STANDORTinfo für Niedersachsen und Bremen - Ausgabe November 2023

Wie ich es sehe: Landesgeschäftsführerin Heike Sander zur Situation in der Pflege

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Redaktion

  • Heike Sander (Landesgeschäftsführerin Niedersachsen/Bremen)

Quo vadis, Pflege? 

Heike Sander, Landesgeschäftsführerin

Heike Sander, Landesgeschäftsführerin

Niedersachsen und Bremen verfügen über eine gute, flächendeckende und wohnortnahe Versorgung. Die wohl größte Herausforderung der Zukunft ist jedoch die Demografie. Die geburtenstarken Jahrgänge scheiden aus dem Berufsleben aus, gleichzeitig werden viele Menschen immer älter und sind auf pflegerische Hilfe angewiesen. Der Trend ist eindeutig: In den kommenden Jahren wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bundesweit um weitere Millionen ansteigen. Um diese Herausforderung zu meistern, sind nicht nur weitere Entlastungs-Maßnahmen für pflegende Angehörige zentral, sondern auch der Gewinn von mehr Personal in der Pflege.
Die Sicherung der pflegerischen Versorgung der Zukunft kann nur gesamtgesellschaftlich gelingen. Nur wenn Bund, Länder und die Träger der Sozialversicherung ihre Aufgaben konsequent erfüllen, ist in der Zukunft eine qualitativ hochwertige und menschenwürdige Pflege möglich.

Aus meiner Sicht sind zur Erfüllung dieses Ziels folgende Punkte zentral:

1. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entlasten – Kurzzeitpflegeplätze fördern

Rund die Hälfte der niedersächsischen Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen gepflegt und auch in Bremen übernehmen enorm viele Angehörige einen großen Teil der Pflege Zuhause. Diese selbstorganisierte Pflege verdient nicht nur unseren Respekt, sondern auch mehr Entlastung. Eine wichtige Form der Entlastung kann die Tages- und Kurzzeitpflege bieten. Die Länder sollten deshalb systematisch den Ausbau von Tages- und Kurzeitpflegeplätzen durch finanzielle Anreize fördern.

2. Stärkung der Pflegeberufe

Qualifiziertes und motiviertes Pflegepersonal zu gewinnen und zu halten, gehört zu den drängendsten Herausforderungen des deutschen Gesundheitswesens. Bundes- und Landesregierung haben einiges in den vergangenen Jahren unternommen, jedoch reichen die Maßnahmen noch nicht aus. Das Pflegepersonal fordert zu Recht mehr Wertschätzung für ihre anspruchsvolle Tätigkeit und eine Aufwertung des Berufsbildes. Der Gesetzgeber sollte dringend eine zeitgemäße Arbeitsteilung zwischen ärztlichen und pflegerischen Berufen in einem allgemeinen Heilberufegesetz regeln. Mehr Eigenständigkeit bei der pflegerischen und medizinischen Arbeit macht das Berufsbild der qualifizierten Fachkraft auch für neue Zielgruppen attraktiv.

3. Digitalisierung in der Pflege ausbauen

Digitale Technologien können Kommunikation und Dokumentation in der Pflege erleichtern. Die Digitalisierung ist jedoch kein Selbstzweck und sollte auch tatsächlich den Alltag des Pflegepersonals entlasten. Hier sind kluge Lösungen gefragt, die Erleichterung bringen, Bürokratie abbauen und eine gut abgestimmte Behandlung ermöglichen. Voraussetzung für vielfältige digitale Angebote ist eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. Noch immer gibt es vor allem im Flächenland Niedersachsen Orte, die nicht über eine entsprechende Infrastruktur verfügen. Damit wird der digitale Wandel gehemmt und der mögliche Fortschritt in der Pflege ausgebremst.

4. Sektorenübergreifend handeln

Egal, ob im Krankenhaus, in der Reha-Klinik, in einer Pflegeeinrichtung oder Zuhause – pflegebedürftige Menschen brauchen kontinuierliche und abgestimmte Unterstützung. Versorgungsbrüche müssen dringend vermieden werden. An dieser Stelle sehen wir noch Nachbesserungsbedarf: der Übergang von der stationären Krankenhausbehandlung in eine Anschlussversorgung braucht bessere Strukturen und ein optimiertes Entlassmanagement.

5. Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung dauerhaft sicherstellen

Die soziale Pflegeversicherung befindet sich in einer schwierigen Finanzsituation, denn die Kosten für die pflegerische Versorgung wachsen kontinuierlich. Dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen: Die steigende Lebenserwartung der Menschen, umfassende Leistungsausweitungen, der Anstieg der Löhne und nicht zuletzt die hohen gesamtgesellschaftlichen Kosten während der Corona-Pandemie. Notwendig ist nicht nur eine Finanzierungsreform für die Pflegeversicherung, sondern auch eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten für die Finanzierung zwischen Bund, Ländern und der Pflegeversicherung.

Kontakt für die Presse:

Michael Erdmann
Pressesprecher Barmer Niedersachsen, Bremen
Telefon: 0800 33 30 04 65 4432
E-Mail: michael.erdmann@barmer.de
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Julia Franz
Pressesprecherin Barmer Niedersachsen, Bremen
Telefon: 0800 33 30 04 65 4431
E-Mail: julia.franz@barmer.de