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Schlafwandel: Gefährliches Umherirren im Tiefschlaf

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Während andere tief und fest schlafen, gehen sie auf Wanderschaft. Schlafwandler stehen nachts auf, irren durch die Wohnung, mit leicht geöffneten Augen, aber reaktionslos und scheinbar fest schlafend. Wenn alles gut geht, legen sie sich nach kurzer Zeit wieder ins Bett und wissen am nächsten Morgen nichts von ihren nächtlichen Aktivitäten. Gefährlich wird es, wenn Schlafwandler Treppen hinunterfallen, über die Balkonbrüstung klettern oder auf die Straße laufen. Was steckt hinter diesem Phänomen und was kann man tun, um sich selbst und andere vor schlimmen Folgen zu schützen?

Mehr Kinder als Erwachsene betroffen

Schlafwandeln, im medizinischen Fachjargon „Somnambulismus“ genannt (von lateinisch somnus gleich Schlaf und ambulare gleich wandern) ist eine Schlafstörung, die besonders bei Kindern häufiger auftritt, wie mitunter angenommen wird. Ärzte schätzen, dass etwa zehn bis 30 Prozent aller Kinder mindestens einmal in ihrem Leben eine Schlafwandel-Episode erleben. Mit Erreichen der Pubertät lässt das Schlafwandeln dann merklich nach. Bei Erwachsenen tritt das Phänomen deutlich seltener auf. Rund ein bis sieben Prozent irren zumindest einmalig nachts umher.

Verschiedene Ursachen und Auslöser

Für das Schlafwandeln machen Mediziner und Schlafforscher mehrere Ursachen verantwortlich. „Ein Faktor, der beim Schlafwandeln eine Rolle spielt, ist der Reifegrad des zentralen Nervensystems. Das erklärt auch, warum unter den nächtlichen Schlafwandlern deutlich mehr Kinder als Erwachsene sind“, so Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer. Beim Schlafwandeln erwacht ein Bereich des Gehirns, während der andere weiter schläft. Das haben Studien ergeben, bei denen die nächtliche Hirnaktivität von Testpersonen im Rahmen einer Elektroenzephalografie (EEG) gemessen wurde. Dabei waren genau die Bereiche des Gehirns, die für die Bewegung zuständig sind, so aktiv wie im Wachzustand. Andere Gehirnareale, die beispielsweise für das Speichern von Erinnerungen oder für die Wahrnehmung der Umwelt verantwortlich sind, verblieben laut der Messungen dagegen im Tiefschlaf. Das erklärt, warum sich Schlafwandler nach ihrer nächtlichen Wanderung an nichts mehr erinnern.

Risikofaktoren Stress und seelische Belastung

Im Erwachsenenalter geht Schlafwandel dagegen oft mit Stress, seelischen Belastungen oder Schlafmangel einher. Auch übermäßiger Alkoholkonsum oder bestimmte Medikamente gelten als Auslöser. Zudem wurde eine Häufung zum Schlafwandeln bei familiärer Vorbelastung ausgemacht. „In jedem Fall sollte ein qualifizierter Arzt zu Rate gezogen werden, der den körperlichen und auch seelischen Ursachen für Schlafwandel auf den Grund geht. Es könnten auch Krankheiten wie eine Epilepsie, Hirnerkrankungen oder eine psychische Krankheit dahinter stecken, die gezielt behandelt werden müssen“, rät Marschall. Helfen können auch Entspannungsübungen vor dem Schlafengehen. Hier bietet sich progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga an. Informationen für bestimmte Kursangebote gibt es bei den Krankenkassen.

Schlafwandler nicht aufwecken

Schlafwandler sollte man übrigens nicht anschreien und aufwecken. Viele erschrecken dabei, reagieren verwirrt und die Unfallgefahr steigt. Besser ist es, vorsichtig und ruhig zu versuchen, den Betroffenen wieder ins Bett zu bugsieren. Um Verletzungen und Unfälle zu vermeiden, sollten keine Stolperfallen herumliegen und keine zerbrechlichen Gegenstände in der Wohnung stehen. Vor dem Schlafengehen Treppen sichern sowie Fenster und Türen abschließen.