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Gesetz für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform (Apotheken-Reformgesetz – ApoRG)

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Termine Gesetzgebung

zustimmungsfrei
21.08.2024Kabinettsbeschluss
06.06.2024 Referentenentwurf
20.12.2023 Eckpunkte

Wesentliche Inhalte des Vorhabens

  • Sicherstellung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch:
    • Honoraranreize für Apotheken in ländlichen Regionen, gerechtere Verteilung der Honorare (u. a. Erhöhung der Notdienstpauschale)
    • Einführung Telepharmazie
    • Neue Aufgaben in der Versorgung (etwa bei Prävention und Früherkennung)
  • Maßnahmen zur Entbürokratisierung und Flexibilisierung

So positioniert sich die Barmer

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat den Referentenentwurf für ein Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) vorgelegt. Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte das BMG Eckpunkte für eine Apothekenhonorar- und -strukturreform skizziert. 
Ein Schwerpunkt des nun vorliegenden Gesetzentwurfs ist die Neuordnung der Apothekenvergütung mit dem Ziel, das flächendeckende Apothekennetz zu erhalten. Zugleich sollen Apothekenzulassungen und die Arzneimittelversorgung flexibilisiert und entbürokratisiert 
 

Geplant ist, dass der Zuschlag zur Sicherstellung des Apotheken-Notdienstes von 0,21 Euro je Packung auf 0,28 Euro erhöht wird. Dieser Zuschlag wird von den Apotheken bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erhoben. Zur Gegenfinanzierung ist eine Absenkung des Zuschlags für pharmazeutische Dienstleistungen von derzeit 20 Cent auf 13 Cent vorgesehen. 
Darüber hinaus soll die ungleichmäßige Verteilung der Packungshonorare zwischen den Apotheken ausgeglichen werden. Diese Entwicklung ist laut BMG aufgrund stark angestiegener Arzneimittelpreise in einigen Arzneimittelsegmenten zu beobachten. Dazu wird der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung von drei auf zwei Prozent abgesenkt. Gleichzeitig wird das Fixum, also der Betrag, den Apotheken pro abgegebener rezeptpflichtiger Arzneimittel-Packung erhalten, zum 01.01.2025 auf 8,66 Euro und ein Jahr später auf 9 Euro angehoben.

Position der Barmer
Eine Stärkung des Apotheken-Notdienstes, der insbesondere in ländlichen Regionen eine wichtige Rolle spielt, ist sinnvoll. Bei der Umsetzung darf es – auch vor dem Hintergrund der massiven Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbereich – nicht zu höheren Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung kommen.
Statt punktueller Maßnahmen wäre eine grundsätzliche Neuausrichtung der Apotheken-Vergütung notwendig. So sind bislang die Vergütungsbestandteile für die verschiedenen Leistungsaspekte wie Distribution, Beratung oder Zubereitung im Apothekenaufschlag auf das abgegebene Arzneimittel enthalten. Durch eine Trennung und konsequente Neuordnung der einzelnen Vergütungsbestandteile könnte eine zielgenauere Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum erreicht werden.

Als zweite Säule des Gesetzes bezeichnet das Bundesministerium für Gesundheit die strukturellen Anpassungen, die für die Eröffnung von Apotheken sowie deren täglichen Betrieb vorgesehen sind. So soll der Zugang zu pharmazeutischen Dienstleistungen durch den Einsatz von Telepharmazie erleichtert werden. Ebenso will das BMG flexible Öffnungszeiten für Apotheken ermöglichen und damit eine Anpassung an die verfügbaren Personalressourcen und die Bedürfnisse der Versorgung vor Ort. 
Um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen, werden die Gründung von Zweigapotheken in Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung erleichtert und Zweigapotheken als eigenständige Versorgungsform weiterentwickelt. Filialapotheken sollen künftig auch in anderen Kreisen oder Städten eröffnet werden können.
In Zukunft soll die Anwesenheit von erfahrenen pharmazeutisch-technischen Assistentinnen und Assistenten für die Öffnung einer Apotheke ausreichen, Bedingung dafür ist eine telepharmazeutische Anbindung an Apothekerinnen und Apotheker im Filialverbund.

