Sag mir wo du wohnst und ich sage dir, wie krank oder gesund du bist. Dass Gesundheit mitnichten Glückssache oder rein genetisch bedingt ist, ist hinreichend bekannt. Neben dem Alter spielen auch Faktoren wie Bildung, Einkommen und Beruf eine Rolle. Wie gesund die Bundesbürgerinnen und -bürger sind, das macht der Morbiditäts- und Sozialatlas des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) sichtbar.
Mittels einer interaktiven Deutschlandkarte lässt sich im Morbiditäts- und Sozialatlas die Verteilung von 18 Erkrankungen und 14 Krankheitskategorien in den Jahren 2018, 2019 und 2020 darstellen. Und zwar jeweils bezogen auf die Region, das Alter und die soziodemografischen Faktoren Bildung, Personengruppe, Einkommen und Branche.
Die Hamburger sind die gesündesten Deutschen
Laut dem Morbiditäts- und Soziatlas des bifg sind die Hamburger am gesündesten. In der Hansestadt lag die Krankheitslast im Jahr 2020 13 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Dicht gefolgt von Baden-Württemberg und Bremen, die den bundesweiten Durchschnittswert um jeweils zwölf Prozent unterschreiten. Das Schlusslicht ist Thüringen (+ 31 Prozent). Auch beim Blick auf einzelne Krankheiten zeigen sich regionale Unterschiede. So gibt es im Süden weniger Herzkranke, die meisten Diabetiker leben in Sachsen. Mecklenburg-Vorpommern hat im Wortsinn ein dickes Problem, denn dort sind 46 von 1.000 Einwohnern von Adipositas betroffen. In Baden-Württemberg dagegen sind es nur 17. Dafür gibt es in keinem anderen Bundesland mehr Depressive als im Ländle.
Demenz in Pforzheim, Brustkrebs in Baden-Baden
Die Krankheitslast variiert nicht nur zwischen den Bundesländern. Auch beim Blick auf die Stadt- und Landkreise zeigen sich Unterschiede. Während im Ortenaukreis und im Landkreis Lörrach 99 von 1.000 Einwohnern depressiv sind, sind im Main-Tauber-Kreis 157 von 1.000 Menschen betroffen. Haut- und Brustkrebs kommen am häufigsten in Baden-Baden vor, Demenz in Pforzheim und Bluthochdruck am seltensten im Landkreis Tübingen. Barmer Landeschef Winfried Plötze appelliert an die Politik, sich Gesundheitsdaten wie die des Morbiditäts- und Sozialatlas genau anzusehen und darauf basierend Entscheidungen zu treffen. "Daten helfen heilen. Aber auf diesem Auge sind wir in Deutschland blind. Das zeigt auch die Pandemie. Wir haben kein Impfregister, Studien zu Impfnebenwirkungen kamen aus dem Ausland und hätte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin nicht das DIVI-Register geschaffen, dann hätten wir bis heute keinen Überblick über die belegten Intensivbetten in unseren Akut-Kliniken. Wenn wir unser Gesundheitswesen vernünftig und vor allem bedarfsgerecht weiterentwickeln möchten, dann brauchen wir dafür eine solide Datenbasis. Wir müssen wissen, wer an welcher Krankheit leidet, wo diese Menschen leben und welche Bevölkerungsgruppen eine besondere Krankheitslast tragen", so Plötze.
Unterschiedlich hohe Krankheitslast je nach Berufsgruppe
Darüber hinaus liefert der Morbiditäts- und Sozialatlas einen Überblick über die Krankheitslast in Deutschland nach Branchen. Demnach gibt es in keiner anderen Branche einen größeren Anteil an Menschen mit Kopfschmerzen oder Migräne als im Gesundheits- und Sozialwesen. Im Jahr 2020 waren deswegen 66 von 1.000 Einwohnern in ärztlicher Behandlung. "Der Morbiditäts- und Sozialatlas verdeutlicht, wie stark die Krankheitslast in einzelnen Berufsgruppen ist. Auf Basis dieser Daten kann zum Beispiel der Bereich Prävention weiter gestärkt werden. Das gilt insbesondere für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Hier sind passgenaue Angebote für Unternehmen unerlässlich, damit deren Belegschaft möglichst gesund bleibt", sagt Plötze.