Blüte einer Cannabispflanze
Cannabis

Wunderpflanze Cannabis – was Hanf und seine Inhaltsstoffe so besonders macht

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Tanja Peschel (Master of Science Molekulare Medizin, medproduction GmbH)
  • Dr. med. Martin Waitz (Arzt, medproduction GmbH)

Seit Forschende vor einigen Jahrzehnten damit begonnen haben, die Cannabispflanze genauer zu untersuchen, gab es zahlreiche überraschende Erkenntnisse. So enthält die Hanfpflanze über 500 Substanzen, davon über 100 sogenannte Phytocannabinoide. Die bekanntesten Inhaltsstoffe sind THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Aber auch eine Reihe von Nicht-Cannabinoiden (Terpene, Flavonoide und Stickstoffverbindungen) sind in der Hanfpflanze zu finden und vervollständigen das Repertoire an Wirkstoffen. 

Die Hanfpflanze stammt vermutlich aus Asien und gilt als eine der ältesten Kultur- und Nutzpflanzen des Menschen. Archäologische und schriftliche Hinweise zeigen, dass Hanfseile schon vor 10.000 Jahren eingesetzt wurden. Schriftstücke aus China, Indien und Ägypten beschreiben die Nutzung von Cannabis als Rauschmittel und Therapeutikum vor etwa 4.000 Jahren. Nachdem Cannabis über Jahrtausende von Menschen auf vielfältige Weise genutzt wurde, geriet die Pflanze im 20. Jahrhundert jedoch in die Kritik. 

Als Droge eingestuft, wurde ihre Verwendung als Rauschmittel fast weltweit verboten und die legale Nutzung stark eingeschränkt. Selbst Nutzhanf wurde weitgehend von den Feldern verbannt. Nur langsam erfolgten in den letzten Jahren neue Bewertungen und Freigaben, um den Nutzhanfanbau wieder zu fördern und Cannabis auch als Genussmittel und Medizin zu rehabilitieren. In diesem Artikel schauen wir uns die Geschichte, die Eigenschaften und die zahlreichen Inhaltsstoffe von Cannabis genauer an. 

Cannabis – die Pflanze

Cannabis ist der lateinische Name für die Hanfpflanze. Die Begriffe können also synonym verwendet werden. Noch immer herrscht keine Einigkeit darüber, ob es in der Familie der Cannabisgewächse mehrere Arten gibt. Unterschieden werden unter anderem Cannabis sativa, Cannabis indica und Cannabis ruderalis. In Forscherkreisen gibt es zwei Lager: Während die einen vermuten, dass es sich um eine einzige Art (Cannabis sativa) mit mehreren Variationen handelt, fordern andere eine Unterteilung in die beiden Arten Cannabis sativa und Cannabis indica. 

Sativa-Pflanzen erreichen mitunter eine Höhe von bis zu drei Metern und haben schmale Blätter. Pflanzen vom Typ Indica werden nicht so hoch und haben breitere Blätter. Sind die Umgebungsbedingungen ähnlich, wachsen und reifen Indica-Pflanzen schneller heran als Sativa-Sorten. Die beiden „Arten“ unterscheiden sich auch im Geruch. Dieser ergibt sich aus bestimmten Kombinationen von Terpenen, Duftstoffen in den weiblichen Cannabisblüten. Mehr Informationen zu Terpenen und weiteren Inhaltsstoffen.

Die Cannabispflanze ist zweihäusig. Das bedeutet, es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Weibliche Pflanzen bringen Blüten hervor, „Buds“ genannt, die drüsenartige Strukturen (Trichome) enthalten, in denen die Cannabinoide und Terpene erzeugt werden. Männliche Pflanzen bilden mit Pollen gefüllte Säckchen, mit denen weibliche Pflanzen befruchtet werden können. Geschieht das, bilden sich Samen, aus denen neue Cannabispflanzen wachsen. 

Bei der Produktion von Cannabis zu medizinischen Mitteln und Rauschmitteln wird die Befruchtung der Pflanzen vermieden. Benötigt werden ausschließlich die weiblichen Pflanzen, denn nur sie produzieren die Cannabinoide, die für die Wirkungen von Cannabis verantwortlich sind. Sobald das Geschlecht der Pflanzen während des Anbaus unterschieden werden kann, werden die männlichen Pflanzen entfernt. 

