STANDORTinfo für Rheinland-Pfalz und Saarland

Pflege durch Angehörige dominiert

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Fast jeder zweite Pflegebedürftige in Rheinland-Pfalz (49,8 Prozent) und im Saarland (48,6 Prozent) lässt sich ausschließlich von Angehörigen versorgen. Das zeigt der Pflegereport der Barmer, den die Universität Bremen erstellt hat. Nur in Hessen und Berlin ist der Anteil der Pflegebedürftigen, die sich ausschließlich durch Angehörige versorgen lassen, an allen Pflegebedürftigen höher als in Rheinland-Pfalz. „Bei den Rheinland-Pfälzern und Saarländern hat die häusliche Pflege durch Angehörige einen hohen Stellenwert“, erklärt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

Nach den Worten der Landesgeschäftsführerin erscheine offenbar vielen Rheinland-Pfälzern und Saarländern die Pflege in Heimen oder durch ambulante Pflegedienste weniger attraktiv. In Rheinland-Pfalz (21,3 Prozent) und im Saarland (21,2 Prozent) lässt sich laut Report nur jeder fünfte Pflegebedürftige ambulant pflegen. Einzig in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg ist der Anteil der Menschen, die sich ambulant pflegen lassen, an allen Pflegebedürftigen geringer. Rund drei von zehn pflegebedürftigen Rheinland-Pfälzern (28,9 Prozent) und Saarländern (30,2 Prozent) erhalten stationäre Pflege.

Pflegeangebote spiegeln Bedarf an Pflegeform wider

Die Einschätzungen der Barmer Landesgeschäftsführerin spiegeln sich in den Pflegeangeboten der beiden Bundesländer wider. Mit 36,7 Heimplätzen pro 100 Pflegebedürftige liegt Rheinland-Pfalz (Saarland: 36,6) bei der stationären Versorgung beim Ländervergleich mit Platz fünf im vorderen Mittelfeld. Hingegen sind in kaum einem anderen Bundesland die personellen Kapazitäten der ambulanten Pflegedienste geringer als in Rheinland-Pfalz. Laut Report kommen in dem Bundesland auf 100 Pflegebedürftige 6,5 Pflegekräfte. Damit liegt Rheinland-Pfalz im Ländervergleich deutlich hinter Spitzenreiter Berlin (14,3 Pflegekräfte) und unter dem Bundesdurchschnitt (7,9 Pflegekräfte). Nur im Saarland (5,5 Pflegekräfte) und in Baden-Württemberg gibt es weniger personelle Kapazitäten.

„Beeinflusst wird die Form der Pflege zudem von der Einkommenshöhe der Pflegebedürftigen und davon, wie gut familiäre Netzwerke Pflege zuhause bewältigen können oder überhaupt wollen“, erläutert die Landesgeschäftsführerin. Bei geringem Einkommen würden die privaten Zuzahlungen die Wahrscheinlichkeit mindern, dass ein Pflegebedürftiger im Heim gepflegt wird.

Reportautoren sagen ansteigende Zahl der Pflegebedürftigen vorher

Die Autoren des Pflegereports prognostizieren für Rheinland-Pfalz und das Saarland, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigen wird. Gab es 2015 noch 123.000 Pflegebedürftige in Rheinland-Pfalz (Saarland: 35.000), werden es 2060 schon 198.000 (Saarland: 47.000) sein. Das entspricht einem Anstieg von 61 Prozent (Saarland: 34 Prozent). Frauen sind dabei aktuell wie auch künftig öfter von Pflege betroffen als Männer. Die Zahl der pflegebedürftigen Frauen in Rheinland-Pfalz steigt laut Report bis 2060 von 80.000 auf 127.000 (Saarland: 23.000 auf 30.000), die der Männer von 44.000 auf 72.000 (Saarland: 12.000 auf 17.000).

Aufgrund des sinkenden Potenzials an Erwerbspersonen in Rheinland-Pfalz schätzen die Reportautoren die personelle Lücke zur Versorgung von Pflegebedürftigen allein bis zum Jahr 2030 auf 15.000 Vollzeitarbeitskräfte ein (Saarland: 4.000). Laut Statischem Bundesamt (Stand 2013) gibt es bei ambulanten Pflegediensten 12.600 Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz (Saarland: 3.355), rund ein Viertel davon (Rheinland-Pfalz: 26,8 Prozent, Saarland: 23,9 Prozent) arbeitet in Vollzeit, alle übrigen in Teilzeit. Beim Personal der stationären Pflegeeinrichtungen zählen die Statistiker 31.509 Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz (Saarland: 9.479). Von ihnen arbeiten 29,3 Prozent in Vollzeit (Saarland: 39,7 Prozent), alle anderen in Teilzeit.

Familiengesundheitspfleger bietet individuelle Beratung

„Die Pflegekassen sind vor allem als Impulsgeber für gute Ideen gefordert“, betont Kleis. So biete die Barmer bislang als einzige Kasse individuelle Beratung durch Familiengesundheitspfleger. Kurse für pflegende Angehörige seien besonders sinnvoll, da dabei nicht nur wichtiges Wissen vermittelt, sondern auch ein Austausch der Betroffenen untereinander ermöglicht werde.

„Eine effiziente Pflegeunterstützung sollte aber nicht nur von der Mitgliedschaft in einer bestimmten Krankenkasse abhängig sein. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Betroffenen in schwierigen Lebenssituationen uneingeschränkt die Unterstützung erhalten, die sie benötigen“, sagt Kleis. Die Barmer berät pflegende Angehörige persönlich, aber auch online unter www.pflegen-und-leben.de.