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Nachgefragt und auf den Punkt: Sebastian Kienle im Interview

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16.000 km Radfahren, 4.500 km Joggen und 1.200 km Schwimmen, das ist das Jahrespensum von Triathlet und Barmer GEK Mitglied Sebastian Kienle. Anfang Juli gewann Kienle die 15. Auflage des Frankfurter Ironman.

Herr Kienle, Glückwunsch zum Sieg in Frankfurt! Sie haben gesagt, Kilometer 30 gewährt einen Einblick in die eigene Seele. Was haben Sie gesehen?
Das Rennen war ein Rennen, wie man es sich wünscht. Ich musste für den Sieg kämpfen, deswegen fühlt er sich auch besonders gut an! Ich glaube, ich konnte nach dem Zieleinlauf einen kurzen Blick in meine Seele erhaschen, und da war ich sehr mit mir im reinen.

Warum sind Sie Triathlet geworden?
Ich war ein energiegeladenes Kind, aber definitiv nicht kompatibel für Mannschaftssport und auch nicht wirklich talentiert. Mit sieben Jahren habe ich im Urlaub einen Triathlon gesehen und war total begeistert. Da habe ich beschlossen, Triathlet zu werden.

Mit sieben Jahren wechselt man den Berufswunsch doch wöchentlich!
In dem Alter habe ich auch nur maximal drei Tage im Voraus geplant, aber in der Schülerzeitung habe ich damals in der Tat den Berufswunsch "Triathlet" angegeben. Meine Lehrerin sagte mir damals, ich solle etwas Realistisches hinschreiben. Lustiger Weise bin ich heute der Einzige, der seinen Berufswunsch verwirklicht hat.

Sebastian Kienle beim Training.

Schwimmen, Joggen, Radfahren - sind Sie in allen drei Disziplinen gleich gut?
Nein. Schwimmen ist meine Schwäche, da wurde mir das Talent nicht in die Wiege gelegt. Am besten bin ich im Radfahren. Aber ich mache trotzdem jede Disziplin gerne, weil jede ihre Reize hat. Beim Schwimmen weiß ich, dass ich mir den Erfolg verdienen muss. Dafür ist es umso schöner, wenn ich hier Fortschritte sehe. Was man leicht erreichen kann, hat auch nicht denselben Belohnungseffekt.

Sport ist gesund, beim Triathlon wird das immer diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Triathlon ist kein reiner Gesundheitssport, ganz objektiv tut man seinem Körper nichts Gutes. Dafür ist Triathlon minimalinvasiv, mit geringer Verletzungsgefahr, wenn man von einer Überlastung absieht. Das sieht man auch am Alter der Athleten, das liegt im Durchschnitt bei 34 Jahren, bei uns sind auch noch 40-Jährige am Start. Als Profi hat man zudem den Vorteil, dass man mehr Möglichkeiten zur Regeneration hat.

Was machen Hobbytriathleten häufig falsch?
Sie wollen zu schnell zu viel. Auf die olympische Distanz kann man sich in einem Jahr vorbereiten, für die Langdistanz muss man drei bis fünf Jahre ins Auge fassen.

Wie motivieren Sie sich, wenn Sie mal keine Lust auf ihr Training haben?
Als Triathlet muss ich auf der einen Seite ignorieren, wenn mir mein Körper sagt: mach langsamer! Gleichzeitig muss ich in mich hineinhören, weil ich mit meinem Körper arbeite und nicht gegen ihn. Wenn ich keine Lust habe, dann ist das vielleicht ein Signal, dass ich übertrainiert bin. Dann ziehe ich mich trotzdem an und laufe los. Wenn ich nach zehn Minuten noch immer unmotiviert bin, dann drehe ich um und das ist dann auch okay. Dann habe ich wenigstens meinen Stoffwechsel in Schwung gebracht. Meistens ist es aber so, dass ich nach zehn Minuten gar nicht mehr drüber nachdenke und mein Training absolviere.

Triathleten sind sehr diszipliniert. Wo sind Sie undiszipliniert?
Meine Ernährung ist optimierungsbedürftig, Süßigkeiten nehmen bei mir einen zu hohen Stellenwert ein.

Hintergrund

Sebastian Kienle wurde am 6.7.1984 in Mühlacker geboren. Zu seinen größten Erfolgen zählen der Triumph beim Ironman Hawaii (2014) und der Weltmeistertitel der Ironman 70.3 Serie in den Jahren 2015 und 2013. 2014 wurde Sebastian Kienle Europameister Ironman und zum Triathleten des Jahres gewählt. Mehr unter: www.sebastiankienle.de

Sebastian Kienle beim Ironman Hawaii

Triathlon

  • Die Langdistanz besteht aus 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen. Sie wird beim Ironman Hawaii absolviert.
  • Die Mitteldistanz wird bei der Triathlon-Serie Ironman 70.3 absolviert und umfasst die Hälfte der Langdistanz: 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren, 21,1 km Laufen.
  • Bei der olympischen Distanz müssen die Triathleten 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen.