Gesetzgebung

Reform der Notfallversorgung

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Eckpunktepapier liegt vor

Termine Gesetzgebung

 

 

15.01.2024Eckpunkte

07.09.2023 

Regierungskommission legt Stellungnahme „Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung“ vor 

13.02.2023 

Regierungskommission legt Stellungnahme “Reform der Notfall- und Akutversorgung: Integrierte Notfallzentren und integrierte Leitstellen” vor 

Wesentliche Inhalte des Vorhabens

  • Ausbau der Terminservicestellen und Vernetzung mit den Rettungsleitstellen 
  • Bundesweite Vereinheitlichung der notdienstlichen Akutversorgung, Anpassung Sicherstellungsauftrag Kassenärztliche Vereinigungen
  • Flächendeckende Einrichtung Integrierter Notfallzentren

So positioniert sich die Barmer

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat am 16.01.2024 Eckpunkte zur Reform der Notfallversorgung vorgestellt. Der Schwerpunkt der darin enthaltenen Maßnahmen liegt auf einer verbesserten Steuerung der Patientinnen und Patienten in die Notfallversorgung. In Kürze soll ein Referentenentwurf vorgelegt werden, das Inkrafttreten des Gesetzes wird für Januar 2025 angekündigt.
Die vom BMG vorgelegten Maßnahmen orientieren sich grundsätzlich an der Empfehlung der Regierungskommission zur Reform der Notfall- und Akutversorgung. Die Reform des Rettungsdienstes wird in dem Papier nur kursorisch behandelt, weitere Eckpunkte dazu in Aussicht gestellt.

Position der Barmer
Das Eckpunktepapier des BMG zur Notfallversorgung klammert die notwendige Reform des Rettungsdienstes aus, obwohl dazu bereits Empfehlungen der Regierungskommission vorliegen. Damit wird die für eine integrierte Notfallversorgung notwendige Kooperation aller Beteiligten nicht konsequent verfolgt.

Um Patientinnen und Patienten im Notfall in die geeignete Versorgungsebene steuern zu können, sollen künftig die Rufnummern der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (116 117) und der Rettungsleitstellen in den Ländern (112) digital vernetzt werden. Ziel ist eine wechselseitige und rechtssichere Übergabe Hilfesuchender und ihrer erhobenen Daten. Das BMG strebt perspektivisch bundesweite Standards für diese Kooperationen an. Kassenärztliche Vereinigungen werden zur Kooperation verpflichtet, wenn die Leitstellen dies wünschen. Die Bundesländer wiederum sind aufgefordert, landesrechtliche Regelungen für die Vernetzung zu schaffen.
Das BMG will das Angebot der notdienstlichen Akutversorgung über die Terminservicestellen (TSS) stärken. Dazu sieht es zusätzliche Finanzmittel von GKV und KVen über eine pauschale Vorhaltefinanzierung vor. Zukünftig soll es genaue Vorgaben für die Erreichbarkeit der TSS geben sowie die Verpflichtung, mehr ärztliches Personal für die möglichst fallabschließende telemedizinische Beratung bereitzustellen. Akutpatienten sollen vorrangig in die vertragsärztliche Versorgung vermittelt werden.

Position der Barmer
Es ist notwendig, dass Kassenärztliche Vereinigungen und Rettungsdienst zur sektorenübergreifenden Kooperation verpflichtet werden, damit Hilfesuchende in den aus medizinischer Sicht geeigneten Versorgungsbereich weitergeleitet werden. Für eine verbindliche und effektive Zusammenarbeit von Kassenärztliche Vereinigungen und Leitstellen sind bundesweit einheitliche Standards notwendig.

Um die notdienstliche Akutversorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen, werden die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, rund um die Uhr sowohl eine telemedizinische als auch eine aufsuchende Versorgung bereitzustellen. Für den aufsuchenden Dienst der KVen können auch qualifiziertes nichtärztliches Personal oder Gemeindenotfallsanitäter des Rettungsdienstes eingebunden werden. Das Angebot der offenen Sprechstunden soll gleichmäßig über die Woche verteilt für Hilfesuchende mit akutem Behandlungsbedarf bereitstehen.

Position der Barmer
Ein umfassendes telemedizinisches Angebot ist grundsätzlich sinnvoll, um die Arztpraxen zu entlasten. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass keine unnötigen Doppelstrukturen entstehen – besonders vor dem Hintergrund begrenzter Personalressourcen im ärztlichen Bereich und der rund um die Uhr bestehenden Sprechzeiten der TSS.
Der Grundgedanke, qualifiziertes nichtärztliches Personal oder den Rettungsdienst in den aufsuchenden KV-Dienst einzubinden, ist richtig. Eine entsprechende ärztliche Kompetenz im Hintergrund muss dennoch gesichert werden. Hierfür bedarf es klarer Regeln, wann eine Ärztin oder ein Arzt hinzuzuziehen ist.

Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sollen in Zukunft sektorenübergreifend mit den KV-Notdienstpraxen zusammenarbeiten. Dazu sehen die Eckpunkte die flächendeckende Einführung von Integrierten Notfallzentren (INZ) und, wo möglich, Integrierten Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) vor. Grundlage dafür sollen verpflichtende Vereinbarungen zwischen Krankenhäusern und KVen – auch über die digitale Vernetzung – sein. 
INZ bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer KV-Notdienstpraxis und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle, in der entschieden wird, ob Hilfesuchende zur Behandlung in die Notdienstpraxis oder in die Notaufnahme des Krankenhauses geleitet werden. Verantwortlich für die Einrichtung der Ersteinschätzungsstelle ist in der Regel das Krankenhaus, ihr Betrieb wird über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vergütet. Die KVen werden gesetzlich zu Mindestbesetzungszeiten der Notdienstpraxen in den INZ/KINZ verpflichtet.

Position der Barmer
Die Einrichtung von INZ/KINZ ist ein wichtiger Schritt hin zu einer sektorenübergreifenden, koordinierten Notfallversorgung. Für Organisation und Arbeitsweise bedarf es dabei klarer, bundesweit einheitlicher Qualitätsstandards. Die digitale Bereitstellung und Weitergabe notwendiger Daten ist Grundvoraussetzung für eine effiziente Patientenversorgung im Akutfall und in der weiterführenden Behandlung.
Zentrale Ersteinschätzungsstellen sind notwendig, um Patientinnen und Patienten in Zukunft in die medizinisch geeignete Versorgungsstruktur zu leiten. Dies entlastet die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Sinnvoll ist darüber hinaus, dass Patienten nach einer Ersteinschätzung auch in die vertragsärztliche Versorgung weitergeleitet werden können. Die organisatorische Verantwortung und Regelungen zur Leistungserbringung sollten in jedem Fall bei den KVen liegen.