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Interkulturelle Sprachbrücken für Diabetiker

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Deutschland ist bereits seit Jahrzehnten als Einwanderungsland anzusehen – es ist sogar nach den USA das zweitbeliebteste Einwanderungsland der Welt. In Deutschland leben Einwanderer aus 194 Ländern. Diese Tatsache bringt es mit sich, dass etwa zwölf Prozent der Patienten in Deutschland nicht hinreichend mit ihrem Behandler auf Deutsch kommunizieren können. Viele von ihnen haben Diabetes. Leider kann ihnen die Tragweite ihrer Erkrankung nicht immer deutlich gemacht werden.

Neue Wege sollen mit dem Projekt „Sprachbrücke-DM“ beschritten werden. Gemeinsam mit einer interdisziplinären Forschergruppe möchte der Hauptinitiator des Projektes, Dr. phil Mike Mösko‚ Leiter der Arbeitsgruppe Psychosoziale Migrationsforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die Diabetestherapien für Migranten effektiver und effizienter machen.

Dr. Mike Mösko


Verstehen als Grundlage für Behandlungserfolg

Beim Projekt Sprachbrücke-DM geht es darum, die Sprachbarrieren für nicht-deutschsprachige Migranten mit einer Diabetes-Diagnose mit vier unterschiedlichen Ansätzen abzubauen. Für Behandler, Patienten und Angehörige sollen sprach- und kultursensible Behandlungsinformationen in zehn relevanten Zuwanderersprachen entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Dabei werden kulturelle Werte und Normen berücksichtigt, damit die Informationen möglichst gut verstanden und besser angenommen werden können. So ist beispielsweise nicht der Verzehr einer Schwarzwälder Kirschtorte bedenklich dargestellt, sondern vielleicht der übermäßige Genuss der orientalischen Süßspeise “Halava”.

Aufklärung in Communities

Darüber hinaus sollen Migranten in ihren Communities besser erreicht und aufgeklärt werden. Dies geschieht durch den Einsatz von muttersprachlichen Peer-Coaches aus den Communities, die Diabetes-Patienten und deren Angehörigen auf regelmäßig stattfindenden Informationsveranstaltungen medizinische Hintergründe vermitteln.

Das Projekt sieht weitere Ansätze vor: So verfügen Behandler zum Teil über weitere sprachliche Kompetenzen, nutzen diese aber nicht systematisch. Hier soll das Projekt helfen, die mehrsprachlichen Kompetenzen der Behandler zu identifizieren und zu fördern.

Als letzte Instanz ist vorgesehen, dass ein qualifizierter Sprachmittler in die ärztliche Behandlung integriert wird, der im Arzt-Patienten-Gespräch professionell und neutral übersetzt.
Zusammengefasst und auf den Punkt gebracht sollen mit dem Projekt aus Sicht der Patienten folgende Ziele erreicht werden:

  • Verstehen, was Diabetes ist und wie mit der Erkrankung richtig umzugehen ist
  • Richtiges Messen der Blutzucker-Werte
  • Richtiges Auswerten der Messergebnisse
  • Richtige Maßnahmen ergreifen (Insulin nehmen, Arzt aufsuchen)
  • Erkennen und Verstehen der Bedeutsamkeit von Früherkennungsmaßnahmen, wie z. B. Screening- oder Vorsorgeuntersuchungen.

Darüber hinaus soll die Zufriedenheit der Behandler im Umgang mit nicht-deutschsprachigen Patienten erhöht und somit das Behandlungsergebnis verbessert werden.

Der Projekterfolg soll unter anderem an folgenden Indikatoren gemessen werden (Abweichung von normierten Werten): HbA1c-Werte, Problembereiche in der Diabetesbehandlung, Folgeerkrankungen sowie der gesamten Versorgungskosten.

Es ist beabsichtigt, das Projekt Sprachbrücke-DM über einen Antrag in den Innovationsfonds einzubringen.