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Barmer fordert Zusammenführung von 116 117 und 112 und Reform der Notfallversorgung

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Erfurt, 18. Oktober 2018 – Die Notfallversorgung muss für Patienten einfacher organisiert werden, damit eine reibungslose Behandlung erfolgen kann, fordert die Barmer in Thüringen. Es gebe derzeit keine regelhafte Kooperation zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie dem Rettungsdienst in Thüringen, weshalb zunehmend Bagatellfälle in den Kliniken behandelt werden. „Daraus können wir aber den Patienten keinen Vorwurf machen. Es fängt schon mit der Unsicherheit an, wähle ich die 116 117 für den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder bin ich krank genug für die 112. Deshalb sollten beide Nummern zusammengelegt werden, damit eine kompetente Einschätzung und bedarfsgerechte Behandlung erfolgen kann“, forderte Landesgeschäftsführerin Birgit Dziuk heute beim Barmer-Krankenhausforum in Erfurt.

Ein Indiz für die Fehlversorgung ergibt sich aus der rasanten Entwicklung der stationären Notaufnahmen in Thüringen: Zwischen 2013 und 2016 ist ein Anstieg um 11 Prozent auf 275.000 Behandlungsfälle zu verzeichnen, während die Fallzahlen des KV-Notdienstes mit 270.000 etwa stabil blieben. 

Portalpraxen in Nordthüringen seit einem Jahr am Netz

Vorschläge zur Reform der Notfallversorgung hat der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen (SVR) im Juli vorgestellt, darunter integrierte Leitstellen, eine telefonische Triage, leitliniengestützte Notfallalgorithmen sowie lokal adaptierte Versorgungspfade. Die Versorgung erfolge derzeit nicht bedarfsgerecht, vermehrt seien ambulant gut behandelbare Patienten in Kliniken und „blockieren so mit vergleichsweise harmlosen Beschwerden spezialisierte Behandlungskapazitäten“, heißt es in dem SVR-Gutachten. Darauf aufbauend werden integrierte Notfallzentren mit einem „Tresen“ zur koordinierten Patientensteuerung gefordert.

Ein erstes Pilotprojekt für eine solche sektorenübergreifende Anlaufstelle von Kassenärztlicher Vereinigung und einem Krankenhaus ging vor einem Jahr, im Herbst 2017, an den DRK-Kliniken in Sömmerda, Sondershausen und Bad Frankenhausen ans Netz. Dort werden Patienten in der sogenannten Portalpraxis je nach Schweregrad der Erkrankung eingestuft (triagiert) und entweder ambulant oder stationär versorgt. „Dem Patienten wird geholfen, und im Hintergrund wird geklärt, welche Versorgungsschiene zuständig ist. Wir brauchen daher mehr Portalpraxen von Ärzteschaft und Krankenhäusern unter gemeinsamer Regie in Thüringen. Bisher basiert die Kooperation an vielen Kliniken eher auf medizinischer Kollegialität als auf geregelten Abläufen und gemeinsamer Finanzierung“, so Dziuk. Um das Konzept der Portalpraxis weiterzuentwickeln, brauche man aber auch ein städtisches Krankenhaus, um einen Vergleich mit den ländlichen Strukturen rund um die DRK-Kliniken zu ziehen. 

Gemeinsame Bedarfsplanung anstreben

Neben einer sektorenübergreifenden Notfallversorgung fordert Dziuk auch eine gemeinsame Bedarfsplanung: „Bisher werden Krankenhaus und ambulante Versorgung getrennt geplant und organisiert. Wir müssen beide Bereiche und die Kapazitäten besser aufeinander abstimmen.“ Die bestehenden Defizite führen auch zu Über-, Fehl- und Unterversorgung, wie auch im Barmer-Krankenhausreport abzulesen ist. Demnach waren die Thüringer im Jahr 2017 bundesweit am häufigsten im Krankenhaus. Auf 1000 Versicherte kamen im Schnitt 243 stationäre Aufenthalte, dagegen in Baden-Württemberg nur 174 und in Hamburg 184.

Die Grafik zeigt die Krankenhausaufenthalte je 1.000 Versicherte nach Bundesländern im Jahr 2017

Krankenhausaufenthalte je 1.000 Versicherte nach Bundesländern im Jahr 2017