Immer mehr junge Menschen erhalten die Diagnose Depression. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des BARMER-Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg). In Niedersachsen erhielten im Jahr 2018 rund 36.000 junge Menschen zwischen fünf und 24 Jahren die Diagnose einer depressiven Episode. Im vergangenen Jahr waren es etwa 46.000 Betroffene. Das entspricht einem Zuwachs von rund 28 Prozent innerhalb von sechs Jahren.
„Jugend und junges Erwachsenenalter sind eine Zeit voller Veränderungen und Herausforderungen. Der Körper entwickelt sich weiter, der Hormonhaushalt stellt sich um und das Gehirn strukturiert sich neu. Gleichzeitig verändern sich soziale Beziehung schneller und intensiver als in jeder anderen Lebensphase. Das kann zu Zweifeln, Ängsten und Enttäuschungen führen – und das ist völlig normal. Aber wir wissen auch: Mehr als die Hälfte aller psychischen Erkrankungen treten erstmals vor dem 19. Lebensjahr auf“, erklärt Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der BARMER Niedersachsen/Bremen.
Hinschauen und helfen: Belastungen frühzeitig erkennen
Jugendliche und junge Erwachsene befinden sich in einer besonders sensiblen Lebensphase. Umso wichtiger sei es, sie in belastenden und überfordernden Situationen zu unterstützen: „Es ist entscheidend, genau hinzuschauen und zu reagieren. Wichtig ist, die erlebte Belastung anzuerkennen, sie nicht kleinzureden, und das Gespräch zu suchen – sei es in der Familie, im Freundeskreis oder mit einer Vertrauensperson“, sagt Sander.
Gerade junge Menschen seien oft unsicher, welche Anzeichen auf psychische Erkrankungen hinweisen und wie sie mit Angehörigen oder Freunden umgehen sollen, bei denen sie solche Anzeichen wahrnehmen.
Mentale Erste Hilfe schafft Sicherheit im Umgang mit Betroffenen
Vor diesem Hintergrund biete die BARMER in Kooperation mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention ab sofort kostenlose digitale „Mentale Erste Hilfe“-Seminare für Jugendliche und junge Erwachsene an. Dabei gehe es darum, erste Anzeichen psychischer Belastungen bei sich selbst und anderen Menschen zu erkennen. Die Teilnehmenden lernten zum Beispiel, wie sie Belastungen von Erkrankungen unterscheiden, wann, wo und wie professionelle Hilfe hinzuziehen ist und wie sie ihre psychische Gesundheit stärken können. Weitere Informationen zu diesem Angebot unter: www.barmer.de/mentaleerstehilfe
Anstieg vor allem bei Mädchen und jungen Frauen
Die BARMER-Analyse zeigt, dass vor allem Mädchen und junge Frauen an Depressionen erkranken. Zwischen 2018 und 2023 stieg die Zahl der ärztlich dokumentierten Depressionen bei weiblichen Betroffen in Niedersachsen von etwa 24000 auf rund 32000. Bei Jungen und jungen Männern ist die Fallzahl von rund 12600 auf 14800 gestiegen. „Wir wissen schon lange, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bei Depressionen gibt. Die genauen Zusammenhänge sind komplex und erfordern weitere Forschung“, sagt Landeschefin Sander.
Mehr Depressions-Diagnosen in allen Bundesländern
Laut der BARMER-Auswertung ist die Zahl der jungen Menschen mit Depressionen bundesweit zwischen den Jahren 2018 und 2023 gestiegen. Die größte Steigerung gab es mit rund 51 Prozent in Sachsen-Anhalt von zirka 6.100 auf 9.200 Betroffene und die geringste mit einem Zuwachs von 17 Prozent in Baden-Württemberg von 41.500 auf 48.600 Betroffene.