STANDORTinfo - Der Newsletter der Barmer Landesvertretung Baden-Württemberg

Baden-Württemberger werden zu oft stationär behandelt

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Der medizinische Fortschritt macht es möglich, dass immer mehr Eingriffe ambulant durchgeführt werden können. Trotzdem gehen in Baden-Württemberg noch zu viele Operationen und Behand­lungen mit einem Krankenhausaufenthalt einher. Das ist das zentrale Ergebnis einer Analyse im Versorgungs­kompass des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg).

Demnach hätte in Baden-Württemberg im 4. Quartal 2022 mindestens jede fünfte vollstationäre Behandlung (20,48 Prozent) ambulant im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis erfolgen können. "Statt ein paar Tagen reichen häufig ein paar Stunden in einer Arztpraxis oder Klinik. Krankenhausaufenthalte sind für manche Menschen eine große Belastung. Das ist nur ein Punkt, der dafür spricht, mehr ambulant zu operieren", sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg.

Ein Mann mit Glatze, Brille und Anzug lächelt in die Kamera

Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der BARMER in Baden-Württemberg

Zudem würden stationäre Aufenthalte viel Personal binden. Angesichts des Fachkräftemangels spreche auch das für den Grundsatz 'ambulant vor stationär'. Insgesamt käme es durch mehr ambulante Eingriffe zu einer Win-Win-Situation mit weniger Belastungen für die Patienten, mehr Ressourcen für die Leistungserbringer und reduzierten Kosten für die gesetzlichen Krankenversicherungen.

Ambulant vor stationär ist auch bei älteren Patienten möglich

Deutliche Unterschiede in Bezug auf das Ambulantisierungspotenzial zeigen sich, wenn die Patientinnen und Patienten hinsichtlich ihres Alters betrachtet werden. So ist das Ambulantisierungspotenzial bei den 20- bis 29-Jährigen Baden-Württembergerinnen am höchsten. In dieser Altersgruppe hätte fast jeder dritte Eingriff ambulant statt stationär durchgeführt werden können (32,6 Prozent). Auch geschlechtsübergreifend ist das Ambulantisierungspotenzial in dieser Altersgruppe am höchsten. "Dass sich vor allem bei jüngeren Menschen vollstationäre Aufenthalte vermeiden lassen, hat mich nicht überrascht. Wohl aber, dass bei den 70- bis 79-Jährigen mehr als 20 Prozent und bei den 80- bis 89-Jährigen immerhin noch rund 13 Prozent der Eingriffe ambulant hätten durchgeführt werden können. Es lohnt sich, auch bei älteren Menschen genau hinzuschauen und sich zu fragen, welche Versorgungsform für sie die beste ist", sagt Plötze.

Krankenhausreform als Chance für mehr ambulante Operationen

Der Versorgungskompass des bifg zeigt auch, dass es in Baden-Württemberg regionale Unterschiede hinsichtlich des Ambulantisierungspotenzials gibt. Dieses ist im Landkreis Göppingen mit 15,5 Prozent am niedrigsten. Der Landkreis Heidenheim weist den höchsten Wert aus. Dort hätten im 4. Quartal 2022 25,5 Prozent aller vollstationären Eingriffe ambulant durchgeführt werden können. Unter allen deutschen Stadt- und Landkreisen liegt Heidenheim mit diesen Wert auf Rang 21. Dies sei laut Plötze aber nur eine Momentaufnahme, da die Reihenfolge im Zeitverlauf von 2019 bis 2022 variiere. "Fakt bleibt, dass es in Baden-Württemberg durchaus Möglichkeiten für mehr ambulante Behandlungen gibt“, sagt der Barmer-Landeschef. Für ihn biete vor allem die Krankenhausreform eine Chance. "Im Rahmen der Krankenhausneuausrichtung muss genau in den Blick genommen werden, welche Krankenhausstandorte unverzichtbar sind und welche wichtige Funktionen als regionale Versorgungszentren mit einem Schwerpunkt für ambulante Operationen übernehmen könnten."

Zum Versorgungskompass des bifg