Position der Barmer
Mit den im Gesetzentwurf geplanten Maßnahmen zur Flexibilisierung kann die Arzneimittel-Versorgung verbessert und ein niedrigschwelliger Zugang im ländlichen Raum ermöglicht werden. Insbesondere die Ansätze für eine stärkere Nutzung digitaler Möglichkeiten im Apothekenalltag und eine mögliche Entbürokratisierung sind positiv zu werten.

Honorierung
Um Honoraranreize für Apotheken in ländlichen Regionen zu schaffen, schlägt das Bundesministerium für Gesundheit vor, die Vergütung von Notdiensten zu verbessern (Anhebung der Notdienstpauschale von 21 auf 28 Cent pro Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels) sowie den Apothekenabschlag von zwei Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels auf 1,77 Euro ab dem Jahr 2025 abzusenken. Zu diesem Zeitpunkt soll der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung von drei Prozent auf 2,5 Prozent verringert werden, um Preisanstiege zu kompensieren. 2026 soll eine Anpassung auf zwei Prozent erfolgen. Sich daraus ergebende Einsparungen sollen für eine Erhöhung des Festzuschlags (Packungsfixum) verwendet werden.

Telepharmazie
Für die Arzneimittelabgabe wird die Nutzung technischer Einrichtungen zur Videokonsultation ermöglicht. Apotheken könnten so bei Bedarf Kunden in einer anderen Apotheke des Filialverbundes beraten. Dabei sei dann die Anwesenheit eines Apothekers nicht zwingend erforderlich.

Neue Aufgaben in der Versorgung
Die Eckpunkte sehen vor, Apotheken verstärkt in die Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen einzubinden. Dazu sollen sie neue pharmazeutische Dienstleistungen anbieten können.

Flexibilisierung und Entbürokratisierung
Um Kosteneinsparungen zu erreichen und Fachkräfte effizienter einzusetzen, schlägt das BMG eine Reihe von Maßnahmen zur Entbürokratisierung vor. Neben flexibleren Öffnungszeiten und der einfacheren Gründung von Zweigapotheken in unterversorgten Regionen könne die Leitung einer Filialapotheke künftig auch unter zwei Apothekern aufgeteilt werden. Geprüft werden sollen zudem Möglichkeiten zur Entbürokratisierung bestehender Regelungen im Apothekenalltag sowie der Entfall bestimmter Dokumentationsanforderungen.

Position der Barmer
Vor dem Hintergrund sich ändernder Versorgungsstrukturen und zunehmender digitaler Möglichkeiten ist eine Reform der Apothekenversorgung nötig. Sinnvoll ist in dem Zusammenhang die Einführung telepharmazeutischer Leistungen und Maßnahmen zur Entbürokratisierung in der Versorgung.
Notwendig ist aber gleichzeitig eine grundsätzliche Neuausrichtung der Apothekenvergütung, denn die aktuelle Honorierung setzt zahlreiche Fehlanreize: Viele abgegebene Packungen führen zu einem hohen Umsatz, hingegen ist etwa die Zubereitung von Salben für Apotheken ein Zuschussgeschäft. Die Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum ist bislang gar nicht Teil der Vergütung. 
Künftig sollte die Vergütung der Leistung folgen, ohne Anreize zur übermäßigen Ausweitung zu schaffen. Bislang sind die Vergütungsbestandteile für die verschiedenen Leistungsaspekte wie Distribution, Beratung oder Zubereitung im Apothekenaufschlag auf das abgegebene Arzneimittel enthalten. Würden diese voneinander getrennt, könnte beispielsweise eine zielgenauere Sicherstellung der Versorgung im ländlichen Raum vorgenommen werden.