Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen-Anhalt, lächelt in die Kamera.
STANDORTinfo für Sachsen-Anhalt

Wiedemann: "In Versorgungsregionen denken und planen"

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Monatelange Debatte um die Kinderklinik in Gardelegen, Rückzug des Klinikbetreibers in Havelberg: Die Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt ist in Bewegung. Dies kann man beklagen – oder aber als Chance sehen, zukünftig in Versorgungsregionen zu denken und zu agieren. Axel Wiedemann, der Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt, erklärt im Interview, warum Ländergrenzen dabei keine Rolle spielen dürfen.

Standortinfo: Erst stand mit der Insolvenz des Burgenlandklinikums im vergangenen Jahr der Süden im Mittelpunkt der Debatte um die Zukunftsperspektive von Sachsen-Anhalts Krankenhäusern, nun ist es mit Gardelegen und Havelberg der Landesnorden. Was läuft verkehrt in der Gesundheitsversorgung?

Axel Wiedemann: Ich glaube, dass es für die Probleme der Krankenhäuser verschiedene Gründe gibt und ich verstehe auch, dass sich die Menschen wünschen, dass das Krankenhaus, was schon immer da war, auch da bleibt. Als Krankenkasse sehen wir aber noch einen weiteren Aspekt: Es ist wichtig, dass jederzeit eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gewährleistet ist. Egal, wo eine Leistung erbracht wird – Patientinnen und Patienten sollen sich darauf verlassen können, dass Sie optimal versorgt werden. Deshalb müssen wir zukünftig in Versorgungsregionen denken und planen – auch und gerade über Ländergrenzen hinweg. Sachsen-Anhalt ist ein Binnenland, umgeben von anderen Bundesländern. Angesichts der finanziellen Not, des Investitionsstaus und der Probleme bei der Personalgewinnung vieler Krankenhäuser verbietet es sich, in der Gesundheitsversorgung an Ländergrenzen Halt zu machen. Wir können es uns nicht länger leisten, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht – wir müssen über den Tellerrand schauen! In Zeiten knapper Ressourcen ist dann geteiltes Leid vielleicht auch nur „halbes“ Leid.

Wie soll das konkret funktionieren?

Nehmen wir Havelberg als Beispiel: Ein Blick über die Landesgrenze zeigt, dass die Versorgung im Raum Havelberg durch das Krankenhaus in Kyritz weitgehend gesichert ist. Die Gesundheitsminister und Landräte beider Länder sollten sich darüber austauschen, wie die Gesundheitsversorgung in der gesamten Region gestärkt werden kann. Die Gestaltung der Notfallversorgung über Ländergrenzen hinweg ist dabei genauso wichtig wie die Planung von ambulanter und stationärer Versorgung.

Ein Modell also auch außerhalb der Altmark?

Natürlich! Die Nähe zu Krankenhäusern in Thüringen, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen muss für die Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt berücksichtigt werden. Dass das funktionieren kann, zeigen bereits erste Initiativen. Vom Altmarkklinikum und niedersächsischen Gesundheitsversorgern wurde ein Antrag auf Strukturfondsmittel zur Errichtung einer Pflegeschule gestellt. Solche länderübergreifenden Ansätze sollte die Landespolitik in Zukunft aktiv begleiten und mit der eigenen Strukturplanung verbinden.

Das klingt plausibel – doch was ist, wenn sich die Projektpartner unerwartet zurückziehen? Sachsen-Anhalt hat schließlich keinen Einfluss auf die Planungen in den Nachbarländern. Bei Problemen drohen den Regionen nahe der Landesgrenzen Unterversorgung.

Das sehe ich anders. Man kann Kooperationsvereinbarungen rechtsverbindlich regeln und Staatsverträge schließen. Die Landesregierung in Brandenburg spricht sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich für länderübergreifende Projekte aus – diese Chance sollte Sachsen-Anhalt ergreifen und das Thema Versorgungsregionen zu einem Schwerpunkt in der neuen Legislaturperiode machen. Als Barmer haben wir uns diesbezüglich in unserem Positionspapier zur Landtagswahl 2021 entsprechend geäußert.

Positionspapier der Barmer in Sachsen-Anhalt

Das Thema Versorgungsregionen ist ein Schwerpunkt im Positionspapier der Barmer zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt 2021. Auch weitere relevante Versorgungsthemen werden darin beleuchtet. Sie haben daran Interesse? Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie mehr dazu erfahren wollen. Wir treten dazu auch gerne mit Ihnen in den Austausch.

Kontakt:

Carlo Reifgerste, Referent für Gesundheitspolitik
Telefon: 0391 56938330
E-Mail: carlo.reifgerste@barmer.de