Gesetzgebung

Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG)

Lesedauer unter 4 Minuten

Termine Gesetzgebung

- zustimmungsfrei - 
26.03.2024Inkrafttreten
02.02.20242. Durchgang Bundesrat
14.12.20232./3. Lesung Bundestag
15.11.2023Anhörung im Gesundheitsausschuss
09.11.20231. Lesung Bundestag
20.10.20231. Durchgang Bundesrat
30.08.2023Kabinettsbeschluss
14.08.2023Verbändeanhörung BMG
04.08.2023Referentenentwurf

Wesentliche Inhalte des Gesetzes

  • Kranken- und Pflegekassen können versichertenindividuelle Versichertendaten nutzen (z. B. Arzneimittelt­herapiesicherheit, Krebsfrüherkennung)
  • Einrichtung zentraler Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten beim BfArM
  • Verfügbarkeit von Daten im Forschungsdatenzentrum wird erhöht – Verknüpfung mit klinischen Krebsregistern
  • Einführung einer federführenden Datenschutzaufsicht in der Versorgungs- und Gesundheitsforschung

So positioniert sich die Barmer

Für die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sieht das Gesetz grundlegende Veränderungen bei der Nutzung versichertenindividueller Daten für eine verbesserte Versorgung vor. So können die Kassen künftig die vorhandenen Daten dazu nutzen, um ihre Versicherten individuell anzusprechen. Damit soll beispielsweise erreicht werden, dass Gesundheitsgefahren durch Polymedikation früher identifiziert werden. Auf Grundlage der Kassendaten sollen künftig auch individuelle Risiken für ein erhöhtes Krebsrisiko automatisiert erkannt werden, um Versicherte frühzeitig und gezielt über die Möglichkeiten der Früherkennung und den Anspruch auf Vorsorgeleistungen informieren zu können. Dies wird auf die Erkennung von schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken beschränkt.

Position der Barmer
Die Kranken- und Pflegekassen verfügen über eine hohe Expertise in der gesundheitlichen Versorgung sowie eine Vielzahl bislang nicht ausreichend genutzter Routinedaten. Es ist daher konsequent, ihnen die Nutzung der Daten zur Beratung ihrer Versicherten zu ermöglichen. Dies ist aus Sicht der Barmer eine sinnvolle Regelung, mit der die Kassen ihre Versicherten noch besser betreuen können. Dabei brauchen die Kassen jedoch die notwendigen Freiheiten, um passende, individualisierte Versorgungsangebote unterbreiten zu können.

Das mit dem Digital-Gesetz eingeführte Opt-Out-Verfahren für die elektronische Patientenakte wird auch im Gesundheitsdatennutzungsgesetz Anwendung finden. Versicherte sollen künftig entscheiden können, ob sie der Verwendung ihrer ePA-Daten für die Forschung widersprechen. Es soll dafür ein einfacher Weg zur Erklärung eines Widerspruchs eingeführt und in der ePA ein sogenanntes Datencockpit eingerichtet werden. Darin können Versicherte auch überprüfen, welche Daten bislang an das FDZ weitergeleitet wurden. Die Nutzung der Daten des FDZ muss künftig ausdrücklich dem Gemeinwohl dienen – eine Liste erlaubter Nutzungszwecke (z. B. Forschung, Versorgungsplanung, Qualitätssicherung) sowie eine Liste explizit verbotener Nutzungszwecke soll dafür entwickelt werden (z. B. Werbung, Marktforschung etc.).

Position der Barmer
Mit dem Gesetz soll die Bereitstellung von Daten für Forschungszwecke aus der ePA grundlegend verändert werden. Künftig sollen solche Daten automatisiert an das FDZ übertragen werden, wenn Versicherte dem nicht ausdrücklich widersprechen. Damit stünde eine wesentlich breitere und stark wachsende Datenbasis für die Versorgungsforschung zur Verfügung.

Für die Nutzung von Gesundheitsdaten soll am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine vom FDZ unabhängige Datenzugangs- und Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Wissenschaftler sollen dort über Zugangsmöglichkeiten und Antragstellung mit Blick auf das jeweilige Forschungsziel beraten werden. Zu ihren Aufgaben soll auch zählen, die Bundesregierung beim Aufbau einer vernetzten Gesundheitsdateninfrastruktur auf Bundes- und EU-Ebene zu unterstützen und damit die Anbindung des deutschen Gesundheitswesens an den geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraum vorzubereiten. Das Bundesgesundheitsministerium wird ermächtigt, ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung das Nähere zur Organisation der Datenzugangs- und Koordinierungsstelle zu regeln. Vorgesehen ist auch die Verknüpfung und Verarbeitung von pseudonymisierten Daten des Forschungsdatenzentrums und der klinischen Krebsregister der Länder.

Position der Barmer
Eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle kann zu mehr Transparenz über die bereits vorhandenen Datenquellen und zur Vereinfachung geplanter Forschungsvorhaben beitragen. Sehr sinnvoll ist die geplante Verknüpfung der Daten des FDZ mit den von der gesetzlichen Krankenversicherung seit 2014 finanziell geförderten klinischen Krebsregistern – damit besteht Hoffnung auf die Verbesserung der Qualität der onkologischen Versorgung. Dies ist zudem ein gut gewählter Einstieg in die vom Sachverständigenrat für Gesundheit im Digitalisierungsgutachten von 2021 geforderte Verbesserung der pseudonymisierten Zusammenführbarkeit von Gesundheitsdaten.

Grundlegende Veränderungen sieht das Gesetz bei der Datenschutzaufsicht vor. Gestrichen wurde im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, wonach der Bundesdatenschutzbeauftragte die ausschließliche Zuständigkeit für die Datenschutzaufsicht über alle Kranken- und Pflegekassen erhalten hätte. Stattdessen wird es in Zukunft eine federführende Datenschutzaufsicht bei länderübergreifenden Gesundheitsforschungsvorhaben mehrerer Beteiligter geben. Ausschlaggebend für die Auswahl der jeweiligen Länderaufsicht soll dabei der Sitz des umsatzstärksten Forschungspartners sein.

Position der Barmer
Die Regelungen für eine federführende Datenschutzaufsicht können ein einheitliches Handeln der zuständigen Datenschutzbehörden unterstützen. Deutlich effektiver wäre jedoch eine gemeinsame Datenschutzaufsicht für alle Krankenkassen. Die unterschiedliche Auslegung der Datenschutzregelungen durch Bundes- und Landesaufsichten sorgt bei Digitalangeboten für ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen bundesweit geöffneten und regional wählbaren gesetzlichen Krankenkassen.