Cannabis als Rauschmittel – Herkunft und Geschichte

Die Geschichte der Verwendung von Cannabis als Rauschmittel ist lang. Aufzeichnungen, die diese Art der Nutzung belegen, reichen etwa 4.000 Jahre bis nach Indien und China zurück. Dort galt die Pflanze als heilig und wurde im Rahmen religiöser Riten verwendet. Im Laufe der Jahrtausende wurde Cannabis stets sowohl zu therapeutischen Zwecken als auch als Rauschmittel verwendet.

 Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Cannabis im Rahmen der zweiten Opiumkonferenz als Droge eingestuft und der Handel und Konsum begrenzt. Seit einiger Zeit vollzieht sich jedoch ein Wandel. In verschiedenen Ländern werden inzwischen Gesetze geschaffen oder diskutiert, um den Konsum von Cannabis zu Genusszwecken zu legalisieren oder zumindest zu entkriminalisieren. 

Cannabisblüten sind auch unter Bezeichnungen wie Gras, Weed und Marihuana bekannt. Wird das von den weiblichen Pflanzen produzierte Harz geerntet und gepresst, spricht man von Haschisch. Aktuell wird geschätzt, dass rund 4 Prozent der Weltbevölkerung oder 200 Millionen Menschen Cannabis konsumieren.

Die Geschichte von Cannabis als Medizin 

Die Verwendung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken wurde erstmals in China erwähnt. Von Indien gelangte die Kunde der Cannabiswirkung ins alte Persien sowie in das Assyrische Reich. Von dort verbreitete sich das Wissen über die folgenden Jahrhunderte weiter zu den Skythen, bis ins alte Griechenland und Rom und nach Afrika und in den Mittleren Osten. 

Im mittelalterlichen Europa waren Nonnen und Mönche die Heilkundigen. Sie wussten auch um die heilsamen Wirkungen von Cannabis. Erste Erwähnungen finden sich in den Schriften der Benediktinerin Hildegard von Bingen. Sie beschrieb nachweislich die Wirkungen von Cannabis als sinnvoll für die Behandlung von Geschwüren und Wunden, bei rheumatischen und Atemwegserkrankungen sowie bei Magen-Darm-Beschwerden und Übelkeit. Auch die schmerzstillenden Eigenschaften erwähnt sie in ihren Schriften. 

In Europa galt Cannabis im 19. Jahrhundert regelrecht als Allheilmittel. Cannabisextrakte wurden in Apotheken hergestellt und verkauft. Zwischen 1842 und 1900 basierte die Hälfte aller verkauften Medikamente auf Cannabis. Es ersetzte Opium bei der Behandlung von Kopfschmerzen und Migräne, Nervenschmerzen, Rheuma, (epileptischen) Anfällen und Krämpfen. 

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Cannabis – die Inhaltsstoffe

Mehr als 500 unterschiedliche chemische Verbindungen wurden in unterschiedlichen Cannabissorten nachgewiesen. Herausstechend und namensgebend sind die Cannabinoide. Mehr als 120 verschiedene wurden inzwischen identifiziert. Nur wenige davon sind bisher erforscht. Das meiste Wissen wurde zum psychoaktiven und rauscherzeugenden Cannabinoid THC (Tetrahydrocannabinol) gesammelt. Ebenfalls im Fokus der Forschung steht das zweithäufigste Cannabinoid, das CBD (Cannabidiol). Daneben gibt es weitere Inhaltsstoffe, die für den Geruch, Geschmack und die Wirkungen der einzelnen Sorten mitverantwortlich sind, vor allem die Terpene und Flavonoide.

Cannabispflanzen haben verschiedene Inhaltsstoffe, die für Geruch, Geschmack und Wirkung verantwortlich sind.

Cannabispflanzen haben verschiedene Inhaltsstoffe, die für Geruch, Geschmack und Wirkung verantwortlich sind.

