Gesetzgebung

Pflegekompetenzgesetz

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Termine Gesetzgebung

  
06.11.2024Kabinettsbeschluss
03.09.2024Referentenentwurf
19.12.2023Eckpunkte

Wesentliche Inhalte des Vorhabens

  • Etablierung des neuen Berufsbildes Advanced Practice Nurse: eigenständige Ausübung von Heilkunde in ärztlich oder pflegegeleiteten Einrichtungen
  • Erweiterung der Befugnisse für Pflegefachpersonen (z. B. häusliche Krankenpflege, Empfehlung von Pflegehilfsmitteln)
  • Aufhebung der verpflichtenden Modellprojekte zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an Pflegekräfte
  • Erprobung der Pflegebegutachtung in der Langzeitpflege und beim Entlassmanagement im Krankenhaus durch Pflegefachpersonen statt durch den Medizinischen Dienst (MD)
  • Einführung eines pflegegradunabhängigen Anspruchs auf Pflegeprozesssteuerung durch Pflegefachpersonen
  • Etablierung einer berufsständischen Vertretung auf Bundesebene

So positioniert sich die Barmer

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat den lange angekündigten Referentenentwurf für ein Pflegekompetenzgesetz vorgelegt. In einem Eckpunktepapier hatte das Bundesministerium für Gesundheit bereits Ende letzten Jahres Regelungen skizziert, die teilweise in den Gesetzentwurf eingegangen sind. Anfang November soll der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, Pflegefachpersonen mehr Kompetenzen für die Versorgung von Patientinnen und Patienten zu übertragen. Sie sollen künftig je nach Qualifikation und nach erfolgter ärztlicher Diagnose und Indikationsstellung selbständig auch erweiterte heilkundliche Leistungen erbringen können. Die Partner der Selbstverwaltung erhalten den Auftrag, dafür einen Katalog von Leistungen zu erstellen, die bei zugelassenen Ärztinnen und Ärzten, in Medizinischen Versorgungszentren, bei Pflegediensten und in stationären Pflegeeinrichtungen erbracht werden können.

Position der Barmer
Mit der Übertragung weiterer heilkundlicher Kompetenzen auf Pflegefachpersonen können die vorhandenen Fachkräfteressourcen in der Versorgung zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden. In anderen Ländern ist dies bereits geübte Praxis. Auch wird damit das Berufsbild aufgewertet und eine Tätigkeit in der Pflege attraktiver. Die geplante selbstständige Erbringung von Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch Pflegefachpersonen ist jedoch ein Novum, was eine Klärung der Haftungsfrage erfordert. 

In einem Modellprojekt beim Medizinischen Dienst (MD) soll geprüft werden, ob Pflegefachpersonen in Pflegeeinrichtungen mit der Aufgabe betraut werden können, die Pflegebedürftigkeit festzustellen. Auch damit sollen die Kompetenzen des Pflegefachpersonals besser genutzt und zudem die Zusammenarbeit mit dem MD effizienter gestaltet werden. Die Pflegekassen sind in die Planungen des Modellprojekts nicht eingebunden. Der MD Bund wird verpflichtet, dem BMG bis zum 31.12.2027 einen Bericht über das wissenschaftliche Modellvorhaben zur Verfügung zu stellen.

Position der Barmer
Eine Pflegebegutachtung in Pflegeeinrichtungen sollte im Sinne der Pflegebedürftigen weiterhin in einem unabhängigen Verfahren stattfinden. Das Verfahren muss auch in Zukunft hohen Qualitätsanforderungen genügen und darf nicht zu mehr Arbeitsaufwand führen. Bei einer Erprobung im Modellprojekt müssten die Pflegekassen mit ihrer Fachex-pertise unbedingt eingebunden werden. 

Der Entwurf sieht den Ausbau der pflegerischen Versorgung in sogenannten innovativen und quartiernahen Wohnformen vor. Ein Ziel ist dabei, Kosten der vollstationären Unterbringung zu sparen. Pflegebedürftige in gemeinschaftlichen Wohnformen zur pflegerischen Versorgung sollen zum Beispiel einen pauschalen Zuschuss in Höhe von 450 Euro monatlich erhalten. Die Leistungen in dieser Versorgungsform sollen sich von denen in der vollstationären Pflegeversorgung und in ambulant betreuten Wohngruppen unterscheiden. Das BMG rechnet für den Zeitraum von vier Jahren mit Minderausgaben für die Soziale Pflegeversicherung von bis zu 220 Millionen Euro.

Position der Barmer
Die Erweiterung der pflegerischen Versorgungsangebote um innovative Wohnformen ist nachvollziehbar – viele Pflegebedürftige wollen möglichst lange im häuslichen Setting gepflegt werden. Auf diese Weise können auch vollstationäre Einrichtungen entlastet werden. Ob die im Entwurf formulierten Einsparpotentiale für die Soziale Pflegeversicherung erreichbar sind, bleibt fraglich. 

Der Referentenentwurf sieht Regelungen vor, mit denen schnellere Ergebnisse zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern in den Pflegesatzverhandlungen erreicht werden sollen. Besonders die Umsetzung des Tariftreuegesetzes führt zu Belastungen der Verhandlungspartner. Die Selbstverwaltung soll entsprechende Empfehlungen für effizientere und bürokratiearme Verfahren auf Bundesebene vorlegen. 

Position der Barmer
Die Vorschläge sind richtig: Die Vergütungsverhandlungen müssen im Sinne der Leistungserbringer und der Kostenträger digital und bürokratiearm gestaltet werden.