Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht. Ein Beispiel dafür ist das Entlassmanagement. Über Jahre konnte sich die die Akteure im Gesundheitswesen nicht auf eine geregelte Patientenübergabe von einem in den anderen Sektor einigen. Mit dem Resultat, dass das Bundesschiedsamt ein Machtwort sprach und den Rechtsanspruch der Patienten auf eine strukturierte Krankenhausentlassung im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz verankerte. "Dass wir uns nicht einigen konnten, ist ein Armutszeugnis", findet Barmer Landegeschäftsführer Winfried Plötze. Und so müssen die Kliniken seit Oktober 2017 das Ende eines Krankenhausaufenthaltes vorbereiten und eine Übergabe der Patienten, etwa an einen Hausarzt oder in eine Pflegeeinrichtung, organisieren. Welcher der Sektoren beim Entlassmanagement mit welchen Problemen zu kämpfen hat, das wurde bei einer Diskussionsrunde auf Einladung der Barmer Baden-Württemberg und des Pharmapolitischen Arbeitskreises SÜD (PPA Süd) sichtbar. Das Chaos fängt schon bei der vermeintlich simplen Verordnung von Arzneimitteln an.
Die kleinste Packung muss verordnet werden
Benötigt ein Patient bei seiner Entlassung aus dem Krankenhaus Arzneimittel, so darf die Klinik zu Kassenlasten nur die kleinste Einheit verordnen. Das ist in der Regel die Packungsgröße (N1). "Auf dem Markt ist aber nicht jedes Medikament in der Packungsgröße N1 erhältlich", weiß Dr. Peter Voß, Leiter der Arbeitsgruppe Versorgungsmanagement des PPA Süd. Hinzu kommt, dass ein Rezept nur von einem Facharzt ausgestellt werden darf. Das ist schwierig, wenn der gerade im OP steht. Schwierig wird es auch für den Apotheker, wenn der wegen eines falsch ausgestellten Rezeptes mit dem verordnenden Arzt Rücksprache halten muss. Und das sei oft notwendig, wie Christoph Gulde vom Landesapothekerverband berichtete. Die Patienten bezahlen häufig zweimal Rezeptgebühr: für die N1-Verordnung und anschließend für die reguläre Nachversorgung. Um diesen ganzen Prozess zu vereinfachen und die Akutversorgung, etwa übers Wochenende, zu gewährleisten, geben die Kliniken ihren Patienten häufig Arzneimittel aus ihrem Bestand mit. Medikamente werden in Kliniken über die Fallpauschalen abgegolten, doch bei hochpreisigen Arzneimittel seien diese jedoch nicht ausreichend.
Niemand hat den Hut auf
Problematisch sei die Überführung von Patienten aus dem Krankenhaus in eine Pflegeeinrichtung. Die Kliniken haben keinen Überblick über die Kapazitäten der Heime und tun sich schwer, überhaupt einen Platz zu finden. Für die Pflegeinrichtung ist die Versorgung der überstellten Patienten oft eine große Herausforderung, vor allem bei Demenzkranken und Palliativpatienten. "Beim Entlassmanagement gibt es keine sektorenübergreifenden Leitlinien. Jeder macht was, aber niemand hat den Hut auf", klagt Andreas Haupt vom DRK Bad Friedrichshall. "Es fehlt auch an Instrumenten wie einer elektronischen Patientenakte mit Medikationsplan, um den Übergang zwischen den Sektoren besser und ressourcenschonender zu gestalten", ergänzt Barmer Verwaltungsratsmitglied Thomas Auerbach. "Zukünftig muss bei derartigen Regelungen und Gesetzen auch von Anfang an definiert werden, wie evaluiert werden soll. Es kann nicht sein, dass hochkomplexe Strukturen installiert werden und nach 500 Tagen weder ein umfassender Projektstatus da ist, noch klar ist, wann und wie die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls nachjustiert wird", so Auerbach weiter. Die Barmer wird die Erkenntnisse der Veranstaltung mit der Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung im Land diskutieren. Plötze: "Der eine Sektor weiß nichts von den Problemen des anderen Sektors. Vielleicht können wir das durch gemeinsam entwickelte Fortbildungen beheben, die gut gemeint und gut gemacht sind."