Cannabinoide – die wichtigsten Wirkstoffe

Cannabinoide, die von Pflanzen wie der Cannabispflanze hergestellt werden, heißen auch Phytocannabinoide. Bis jetzt sind mehr als120 verschiedene (Phyto-)Cannabinoide identifiziert worden. Allen gemeinsam ist ein charakteristisches chemisches Grundgerüst. Die Cannabinoide, die neben THC und CBD am häufigsten vorkommen, sind Cannabinol (CBN), Cannabigerol (CBG), Cannbichromen (CBC) und einige weitere. 

Phytocannabinoide können im menschlichen Körper an bestimmte Rezeptoren, die Cannabinoidrezeptoren, andocken und auf diese Weise Wirkungen erzeugen. Je nachdem, welche Rezeptoren angesteuert werden und welche biochemische Reaktion dadurch ausgelöst wird, sind die Wirkungen unterschiedlich. Welche Effekte THC und CBD im Körper haben. Von einigen anderen Cannabinoiden sind Wirkmechanismen in Teilen bekannt, viele andere sind noch nicht erforscht. 

Terpene – der Duft von Cannabis 

Terpene sind eine große Gruppe chemischer Verbindungen, die von Natur aus in Pflanzen vorkommen. Sie gehören zu den sogenannten sekundären Pflanzenstoffen. Für Pflanzen spielen sie eine wichtige Rolle, weil sie beispielsweise die Interaktion mit Tieren beeinflussen. Was abstrakt klingt, bedeutet beispielsweise, dass Pflanzen Duftstoffe aussenden, die bestimmte Insekten für die Bestäubung anlocken. Aber auch zur Abschreckung von Fressfeinden werden Terpene von Pflanzen eingesetzt. Häufig handelt es sich um ätherische Öle. In der Cannabispflanze sind sie für das typische Cannabisaroma verantwortlich. 

Mehr als 150 unterschiedliche Terpene sind bekannt, jedes mit einer eigenen Duftnote, Geschmack und – wahrscheinlich – medizinischen Wirkungen. Es gibt einige Terpene isoliert als ätherische Öle, wie beispielsweise das Linalool, das für den typischen Geruch von Lavendel verantwortlich ist. 

Von Lavendel weiß man um seine beruhigende, schlaffördernde Wirkung. Doch nicht über jedes Terpen ist bekannt, welche medizinische Wirkung es hat. Dennoch ist davon auszugehen, dass bestimmte Eigenschaften von unterschiedlichen Cannabissorten von der Mischung der Terpene abhängt und nicht nur von Cannabinoiden. 

Zu den häufigsten der in Cannabis enthaltenen Terpene gehören Limonen, (Beta-)Myrcen, (Alpha-)Pinen, Linalool, (Beta-)Caryophyllen und Humulen. 

Flavonoide in Cannabis

Flavonoide sind ebenfalls in Cannabispflanzen enthalten – allerdings auch in jeder anderen Pflanze. Sie gehören wie die Terpene zu den sekundären Pflanzenstoffen. Flavonoide sind für die Farben von Obst und Gemüse, aber auch von Blüten verantwortlich. Auch typische Gerüche wie beispielsweise der von Zwiebeln werden durch Flavonoide erzeugt. In der Pflanze erfüllen Flavonoide, ebenso wie Terpene, wichtige Aufgaben. So helfen sie beispielsweise dabei, schädliche und aggressive Moleküle zu neutralisieren und auf diese Weise die Pflanze zu schützen.

Über einige der in der Cannabispflanze gefundenen Flavonoide ist bekannt, dass sie entzündungshemmende und krebshemmende Wirkung haben. Die Cannabinoide, allen voran THC und CBD, haben zwar eine wichtige Funktion für die Wirkung von Cannabis. 

Sehr wahrscheinlich macht aber erst das Zusammenwirken mit Terpenen und Flavonoiden das Wirkspektrum komplett. Vermutungen darüber gibt es schon länger. Gemeint ist der sogenannte Entourage-Effekt. Das bedeutet, dass die Effekte der unterschiedlichen Substanzen sich gegenseitig beeinflussen, verstärken oder auch abschwächen, sodass eine spezifische medizinische Wirkung entsteht. 

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