Zwei Ärztinnen bei einer Operation.
STANDORTinfo Mecklenburg-Vorpommern

Menschen in MV zu oft in stationärer Behandlung

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Der medizinische Fortschritt macht es möglich, dass immer mehr Eingriffe ambulant durchgeführt werden können. Dennoch stehen in Mecklenburg-Vorpommern noch zu viele Operationen und Behandlungen im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt. Das ist das zentrale Ergebnis einer Analyse im Versorgungskompass des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg). Demnach hätte mindestens jede fünfte (21,4 Prozent) Krankenhausbehandlung im 4. Quartal 2022 in Mecklenburg-Vorpommern ambulant im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis erfolgen können. Bei Männern im Alter von 50 bis 59 Jahren hätte sogar jede dritte stationäre Behandlung (31 Prozent) ambulant stattfinden können. 

Ambulantisierungspotenzial nach Bundesländern

„Krankenhausaufenthalte sind für manche Patientinnen und Patienten mit großen Belastungen verbunden. Studien belegen außerdem, dass die Genesung im eigenen Zuhause oftmals schneller und komplikationsloser verläuft. Das sind gute Gründe dafür, mehr ambulant zu operieren“, sagt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der BARMER in Mecklenburg-Vorpommern. Zudem bänden stationäre Aufenthalte viel Personal. „Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sollten die knappen Personalressourcen im Krankenhaus möglichst effektiv eingesetzt werden“, so Kutzbach. Insgesamt käme es durch mehr ambulante Operationen zu einer Win-Win-Situation mit weniger Belastungen für Patienten, mehr Ressourcen für die Leistungserbringer und reduzierten Kosten in der GKV.

Mehr als 68.000 Krankenhausbehandlungen auch ambulant möglich 

Der sogenannte Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und Behandlungen (kurz AOP-Katalog) liste Behandlungen, die ambulant oder stationär durchführbar sind. Beispiele daraus seien Katarakt-Operationen, Gebärmutterausschabungen, Leistenbruch-OPs oder auch die Entfernung der Rachenmandeln (Polypen). Neben dem AOP-Katalog seien für die Analyse im Versorgungskompass auch weitere potenziell ambulantisierbare Operationen aus dem sogenannten IGES-Gutachten herangezogen worden.

„Die Basis der Untersuchung im Versorgungskompass bilden alle somatischen Krankenhausfälle im Land mit Ausnahme von Geburten, da hier Wahlfreiheit herrscht“, erklärt Henning Kutzbach. Dementsprechend habe es in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 rund 317.500 Krankenhausbehandlungen  gegeben. Das Ambulantisierungspotenzial, also der Anteil der Fälle, die entweder im AOP-Katalog oder IGES-Gutachten zu finden sind und bei denen keine ersichtlichen Risikofaktoren (z.B. hohes Patientenalter oder eine Begleiterkrankung) einen stationären Aufenthalt erforderlich machten, habe im vergangenen Jahr relativ konstant zwischen 21,4 und 22,1 Prozent gelegen. Folglich hätten in Mecklenburg-Vorpommern mindestens 68.000 stationäre Behandlungen auch ambulant erfolgen können. „Wenn mehrere zehntausend Krankenhausbehandlungen umgeleitet werden können, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viel Personal dadurch für andere vollstationäre Behandlungen eingesetzt werden könnte“, so Kutzbach. 

Ambulantisierungspotenzial nach Altersgruppen in MV

Krankenhausreform als Chance für mehr ambulante Operationen 

Die Analyse im Versorgungskompass macht deutlich, dass es in Mecklenburg-Vorpommern regionale Unterschiede hinsichtlich des Ambulantisierungspotenzials gibt. Demzufolge fiel das Ambulantisierungspotenzial im 4. Quartal 2022 mit 18,4 Prozent im Landkreis Nordwestmecklenburg am geringsten aus. Der höchste Wert wurde im selben Zeitraum im Landkreis Ludwigslust-Parchim mit 23,2 Prozent identifiziert. Dies sei jedoch lediglich eine Momentaufnahme, so Kutzbach, da die Reihenfolge im Zeitverlauf (von 2019 bis 2022) variiere. 

„Fakt bleibt, dass es in Mecklenburg-Vorpommern durchaus Möglichkeiten für mehr ambulante Behandlungen gibt“, sagt der BARMER-Landeschef. Für ihn biete in diesem Kontext vor allem die anstehende Krankenhausreform eine Chance. „Im Rahmen der Krankenhausneuausrichtung muss genau in den Blick genommen werden, welche Kranken-hausstandorte unverzichtbar sind und welche wichtige Funktionen als regionale Versorgungszentren mit einem Schwerpunkt für ambulante Operationen übernehmen könnten.“