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Interview mit der neuen Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen-Anhalt Birgit Dziuk

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Birgit Dziuk ist seit dem ersten Oktober 2025 die neue Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen-Anhalt. Wir sprachen mit ihr über ihre Ziele, den anstehenden Landtagswahlkampf und den Reiz des Gesundheitssektors.

Herzlich Willkommen in Sachsen-Anhalt Frau Dziuk, Sie sind Expertin im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie waren schon bei einer AOK, bei BKKen und seit 2017 bei der Barmer im Ersatzkassenlager tätig. Was reizt Sie so am Gesundheitssektor? 

Vielen Dank, ich freue mich sehr, hier in Sachsen-Anhalt zu sein. Mich reizen und motivieren die Chancen für eine aktive Beteiligung an der Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung für unsere Versicherten. Die solidarisch finanzierten gesetzlichen Krankenkassen spielen eine zentrale Rolle für das Leben der Menschen. Gerade die BARMER versteht sich nicht nur als Kostenträgerin, die Anträge bearbeitet und Rechnungen bezahlt. Wir setzen uns aktiv auf allen Ebenen dafür ein, dass die Gesundheitsversorgung der Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter zeitgemäß weiterentwickelt wird und eine hohe Qualität behält.

Manch einer verteufelt aktuell das System der gesetzlichen Krankenversicherung. Es gibt Rufe nach einer Einheitsversicherung. Was sagen Sie dazu?

Die GKV ist ein gemeinschaftlicher Schutzschirm, der Sicherheit schafft und soziale Gerechtigkeit gewährleistet. Alle zahlen entsprechend ihrer Möglichkeiten ein und jeder erhält Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung. Gesetzliche Vorgaben schaffen dabei Verlässlichkeit, zum Beispiel für bundesweit vergleichbare Qualität, für die jetzt in der Krankenhausreform gerungen wird. Auch der Wettbewerb unter den Krankenkassen ist in diesem System sehr wichtig, wenn er Anreize schafft, um die Versorgungsqualität und den Service zu verbessern. Daran muss weitergearbeitet werden. Wettbewerb bedeutet Weiterentwicklung.

Sie kommen zu einer spannenden Zeit nach Sachsen-Anhalt. Es sind nunmehr elf Monate bis zur Landtagswahl. Auf welche Themen hoffen Sie im Wahlkampf?

Sachsen-Anhalt steht vor tiefgreifenden politischen, gesellschaftlichen und strukturellen Herausforderungen. Das Thema Gesundheit wird mitentscheidend sein, denn es betrifft ausnahmslos Jede und Jeden. Wir benötigen gezielte Veränderungen im Gesundheitswesen. Dafür reichen keine kosmetischen Maßnahmen. Dafür müssen Strukturen zeitgemäß und medizinisch sinnvoll geändert werden. Die Chancen sollten wir herausarbeiten und mit den Menschen sprechen.
 

Birgit Dziuk

Birgit Dziuk

Woran genau denken Sie dabei?

Da fällt mir ganz viel ein. Insbesondere in den Bereichen Krankenhaus, Gesundheitsförderung, Rettungsdienst und Pflegeplanung hat das Land Sachsen-Anhalt Gestaltungsmöglichkeiten, die genutzt werden müssen. Ich wünsche mir, dass die Parteien hierzulande innovative und gleichzeitig realistische Lösungen anbieten. Dass sie sich beispielsweise trauen, die Versorgungs- und Krankenhauslandschaft hierzulande neu zu denken, ernsthaft Effizienzreserven heben möchten und die Bevölkerung bei den Themen mitnehmen. Ich sehe uns hier gemeinsam mit den Ärzten, den Krankenhäusern, der Pflege und der Gesundheitswirtschaft in der Pflicht, das Land und die Politik zu unterstützen.

Welcher der von Ihnen angesprochenen Bereiche ist denn am wichtigsten?

