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Organspende: Hamburg geht in die Offensive

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Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein Mensch, weil kein passendes Organ zur Verfügung steht. Liegt es an der Hartherzigkeit der Deutschen, dass es so wenig Spender gibt? Immerhin lag die bundesdurchschnittliche Spenderrate im letzten Jahr bei nur 9,7 Spendern pro eine Million Einwohner. In Spanien dagegen waren es 46,9 Spender pro Million. Allein an der Spendenbereitschaft kann es nicht liegen: der Anteil der Deutschen mit Organspendeausweis ist kontinuierlich auf zuletzt 35 Prozent gestiegen.

Sonderfall Deutschland

Eine grundsätzliche Problematik in Deutschland ist die Systematik zur Organspende, wonach die Bundesbürger ihre eigene Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende aktiv schriftlich erklären. Niemand ist jedoch verpflichtet sich zu entscheiden. Der Wille des Verstorbenen zu Lebzeiten hat Vorrang. Ist er nicht dokumentiert oder bekannt, entscheiden die nächsten Angehörigen auf der Grundlage des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen. Damit wird Deutschland in Europa allmählich zum Sonderfall; die meisten anderen Länder haben längst eine Widerspruchslösung eingeführt. Danach werden alle Erwachsenen automatisch Organspender, wenn sie dem nicht explizit widersprechen. In Österreich, Belgien, den Niederlanden, Spanien und anderen europäischen Ländern gilt eine solche Regelung bereits.

Stärkung der Transplantationsbeauftragten

Ein weiterer Grund sind die rückläufigen Meldungen der Krankenhäuser über mögliche Transplantationsorgane. In zahlreichen Kliniken wird sich offenbar zu wenig um die Identifizierung und Betreuung potenzieller Organspender gekümmert. Auch in Hamburg verzeichnete man im vergangenen Jahr einen Rückgang von 40 auf 24 postmortale Organspender. Jetzt steuert die Gesundheitsbehörde gegen. Nach einem geplanten Gesetzentwurf sollen die Transplantationsbeauftragten nach einem festen Schlüssel (0,1 Stellenanteile je zehn Intensivbetten) von allen weiteren Aufgaben freigestellt werden. Eine vergleichbare Regelung führte bereits in Bayern zum Erfolg. Dort erzielte man im letzten Jahr die deutlichste Steigerung der Organspenden.

18 Millionen Euro für Organentnahme

Schon heute ist in Deutschland jedes Entnahmekrankenhaus verpflichtet, einen Transplantationsbeauftragten zu benennen. Für die Bestellung von Transplantationsbeauftragten erhalten die Entnahmekrankenhäuser nach § 9a Abs. 1 des Transplantationsgesetzes eine pauschale Vergütung von den Krankenkassen. Für 2018 ist erneut eine Summe von bundesweit 18 Mio. Euro für die Entnahmekrankenhäuser geplant. Dieser Betrag wurde in den letzten Jahren nicht komplett abgerufen. Von den 18 Mio. Euro wurde jeweils ein Sockelbetrag von 7,2 Mio. Euro (40 % des Gesamtbetrages) zu gleichen Teilen auf die Entnahmekrankenhäuser verteilt (in Hamburg gibt es 22 Entnahmekrankenhäuser, jedes erhält 5.700 €). Die restlichen 10,8 Mio. Euro (60 % des Gesamtbetrages) werden auf die Entnahmekrankenhäuser verteilt und zwar abhängig davon, wie viele Verstorbene mit möglicherweise zum Hirntod führenden akuten schweren Erkrankungen oder Schäden des Gehirns gemeldet wurden. Diese Daten müssen vollständig und fristgerecht bis zum 30.04.2018 an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) übermittelt werden.

Frank Liedtke, Landesgeschäftsführer der Barmer in Hamburg, sagt: „Mit der Initiative zur Freistellung der Transplantationsbeauftragten geht Hamburg den richtigen Weg. Diese Schlüsselpositionen sind sehr wichtig, um die in Hamburg durchaus vorhandenen Potentiale für Organspenden besser auszuschöpfen.“