Rund 625.000 Pflegebedürftige leben in Baden-Württemberg, mehr als die Hälfte von ihnen wird ausschließlich von Angehörigen betreut. Ohne diese Menschen würde die Pflege nicht funktionieren. Die Barmer versucht, den Alltag der pflegenden Angehörigen mit verschiedenen Angeboten zu erleichtern.
BARMER-Pflegecoach liefert praktische Tipps
Seit fünf Jahren gibt es den Barmer-Pflegecoach. Dahinter verbirgt sich eine Webseite, auf der Angehörige Informationen rund um die Pflege und Antworten auf ganz praktische Fragen erhalten. Etwa dazu, wie sie sich im Pflegealltag eine Auszeit verschaffen können oder was beim Erteilen einer Versorgungsvollmacht zu beachten ist. "Wenn ein Pflegefall eintritt, dann ist der Informationsbedarf ganz plötzlich sehr hoch. Die Grundidee des Pflegecoaches war zunächst, Wissen für pflegende Angehörige an einem Ort zu bündeln und verständlich online zur Verfügung zu stellen", sagt Andreas Kiefer. Kiefer entwickelt bei der Barmer digitale Produkte für pflegende Angehörige, gemeinsam mit seinen Kolleginnen Nina Henkels und Susanne Stegmaier. Zu ihren Produkten zählt auch der Barmer-Pflegecoach.
Andreas Kiefer
Fokus auf Angehörige von Menschen mit Demenz
Als der Pflegecoach online ging, lag ein Fokus auf Menschen, die zu Hause einen an Demenz Erkrankten pflegen. "Deshalb haben wir gleich zwei Doppelmodule zum Thema Demenz entwickelt. In einem Modul lernen die Angehörige von demenziell Erkrankten, die Krankheit besser zu verstehen. Das zweite Modul behandelt das Thema Essen und Trinken bei Demenz." Die Nahrungsaufnahme kann deshalb problematisch werden, weil Menschen mit Demenz zum Beispiel weniger deutlich spüren, wenn sie hungrig oder durstig sind. In der Küche finden sie sich nicht mehr zurecht und sie haben vergessen, wie und wofür Messer und Gabel verwendet werden. Im Barmer-Pflegecoach erhalten Angehörige Tipps zur Lösung des Problems. "Menschen mit Demenz sind unruhig und deshalb viel in Bewegung. Und oft bleiben sie daheim immer an denselben Stellen stehen. Dort sollten die Angehörigen Finger Food bereitstellen, etwa klein geschnittenes Obst und Gemüse. Dadurch essen die Erkrankten im Vorbeigehen." Ein simpler Trick, aber den muss man eben kennen.
"Ich pflege – auch mich"
Inzwischen ist der Pflegecoach auf zwölf Module angewachsen. Doch woher wissen Kiefer und Kollegen, vor welchen Problemen pflegende Angehörige stehen? Unter anderem aus Pflegekursen, häuslichen Pflegeschulungen und dem Kompaktseminar "Ich pflege – auch mich", das die Barmer seit zwölf Jahren anbietet. "Pflege ist ein Vollzeitjob, da bleibt kaum Zeit für die eigenen Wünsche. Umso wichtiger ist es, die Grenzen der eigenen Belastbarkeit nicht aus den Augen zu verlieren und zu schauen, wie die Pflege zu Hause besser gelingen kann. Das vermitteln wir in unserem Seminar", erklärt Kiefer. Der Kurs komme sehr gut an, die Nachfrage sei so groß, dass es eine Warteliste gebe. "Aber wir arbeiten daran, das Angebot auszuweiten."
Beratung in den eigenen vier Wänden
In ganz Deutschland können sich Barmer-Versicherte daheim von einer Pflegefachkraft beraten lassen. Der Vorteil ist, dass bei dieser häuslichen Pflegeschulung vor Ort nach einer Lösung für ein bestehendes Problem gesucht werden kann. Diese Beratung wird auch mit speziellen Schwerpunkten angeboten, etwa zu Kinaesthetics, Bobath, Familiengesundheitspflege, Demenz. "Bei der Betreuung von demenziell Erkrankten bietet sich die Beratung zu Hause vor allem deshalb an, weil die Gestaltung der Wohnung sehr sinnvoll sein kann", erklärt Andreas Kiefer. Menschen mit Demenz hätten oft Schwierigkeiten, sich räumlich zurechtzufinden. Deshalb sollten wichtige Türen, zum Beispiel die von Schlaf- und Badezimmer, mittels Beleuchtung oder Farbe hervorgehoben werden, während man andere, etwa die Haustür und die Kellertür, optisch verschwinden lasse. "Die hervorgehobenen Türen helfen den Erkrankten dabei, sich zu Hause zu orientieren. Die getarnten Türen werden von ihnen schlicht übersehen. Dadurch reduziert sich die Gefahr, dass die Betroffenen allein die Wohnung verlassen oder in den Keller gehen. Beides kann das Zusammenleben daheim erleichtern."