Für mich schwebt über allem im Grunde erst einmal die Gesundheitsförderung mit den Fragestellungen: Wie bleiben wir gesund? Wie können wir mit Krankheiten gut umgehen? Gesundheitsförderung, die Krankheit und Pflegebedürftigkeit möglichst vermeidet, ist mir persönlich wichtig. Zudem sollten wir Versorgung nicht länger in Sektoren denken. Ich glaube, für die patienten- und qualitätsorientierte Versorgung ist vielmehr eine gemeinsame Analyse, Bewertung und Planung des ambulanten und des stationären Bereichs notwendig. Das gilt im Übrigen sowohl für die medizinische Versorgung als auch für die Pflege, mit einem realistischen, aber konsequenten Blick auf die Chancen der Digitalisierung. Dabei sollten wir Schritt für Schritt und konsensorientiert vorangehen.

Sie waren zuletzt Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Wo sehen Sie Parallelen in der Gesundheitsversorgung zum Nachbarbundesland und wo Unterschiede?

In Gesundheitsauswertungen stechen beide Länder oft mit einer tendenziell von Krankheit belasteten Bevölkerung hervor. Das resultiert auch aus dem hohen Durchschnittsalter. Zudem weisen beide Bundesländer ländliche Gebiete auf, die durch eine vergleichsweise geringe Ärztedichte geprägt sind. Politisch und historisch ist Thüringen anders geprägt als Sachsen-Anhalt. Aber auch dieses Bundesland hat gerade eine Landtagswahl hinter sich. Ich nehme dort aktuell viel Bewegung für reale Veränderungen wahr, mit guter Kommunikation auch in Sachen Gesundheitspolitik. Was Best Practices angeht, schaue ich aber im Übrigen nicht nur nach Thüringen. Als bundesweit tätige Krankenkasse geht mein Blick da weiter.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die nächsten Monate?

In erster Linie möchte ich Gespräche führen. Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Landes, aus Politik, von Verbänden, der Ärzteschaft, der Zahnärzteschaft, anderen Krankenkassen. Es ist mir wichtig, die Bedarfe, Probleme und Chancen in Sachsen-Anhalt noch besser einordnen zu können. Außerdem steht eine verlässliche Zusammenarbeit und Vertrauen für mich an erster Stelle. Mir geht es darum, die Strukturen in Sachsen-Anhalt gemeinsam und konsensorientiert wetterfest zu machen und zu einer guten Versorgung der Versicherten beizutragen.

Frau Dziuk, lassen Sie uns etwas persönlicher werden. Sie sind Landeschefin einer Krankenkasse. Sie sind aber auch selbst gesetzlich Versicherte bei der Barmer. Gibt es eine Entscheidung aus dem Gesundheitsbereich, die Sie als Versicherte besonders geprägt hat?

Das ist eine interessante Frage. Persönlich geprägt hat mich die freie Krankenkassenwahl nach Gesichtspunkten wie Leistungen, Qualität, Service und persönlichem Profil. Das gibt einem die Möglichkeit, Krankenversicherung aktiv zu gestalten, auch gemeinsam mit Akteuren vor Ort. Ich unternehme als mündige Versicherte im Übrigen natürlich auch etwas für meine Gesundheit. Ich bin sehr bewegungsorientiert und laufe sehr gerne, wenn es geht, auch mit Begleitung des Familienhundes.

Zur Person

Birgit Dziuk hat ihre berufliche Laufbahn im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung absolviert. Nach der Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten schloss sie sowohl das Studium zur Krankenkassenbetriebswirtin als auch das Studium Angewandte Gesundheitswissenschaften ab. Anschließend war sie in verschiedenen Positionen bei gesetzlichen Krankenkassen wie der AOK in Niedersachsen und der damaligen Volkswagen BKK tätig. Zur Barmer kam Dziuk im Jahr 2017 über die Fusion mit der Deutschen BKK. Seitdem war sie Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Nun wechselt sie ins Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt, wo die Barmer die Interessen ihrer rund 240.000 Versicherten vertritt.