So sehe ich das
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Neue Regierung muss den Gesundheitssektor auf Vordermann bringen

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Liebe Leserinnen und Leser,

die Bildung einer neuen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD bahnt sich an. In diesen Tagen intensivieren die potenziellen Koalitionäre ihre Verhandlungen. Mit Blick auf das deutsche Gesundheitssystem steht die neue Regierung vor großen Herausforderungen. Seit Jahren werden umfangreiche Reformen in den Bereichen Gesundheit und Pflege auf die lange Bank geschoben. Damit muss Schluss sein. Die nun verabschiedeten milliardenschweren Schuldenpakete müssen auch dazu dienen, den Gesundheitssektor auf Vordermann zu bringen.

Wenn wir zum Beispiel an die Pflege denken, drängt die Zeit – und das schon seit Jahren. Zu Beginn des Jahres wurden die Bürgerinnen und Bürger in der Pflegeversicherung mit einer Beitragserhöhung um 0,2 Prozentpunkte belastet. Unter anderem aufgrund der Tatsache, dass die erste Pflegekasse trotz dieser Erhöhung jüngst Finanzhilfe beantragt hat, um eine Pleite abzuwenden, sind die Prognosen düster. Das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) rechnet damit, weitere Kassen unterstützen zu müssen. Um die Beitragszahlerinnen und -zahler nicht noch höher zu belasten, muss der Staat eingreifen und mehr Steuermittel zur Neustrukturierung des Systems zur Verfügung stellen.

Dass die Pflegeversicherung im Jahr ihres 30. Geburtstags dringend reformiert werden muss, unterstreichen auch die Ergebnisse des aktuellen Barmer-Pflegereports. So stieg beispielsweise die Zahl der Pflegebedürftigen in NRW im Zeitraum von 2017 bis 2023 um mehr als 75 Prozent von rund 730.000 auf etwa 1,3 Millionen. Immer mehr Menschen brauchen zunehmend länger Pflege. Einen Bericht zum Pflegereport gibt es in dieser Ausgabe unseres Newsletters.

Ein weiterer Sektor, in dem es großen Reformbedarf gibt, ist der Rettungsdienst. Hier haben wir als Barmer eine umfangreiche Analyse vorgelegt, die das Ausmaß und die Folgen der Heterogenität im Rettungsdienst verdeutlicht. Allein in Nordrhein-Westfalen haben wir 52 Leitstellen, die von rund 100 Trägern betrieben werden. Diese verhandeln alle einzeln mit den Kostenträgern über die Gebühren. In diesen Gebühren, die von den Krankenkassen finanziert werden, stecken auch die Kosten für Investitionen und Daseinsvorsorge. Mit dem Ergebnis, dass es allein zwischen einzelnen Großstädten in NRW massive Unterschiede bei den Einsatzkosten gibt. Das darf so nicht weitergehen – im Rahmen der anstehenden Novellierung des Rettungsdienstgesetzes in NRW brauchen wir umfangreiche Systemveränderungen. Dazu und zur Barmer-Analyse ebenfalls mehr in dieser Newsletter-Ausgabe.

Liebe Leserinnen und Leser, allein die Bereiche Pflege und Rettungsdienst machen deutlich, wie groß der Reformstau im Gesundheitssektor ist. Neben der Politik sind alle Beteiligten des Systems dazu aufgerufen, Veränderungen anzugehen und sich den Reformen nicht zu verschließen. Wir müssen handeln – tun wir es endlich! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine angenehme und informative Lektüre unseres Newsletters.

João Rodrigues, Landesgeschäftsführer der BARMER in Nordrhein-Westfalen