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Drei Fragen an... Stephan Gamm

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Seit dem 2. März 2015 ist Stephan Gamm Mitglied für die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft. Als stellvertretendes Mitglied gehörte er in der Legislaturperiode 2015 bis 2020 dem Gesundheitsausschuss an. Nach der Hamburg-Wahl 2020 wurde er erstmalig zum Fachsprecher für Gesundheit für seine Fraktion ernannt.

1. Was möchten Sie persönlich in den kommenden fünf Jahren für den Bereich Gesundheit und Pflege in Hamburg erreichen? Was ist Ihr persönliches Herzensthema? 

Stephan Gamm, CDU

Stephan Gamm, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: Schauen wir auf die Anzahl von Arztsitzen, Hebammen, Praxen für psychische Erkrankungen und Krankenhausbetten, so sieht die Versorgungssituation in Hamburg auf die reine Einwohnerzahl gerechnet, sehr gut aus. Allerdings sind Zahlen nicht alles. In vielen Stadtteilen müssen Hamburger erfahren, dass ihnen Praxen mitteilen, dass sie keine neuen Patienten mehr aufnehmen oder es sehr lange Wartezeiten für Termine gibt. Das ist frustrierend und kann im schlimmsten Fall bewirken, dass tödliche Krankheiten zu spät behandelt werden. Nicht jeder Stadtteil muss alles bieten, aber offenkundige Ungleichverteilung müssen spürbar verringert werden.

Zu viele Patienten nutzen die Notfallambulanzen in den Krankenhäusern, obwohl andere Angebote, wie z. B. die Notfallpraxen, in vielen Fällen eine ebenso gute und zweckmäßige Versorgung gewährleisten können. Hier muss stärker an der Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung gearbeitet werden.

In Hamburgs Krankenhäusern hat sich in den letzten Jahren vieles zum Besseren entwickelt in Sachen Modernität und Innovation. Trotzdem darf man vor dem bestehenden Sanierungsstau die Augen nicht verschließen und davor, dass die aktuellen 110 Millionen Euro des Senats für Krankenhausinvestitionen für den Abbau des Sanierungsstaus bei gleichzeitiger Investition in neue Medizintechnik und Strukturen zu eng bemessen sind. Soll Hamburg mit seinen Klinken wirklich zur Vorzeigestadt werden, dann muss Rot-Grün definitiv mehr Geld bereitstellen.

Ein persönliches Herzensanliegen ist für mich die Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufes. Hier war Hamburg bislang wenig kreativ und begründete seine Ideenlosigkeit stets mit einem Hinweis auf die Verantwortlichen in Berlin. Eigene Chancen für die Verwirklichung von mehr Karrieremöglichkeiten, die Wahrnehmung von mehr Verantwortung und Fortbildungsoptionen wurden nicht ergriffen. Dies muss sich angesichts der immer weiter steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen dringend ändern.

2. Wo sehen Sie derzeit den größten Handlungsbedarf in Hamburg in Hinblick auf das Thema Gesundheit?

Gamm: Den größten Handlungsbedarf sehe ich bei der Gewinnung von Fachkräften. Ob Pflegekräfte, Ärzte oder Hebammen: Im medizinischen Bereich fehlt es an vielen Ecken und Enden an Fachkräften. Damit sich die verschiedenen Einrichtungen nicht in einem Wettbewerb um die wichtigen Kräfte über ihre eigenen Möglichkeiten hinaus überbieten, müssen mehr Nachwuchs- und Fachkräfte geworben und ausgebildet werden. Dies geschieht durchaus schon seit Jahren, trotzdem sehe ich hier Potenzial, noch besser zu werden. Vor allem müssen aber auch die Arbeitsbedingungen besser werden und somit die Berufsbilder attraktiver. Auch diese Erkenntnis ist nicht neu, trotzdem ist hier noch viel Luft nach oben. Ein junger Mensch, der sagt, dass er einen Pflegeberuf ergreift, erntet aktuell eher mitleidige, denn anerkennende Reaktionen. Diese Wahrnehmung müssen wir dringend ändern.

3. Wie hat sich Ihre politische Arbeit durch Corona verändert? 

Gamm: Anfangs fand die politische Arbeit quasi in einem luftleeren Raum statt. Kommunikation fand nur auf minimalem Niveau statt und beschränkte sich auf das maximal Nötigste. Inzwischen haben die vielen Lockerungen dafür gesorgt, dass die Normalität ganz langsam zurückkommt. Von dem gewohnten politischen Alltag sind wir jedoch noch immer weit entfernt. Networking findet de facto nicht statt, persönliche Begegnungen und Gespräche sind noch immer die Ausnahme und insbesondere die - für einen Politiker so wichtigen - Debatten- und Streitkultur ist in der Bürgerschaft noch nicht spürbar. Aber wir alle wissen, um die Notwendigkeit der dafür ursächlichen Maßnahmen. Umso mehr freue ich mich auf die Zeit, wenn Sitzungen, Veranstaltungen und Gespräche wieder ohne Einschränkungen möglich sein werden. Denn gerade die Fähigkeit uneingeschränkt kommunizieren zu können, ist für jeden politisch engagierten Menschen essenziell.