planung von ambulanter und stationärer Versorgung. Die Nähe zu Krankenhäusern in Thüringen, Brandenburg und Sachsen muss für die Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft im südlichen Sachsen-Anhalt berücksichtigt werden. In unterschiedlichen Teilen des Landes finden bereits länderübergreifende Kooperationen statt. So wurden vom Altmarkklinikum und niedersächsischen Gesundheitsversorgern ein Antrag auf Strukturfondsmittel zur Errichtung einer Pflegeschule gestellt. Solche länderübergreifenden Ansätze sind durch die Landespolitik aktiv zu begleiten und mit der eigenen Strukturplanung zu verbinden.

Für länderübergreifende Einsätze des Rettungsdienstes muss es verlässliche Lösungen geben, die nicht an den Ländergrenzen Halt machen. Dazu gehören auch eine Prüfung bestehender Kooperationsvereinbarungen und Staatsverträge – und wenn notwendig deren entsprechende Überarbeitung.

Regionale Versorgungsverbünde zwischen Leistungserbringern ermöglichen eine verlässliche Versorgung der Bevölkerung – auch auf dem Land. Solche Versorgungsverbünde sollten auch von Landesseite unterstützt werden. Dabei müssen Aspekte einer grenzüberschreitenden Versorgungsregion mitgedacht werden. Die Erreichbarkeit von Gesundheitseinrichtungen ist eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren von Versorgungsverbünden und der Gesundheitsversorgung insgesamt. Aus diesem Grund muss sichergestellt sein, dass die Erreichbarkeit von Gesundheitsversorgern gewährleistet ist und weiter ausgebaut wird. Bei der Planung von ÖPNV und Straßenverbindungen sind diese Aspekte möglichst festzuschreiben.