In keinem anderen Sektor des Gesundheitswesens sind die Kosten zuletzt so spürbar gestiegen wie bei der Arzneimittelversorgung: 2014 lagen die Ausgaben in der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung bei 33,34 Milliarden Euro. Dies geht aus dem aktuellen Barmer GEK Arzneimittelreport hervor. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von neun Prozent. Bei den Kosten schlugen „Me-too“-Präparate mit 441 Millionen Euro zu Buche. Hierbei handelt es sich um Arzneimittel, bei denen nicht unbedingt ein Zusatznutzen gegenüber bewährten Generika nachgewiesen ist. "Kämen verstärkt generische Alternativen zum Einsatz, wären im Arzneimittelbereich Einsparungen von mindestens 200 bis 250 Millionen Euro erreichbar", sagt Heiner Beckmann, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in NRW.
Für die Nachahmerprodukte fallen, im Vergleich zu den Originalpräparaten, geringere Forschungs- und Entwicklungskosten an. Im Gegensatz zu patentgeschützten Medikamenten sind Generika dadurch in der Regel deutlich preiswerter. Apotheker sind verpflichtet, stets ein vergleichbares, jedoch preisgünstigeres Arzneimittel als das verordnete abzugeben. Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern finden hier Berücksichtigung. Die Regelung zum Austausch in der Apotheke wurde 2002 mit dem "Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben" eingeführt.
Unsachgemäßer "aut-idem"-Gebrauch belastet das System
Ärzte können den Austausch ausschließen, indem sie auf dem Rezept das Feld "aut idem" (lat.: "oder das Gleiche") durchkreuzen. "Bei medizinisch-therapeutischen Gründen, etwa Allergien gegen bestimmte Hilfs- oder Zusatzstoffe, bedeutet dies für den Patienten Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie", erläutert Beckmann. Diese habe immer höchste Priorität.
Ein unsachgemäßer Gebrauch des "aut-idem"-Kreuzes hingegen belastet das Gesundheitssystem unnötig. Dabei sind mehr als 85 von hundert verordneten Medikamente austauschfähig. In den Bundesländern fallen die "aut-idem"-Quoten laut einer Untersuchung der Barmer GEK unterschiedlich stark aus. In den ersten drei Quartalen 2014 lagen sie bei Verordnungen im austauschfähigen Markt für Versicherte der Barmer GEK zwischen knapp sieben und rund 20 Prozent. Mit einer Quote von ca. 13,1 Prozent lag NRW im Mittelfeld (Bundesschnitt: 13,5 Prozent): Bei fast jedem achten Arzneimittel haben Mediziner in NRW den Austausch mit einem günstigeren, rabattierten Medikament unterbunden. In Westfalen-Lippe fiel die Quote mit 12,55 Prozent fast einen Prozentpunkt niedriger aus als in Nordrhein.
"Die bundesweit sehr unterschiedliche "aut-idem"-Handhabung lässt den Schluss zu, dass nicht immer medizinische Gründe Ärzte dazu bewegen, den Austausch eines Originalarzneimittels zu verhindern", betont Beckmann. Gemeinsam mit den Krankenkassen sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) für eine sichere und wirtschaftliche Arzneimittelversorgung verantwortlich. In NRW informieren diese ihre Mitglieder seit Jahren intensiv zum Thema.
Wichtig für alle Beteiligten
Von einer wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung profitieren alle Beteiligten: Patienten kommt sie zugute, weil ihrer Kasse mehr Geld für die medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Vertragsärzte haben ein Interesse daran, die von der KV gemachten wirtschaftlichen Vorgaben für die medikamentöse Versorgung (Richtgrößenvolumen) einzuhalten. Noch weniger als in NRW wurde der Austausch von Medikamenten im Saarland ("aut-idem"-Quote von knapp 6,8 Prozent), in Hessen (ca. 8,9) und Mecklenburg-Vorpommern (10,8) unterbunden.