Reden hilft. Eine Erkenntnis, die bei der Fachveranstaltung "Prävention vor Pflege" bestätigt wurde, zu der die Barmer Landesvertretung Baden-Württemberg und der Demografiebeauftragte des Landes, Thaddäus Kunzmann, eingeladen hatten. Rund 30 Teilnehmer von Krankenkassen, Politik, Wissenschaft, Kommunen und Selbsthilfe diskutierten darüber, ob und wenn ja wie sich Pflegebedürftigkeit verhindern oder zumindest hinauszögern lässt. Denn klar ist, dass sich der Personalmangel in der Pflege aufgrund des demografischen Wandels verschärfen wird. Die Zahl der Hochbetagten wird steigen, allein die der Über-90-Jährigen versiebenfacht sich bis zum Jahr 2060, ebenso die der Über-95-Jährigen. Und obwohl die Geburtenzahlen wieder steigen, "uns fehlt jetzt schon die Basis, um die immer größer werdende Lücke zwischen Jung und Alt zu füllen. Und wir brauchen uns nicht der Illusion hingeben, die Pflege mit ausländischen Fachkräften stemmen zu können. Die wird man in der Heimat brauchen", so Thaddäus Kunzmann.
Hinzu kommt, dass Deutschlands größter Pflegedienst, die Familie, am Limit ist. Alleine in Baden-Württemberg sind schon jetzt 22.000 pflegende Angehörige kurz davor, den Dienst einzustellen. „Wenn das passiert, dann kollabiert das System“, sagte Barmer Landegeschäftsführer Winfried Plötze. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden muss demnach das Ziel sein. Ein Ziel, das nur gemeinschaftlich erreicht werden kann. Doch die Kommunen sind hier besonders gefragt. Denn ein lebenswertes Umfeld trägt auf vielen Ebenen zum gesunden Älterwerden bei. Ein wichtiger Punkt ist, die Menschen aufgrund von zerbrechenden Familienstrukturen vor der Einsamkeit zu bewahren. Denn soziale Isolation geht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einher, krank und pflegebedürftig zu werden.
Die Krankenkassen müssen ihre Präventionsangebote bekannter machen, alle Akteure müssen sich besser vernetzen. Und sie sollten sich auch eines vor Augen führen: nur reden hilft nicht. Der demografische Wandel wurde schon unter Bundeskanzler Helmut Schmidt diskutiert. In Baden-Württemberg weiß man seit den 1990er Jahren, dass die Pflegewelle auf das Land zurollt. Führt man sich das vor Augen, dann scheint bisher viel geredet, aber viel zu wenig gehandelt worden zu sein.