Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland, spricht sich für eine Reform der Notfallversorgung in Rheinland-Pfalz aus.
Die Reform der Notfallversorgung in Rheinland-Pfalz ist überfällig. Bereits in der letzten Legislaturperiode der Bundesregierung, gab es Anläufe zu einer Neustrukturierung, die allerdings gescheitert sind. Wir dürfen diesen wichtigen Versorgungsbereich jedoch nicht aus den Augen verlieren. Tagtäglich gibt es eine Vielzahl an Patientinnen und Patienten, die von sich aus die Notaufnahme aufsuchen oder die Notrufnummer wählen, obwohl kein „echter“ Notfall vorliegt. Doch wer ambulant behandelt werden kann, gehört weder in die Notaufnahme noch in ein Krankenhausbett.
Zentrale Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten schaffen
Ein Grund für die fehlgeleiteten Patientenströme ist die unklare Aufgabenteilung von ambulanter Notfallversorgung, Rettungsdienst und Notaufnahme im Krankenhaus. Für die Patientinnen und Patienten sollten einheitliche und zentrale Anlaufstellen geschaffen werden, sowohl telefonisch als auch am Krankenhaus. Hierfür sollten der Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung und der Rettungsdienst gemeinsam über eine Integrierte Leitstelle koordiniert werden. An den Krankenhäusern sollten Integrierte Notfallzentren eingerichtet werden, die Notdienstpraxis und Zentrale Notaufnahme an einem gemeinsamen Tresen vereinen, der rund um die Uhr Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten ist.
Triage nötig
In den Integrierten Leitstellen und Notfallzentren würden die Patientinnen und Patienten eine professionelle, digital gestützte Ersteinschätzung, auch Triage genannt, erhalten. Danach könnten sie in die geeignete Versorgungsstruktur weitergeleitet werden. Patientinnen und Patienten sollen je nach Bedarf angemessen behandelt werden, bei niedergelassenen Ärzten, in der Notdienstpraxis oder in der Notaufnahme des Krankenhauses. Diese nach klaren Regeln organisierte Kooperation sorgt für klare Verhältnisse bei den Patientinnen und Patienten.
Reform der Notfallversorgung aus einem Guss
Wichtig ist, dass bei der Reform der ambulanten Notfallversorgung eine Verknüpfung mit dem Notfallstufenkonzept für Krankenhäuser erfolgt. Dieses unterteilt Kliniken in drei Notfallstufen. Integrierte Notfallzentren sollten nur an Klinken angesiedelt werden, die mindestens Notfallstufe 1 vorhalten, also so genannte Basisversorger sind. Nur so ist gewährleistet, dass das notwendige, umfassende Leistungsspektrum zur Behandlung von Notfallpatientinnen und -patienten von einer Klinik angeboten werden kann. Insgesamt muss es Ziel sein, alle drei Bereiche der Notfallversorgung –ambulant, stationär wie auch den Rettungsdienst – sektorenübergreifend miteinander zu verzahnen.
Zuweisungskonzepte für den Rettungsdienst formulieren
Künftig muss gewährleistet werden, dass Patientinnen und Patienten genau in die Klinik transportiert werden, in die ihr Fall am besten behandelt werden kann. Für wichtige medizinische Diagnosen müssen Zuweisungskonzepte formuliert und verbindlich umgesetzt werden. Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall müssen ausnahmslos in eine Stroke Unit, also eine Schlaganfallstation, eingewiesen werden und die Behandlung von Herzinfarkten soll nur in Häusern mit Linksherzkathethermessplatz erfolgen. Hier gibt es Verbesserungspotenzial, da zu viele Patientinnen und Patienten in nicht adäquat ausgestatteten Kliniken versorgt werden. So werden sie nicht bestmöglich behandelt oder müssen weiterverlegt werden, wodurch wertvolle Zeit verloren geht. Trotz weiterer Anfahrtswege steigt bei einer Behandlung in einer spezialisierten Einheit signifikant die Überlebenswahrscheinlichkeit sowie die Chance auf eine gute Rehabilitation, um wieder in die eigene Häuslichkeit zurückzukehren.
Digitale Systeme optimieren die Abläufe
Verfügbare Behandlungsmöglichkeiten in den Kliniken werden dem Rettungsdienst mittels digitaler Systeme bereits transparent gemacht. Auf diese Weise gewinnen die Akteure in Echtzeit Einblick in die Auslastung der umliegenden Krankenhäuser und die verfügbaren Rettungsmittel. Zusätzlich sollten wichtige Falldaten bereits vorab von den Notärztinnen und Notärzten an das aufnehmende Krankenhaus gesendet werden, um dort alles für das Eintreffen der Patientinnen und Patienten vorzubereiten.