Eine ältere Person liegt im Krankenhaus und wird von einer Person im Schutzanzug ärztlich behandelt.
Barmer-Krankenhausreport 2025

Demenz: Wenn der Klinikaufenthalt zum Risiko wird

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Stuttgart, 19. Dezember 2025 – Für Menschen mit Demenz ist ein Klinikaufenthalt besonders belastend, er kann sogar deren Gesundheitszustand verschlechtern. Und damit dürften wir in Baden-Württemberg künftig öfters konfrontiert werden. Denn laut aktuellem BARMER-Krankenhausreport wird die Zahl der Menschen mit Demenz von 2026 bis zum Jahr 2040 um fast 26 Prozent und die der Krankenhausfälle um fast sechs Prozent steigen. Grund dafür ist der demografische Wandel. Der baden-württembergische Landesgeschäftsführer der BARMER fordert deshalb mehr Prävention und eine bessere stationäre Versorgung von Menschen mit Demenz. 

"Ein Krankenhausaufenthalt ist für Patienten mit Demenz häufig belastend und für die Kliniken eine Herausforderung. Sowohl medizinisch als auch pflegerisch. Deshalb sollten Menschen mit Demenz in Häusern behandelt werden, die darauf besonders eingerichtet sind. Aber das passiert bisher viel zu selten. Zumal viele nicht wissen, dass es Kliniken mit demenzsensiblen Strukturen gibt. Noch wichtiger ist aber, dass wir im Vorfeld Maßnahmen ergreifen, um Krankenhausaufenthalte von Menschen mit Demenz möglichst zu vermeiden", so Winfried Plötze.

Menschen mit Demenz landen häufiger als Notfall in der Klinik

Ansatzpunkte dafür sieht Plötze zum Beispiel in der Sturzprävention, der Mobilitätsförderung, einer Anpassung des häuslichen Umfelds oder im Telemonitoring. Denn Menschen mit Demenz würden laut der Barmer-Studie häufiger als Notfälle eingeliefert. Im Alter ab 65 Jahren wurden bundesweit doppelt so viele Krankenhausfälle aufgrund von Kopfverletzungen oder Oberschenkelbrüchen ermittelt als bei Menschen ohne Demenz. "Das ist nicht verwunderlich, weil Menschen mit Demenz körperlich instabiler sind. Und das erhöht das Sturz- und damit das Verletzungsrisiko."

Elf Prozent versterben während oder kurz nach dem Klinikaufenthalt

Die ungewohnte Umgebung, ein unstrukturierter Tagesablauf und fehlende Bezugspersonen könnten demenztypisches Verhalten wie Weglauftendenzen, Unruhe oder aggressive Reaktionen auslösen oder verstärken. Und das habe Auswirkungen auf das Pflegepersonal, auf den Ablauf des Klinikbetriebs und auf den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten. Laut Barmer-Krankenhausreport wurden bundesweit sechs Prozent der Menschen mit Demenz nach einem Krankenhausaufenthalt in einen höheren Pflegegrad eingestuft. Elf Prozent verstarben während oder kurz nach der stationären Behandlung. Zudem tritt bei ihnen ein Delir öfters auf, also ein Zustand starker Verwirrtheit. Plötze: "Ein Delir wird oft übersehen oder für eine 'normale' Verhaltensauffälligkeit bei Demenz gehalten. Bei drei Prozent aller Krankenhausfälle in Deutschland kommt es zu einem Delir, aber bei Demenzpatienten steigt dieses Risiko auf elf Prozent."

Special Care Units sind auf Demenzpatienten eingestellt

Um die stationäre Versorgung von Menschen mit Demenz zu verbessern, könnten verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Eine Uhr und ein Kalender im Zimmer sowie ein strukturierter Tagesablauf könnten für Orientierung sorgen. Zudem sollten vertraute Bezugspersonen einen demenzkranken Patienten während des Klinikaufenthalts begleiten. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen dafür auf Antrag die Kosten, wenn ein entsprechendes ärztliches Attest vorliegt. Doch davon würden nur wenige Angehörige Gebrauch machen. Und bundesweit würden nur fünf Prozent der Patientinnen und Patienten in Kliniken mit einem speziellen Demenzkonzept behandelt. "In Baden-Württemberg gibt es fünf Kliniken mit einer solchen 'Special Care Unit'. Dort ist man auf die Behandlung und Betreuung von Menschen mit Demenz vorbereitet. Das muss bekannter gemacht werden. Was wir aber auch brauchen ist eine bundesweit gültige Definition darüber, wie demenzsensible Strukturen im Krankenhaus aussehen sollen und welche Effekte die einzelnen Maßnahmen auf die Behandlungs- und Versorgungsqualität haben", sagt Winfried Plötze.

Auf einer Landkarte sind Punkte eingezeichnet, an denen sich Special Care Units befinden.

Ein gesunder Lebensstil kann das Risiko für eine Demenz reduzieren

Eine Demenz hat nicht immer eine genetische Ursache. Das bedeutet, dass jeder das Risiko für diese Erkrankung in einem gewissen Maße reduzieren kann. In einer Lancet-Studie wurden 14 Risikofaktoren für eine Demenz identifiziert, darunter Übergewicht, Schwerhörigkeit, Bluthochdruck, Diabetes und Bewegungsmangel. Würden alle 14 Faktoren 'ausgeschaltet', so ließen sich laut der Lancet-Studie 45 Prozent der demenziellen Erkrankungen vermeiden.