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Gesundheitsreport Bayern 2020: Psychischer Druck macht viele Beschäftigte krank

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München, 22. Oktober 2020 – Immer mehr Beschäftigte in Bayern macht der psychische Druck krank. Im Jahr 2019 waren psychische Erkrankungen für 19 Prozent der Fehlzeiten verantwortlich. Ein höherer Anteil an den Gesamtfehlzeiten der Beschäftigten wurde nur aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen (22,7 Prozent) dokumentiert. "In einigen Branchen überwiegen jedoch die psychischen Störungen deutlich die Muskel-Skelett- und Atemwegserkrankungen", erläutert Professor Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern. Dies sei zum Beispiel in den Branchen Erziehung und Unterricht, Sozialwesen und Heimen der Fall. "Unser Gesundheitsreport zeigt, dass es für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig ist, dass die Balance zwischen Beruf und Privatleben ausgewogen ist. Die vielfältigen Angebote zur Stärkung und Erholung, zur psychischen Gesundheit und gesundheitsorientierten Führung müssen noch viel stärker und selbstverständlicher in den Berufsalltag integriert werden", fordert Wöhler.

In der Branche Erziehung und Unterricht waren psychische Störungen für 23,4 Prozent der Fehlzeiten verantwortlich, in Heimen 23,7 Prozent und im Sozialwesen sogar 24,8 Prozent. In den Branchen Metall- und Maschinenbau bestehen die wenigsten psychischen Gesundheitsprobleme (13,4 Prozent bzw.13,7 Prozent). Hier sind überwiegend Muskel-Skelett-Erkrankungen für die krankheitsbedingten Fehlzeiten verantwortlich (26 Prozent). In der Branche Post- und Kurierdienste ist der Anteil an Muskel-Skelett-Erkrankungen am höchsten (30,6 Prozent). Wöhler fordert Unternehmen auf, gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz von Beschäftigten ernst zu nehmen und rechtzeitig entgegenzuwirken.

Spürbare Entlastungen für Lehrerinnen und Lehrer erforderlich

"Unsere Kolleginnen und Kollegen reißen sich alle Haxn aus, um den vielfältigen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden. Das kostet viel Kraft. Jeden einzelnen Tag. Angesichts des Lehrermangels ist nicht zu erwarten, dass die Situation kurzfristig besser werden wird. Umso wichtiger ist es, dass wir Lehrerinnen und Lehrer gesund sind und bleiben können. Leider zeigen die Statistiken das Gegenteil: die Arbeitsbelastung und die Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern sind sehr hoch", stellt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes fest. "Hier braucht es Entlastung und zwar sofort. Die Zahlen haben wir, jetzt braucht es die Umsetzung: Die politisch Verantwortlichen müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit Lehrerinnen und Lehrer bei Kräften bleiben," fordert Fleischmann. 

Motivation von außen erforderlich

Sowohl für psychische als auch für Muskel-Skelett-Erkrankungen gibt es Präventionsmöglichkeiten. Durch das Angebot gesundheitsfördernder Maßnahmen über den Betrieb ließe sich so mancher Beschäftigter mitziehen. "Allerdings brauchen viele Menschen eine Motivation von außen, aktiv die Gesundheit zu stärken und präventiv tätig zu werden", stellt Wöhler fest.

Gesundheitsförderung ist Führungsaufgabe

"Die volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeiten sind enorm und animieren immer mehr Unternehmen, Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGMt) auf- und umzusetzen", so Wöhler weiter. Grundanliegen aller betrieblichen Maßnahmen sei es, sowohl die körperlichen als auch die psychischen Belastungen der Beschäftigten und des Unternehmers selbst so gering wie möglich zu halten, um krankheitsbedingte Ausfälle oder Minderleistungen zu vermeiden. "Gesundheitsförderung ist eine Führungsaufgabe. Sie kann aber nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Mitarbeiter aktiv in die Ausgestaltung einbezogen werden", sagt Wöhler. Mitarbeiterorientierte Führung und Kommunikation, sinnvolle Ziele und Identifikation sind wesentliche Schlüssel für eine optimale Leistungsentfaltung und Gesunderhaltung. Für kleinere Unternehmen können Arbeitgeber BGM-Angebote bündeln und die Organisation von Veranstaltungsangeboten übernehmen.

