STANDORTinfo für Rheinland-Pfalz und das Saarland

„Gute Pflege darf keine Frage des Geldbeutels sein“

Lesedauer unter 4 Minuten

Michael Wäschenbach ist pflegepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag. Die Redaktion der STANDORTinfo hat ihn zu aktuellen Themen der Pflegepolitik befragt.

Michael Wäschenbach vor einer grauen Wand.

Michael Wäschenbach. Foto: privat.

In vielen Pflegeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz herrscht ein Mangel an Pflegekräften. Worauf kommt es aus Ihrer Sicht bei der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland an?

Nicht nur in den Pflegeeinrichtungen herrscht Mangel, auch im ambulanten und häuslichen Bereich. Die 24-Stunden-Pflege zuhause, mithilfe meist osteuropäischer Betreuung, entlastet die professionelle stationäre Pflege. Hier muss angesetzt werden und das deutsche Arbeitsrecht muss für ausländische Beschäftigte angepasst und die legale Beschäftigung im Sinne der versorgungsbedürftigen Menschen vereinfacht werden. Im Pflegebereich ist der Fachkräftemangel besonders gravierend. Um den Mangel an professionellen Pflegekräften zu beheben, müssen sich die Maßnahmen zuallererst intensiv darauf konzentrieren, Personal zu halten und neu zu gewinnen. Ohne die gezielte Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland wird es nicht möglich sein, den Personalbedarf in Deutschland kurz- und mittelfristig zu decken. Einstellungsprozesse dieser Menschen sind mit behördlichen Hürden verbunden. Qualifikationsanerkennung und Arbeitserlaubnis sind nur zwei wichtige Punkte, die erfüllt werden müssen und viel Zeit beanspruchen. Im Bereich der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen müssen endlich Standards vereinfacht und Bürokratie abgebaut werden. Das Verkürzen von Visaverfahren, der Aufbau von Kapazitäten in den Konsulaten und Botschaften, innerhalb eines vertretbaren Zeitraums muss es möglich sein, ein Visum auszustellen, sowie die Vereinheitlichung der Anerkennungsprozesse von Berufsabschlüssen sind unabdingbar für eine erfolgreiche Auslandsanwerbung.

Als nur eines von drei Bundesländern unterstützt Rheinland-Pfalz die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen nicht finanziell bei der Begleichung von Pflegeheiminvestitionskosten. Wie schätzen Sie das ein?

Gute Pflege darf keine Frage des Geldbeutels oder des Bundeslands sein. Wer in Rheinland-Pfalz pflegebedürftig ist, zahlt extrem hohe Pflegekosten. Bereits jetzt wissen viele Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, nicht, wie sie die Kosten stemmen sollen. Die Rente allein reicht bei vielen nicht aus. Viele sprechen von einer Armutsfalle. In der Vergangenheit gab es bereits eine Förderung durch das Land zu den Investitionskosten in der Pflege. Die Förderung wurde aufgrund eines Gesetzentwurfes von SPD und FDP eingestellt. Wenn sich das Land wieder finanziell beteiligen würde, wäre eine beträchtliche Reduzierung der Eigenanteile für die Investitionskosten von Pflegebedürftigen und Angehörigen möglich. Sie würden dadurch auch in Rheinland-Pfalz bei den zu erbringenden Pflegekosten entlastet. Es reicht nicht, wenn der zuständige Minister Schweitzer auf den Bund und die Reform der Pflegeversicherung verweist, hier kommt das Land seinen eigenen Sozialstaatsansprüchen in keiner Weise nach. Dem Staat ist nicht geholfen, wenn die pflegebedürftigen Menschen in die Sozialhilfe abrutschen.

Die Barmer fordert, die Digitalisierung in der Pflege auszubauen. In wie fern hat die Pflege in Rheinland-Pfalz in diesem Bereich Nachholbedarf?

Die Barmer fordert hier genau das Richtige. Um die 50 Prozent der pflegerischen Arbeitszeit gehen für Bürokratie und Dokumentation verloren. Die Digitalisierung kann deshalb in der Pflege in Rheinland-Pfalz ein enormes Unterstützungspotenzial entfalten, wir haben Hochschulen im Land, die sich exzellent mit diesem Thema befassen. Diese Chance muss die Landesregierung im Sinne der Versorgungsqualität, aber auch zur Entlastung der Pflegekräfte endlich ergreifen. Digitale Hilfsmittel und eine Vielzahl an digitalen Anwendungen wie etwa Spracherkennungsprogramme für die Dokumentation oder KI-gesteuerte Systeme können Pflegebedürftige, Angehörige und Fachkräfte unterstützen und die Pflegesituation erleichtern. Gerade in den Pflegeeinrichtungen bietet die Digitalisierung die Möglichkeit, Strukturen und Routineprozesse wie die Erfassung von Vitalparametern zu vereinfachen und damit das Personal zu entlasten. Aber auch den Pflegebedürftigen ist besser geholfen, zum Beispiel durch schnelleres Eingreifen bei Stürzen. Auch in der Robotik gibt es enorme Chancen wie zum Beispiel bei der Mobilisierung oder bei Hebehilfen. Dazu müssen in Aus-, Fort-, und Weiterbildung verstärkt auch digitale Kompetenzen vermittelt und der Datenschutz durch Einwilligungserklärungen im Sinne der Versorgung angepasst werden.

Laut Arbeitgeberverband Pflege mussten im Jahr 2023 zwei Pflegeeinrichtungen pro Tag Insolvenz anmelden oder schließen. Was muss getan werden, um diesen Trend zu stoppen?

Auch bei uns melden sich Betreiber von Pflegeeinrichtungen, die beklagen, dass ihre Häuser nicht mehr zu halten sind, obwohl landauf und landab Pflegeplätze mehr als dringend benötigt werden. Unser Anliegen ist daher, Pflege endlich zukunftsfest zu machen. Die wirtschaftliche Lage ist für viele Pflegeeinrichtungen erdrückend. Die Überarbeitung der Auslastungsquote, eine adäquate Finanzierung der Leistungen im ambulanten Bereich, die finanzielle Unterstützung bei Digitalisierung und einer modernen Telematik-Infrastruktur sowie eine Entschlackung des Ordnungsrechts, um nur einige Beispiele zu nennen, sind dringend erforderlich. Ein Bürokratieabbau in der Pflege ist notwendig, damit den Pflegekräften wieder mehr Zeit für die Versorgung der Pflegebedürftigen zur Verfügung steht. Ziel muss sein, die Ergebnisqualität in der Pflege in den Mittelpunkt zu rücken, Mehrfachprüfungen zu verhindern und damit Kosten zu sparen, die den Menschen durch bessere Pflege zugutekommt.