Die nachstehende Grafik ist mit Quellenangabe Barmer Bayern Gesundheitsreport 2020 nutzbar.

Branchenvergleich AU-Tage Bayern und Bund

Glossar

Ergebnisse aus dem Gesundheitsreport Bayern zu Arbeitsunfähigkeiten

  • Die Bayern sind gesünder als der Bundesdurchschnitt. Hier gab es 2019 6,9 Prozent weniger AU-Fälle und 8,9 Prozent weniger AU-Tage. Während 2019 bundesweit jeder Arbeitnehmer durchschnittlich 18,2 Tage krankgeschrieben war, waren es in Bayern durchschnittlich 16,6 Tage. (Report S. 17 - 19)
  • Im Vergleich zum Vorjahr sind die Fehlzeiten in Bayern dennoch geringfügig um 0,57 Prozent auf durchschnittlich 16,6 Fehltage gestiegen. (Vorjahr 16,5 Fehltage)
  • Insgesamt wurden 2019 über 9,6 Millionen Fehltage in Bayern dokumentiert. (Report S. 246)
  • Auf die vier relevantesten Krankheitsarten entfielen in Bayern 2019 insgesamt 68,5 Prozent und damit mehr als zwei Drittel der Fehlzeiten, dabei 22,7 Prozent auf Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, 19 Prozent auf psychische Störungen, 13,8 Prozent auf Verletzungen und 13 Prozent auf Atemwegerkrankungen (Report S. 67)
  • Nur in Baden-Württemberg (15,3 AU-Tage) waren die Fehlzeiten niedriger als in Bayern. Die meisten AU-Tage wurden in Mecklenburg-Vorpommern dokumentiert (22,1 AU-Tage).
  • Die häufigsten Erkrankungen in Bayern sind Erkältungen, Depressive Episoden Rückenschmerzen und Verletzungen. Auf diese vier Krankheitsarten entfielen 2019 insgesamt 68,5 Prozent und damit mehr als zwei Drittel der Fehlzeiten (Report Seite 67)
  • Atemwegskrankheiten sind die häufigste Ursache von Arbeitsunfähigkeiten (AUs).
  • AUs aufgrund von psychischen Störungen dauern mit durchschnittlich 45 Tagen am längsten.
  • Muskel-Skelett-Erkrankungen führen zu den meisten AU-Tagen (Report S. 75)
  • Die längsten Krankschreibungen erfolgten aufgrund von psychischen Erkrankungen.
  • Frauen fehlen häufiger aufgrund von psychischen Erkrankungen – Männer wegen Rückenschmerzen.
  • Berufe in der Krankenpflege (33,2 AU-Tage), LKW-Fahrer (30,1 AU-Tage) und Kassierer (27,1 AU-Tage) haben in Bayern die höchsten Fehlzeiten.
  • In der Branche Erziehung und Unterricht haben Berufe in Hochschullehre und –forschung (5,0 AU-Tage) die niedrigsten Fehlzeiten. Die zur selben Branche gehörenden Lehrerinnen und Lehrer in Bayern fehlten krankheitsbedingt durchschnittlich 14,1 Tage.
  • Grundschullehrer und –lehrerinnen fehlten in Bayern durchschnittlich 19,4 Tage krankheitsbedingt und damit fast viermal so lang wie die Hochschullehrer.

Das komplette Material zum Gesundheitsreport Bayern können Sie unter www.bifg.de herunterladen.

Kontakt für die Presse:

Stefani Meyer-Maricevic
Pressesprecherin Barmer Bayern
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