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Barmer-Krankenhausreport 2019: Rund eine Million Blutkonserven vermeidbar

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Braunschweig, 10.12.2019 – Der Barmer Krankenhausreport 2019 widmet sich dem Schwerpunktthema Patient Blood Management (PBM). Allein im Jahr 2017 wurden demnach hierzulande mehr als 3,2 Mio. Blutkonserven eingesetzt, rund 300.000 davon in Niedersachsen – damit ist Deutschland Spitzenreiter beim Verbrauch von Spenderblut pro Kopf. Patient Blood Management als spezielles Behandlungskonzept zur Stärkung der körpereigenen Blutreserven kann jedoch dazu beitragen, dass Risiken und Nebenwirkungen von Transfusionen reduziert werden und Krankenhäuser bis zu einer Million Blutkonserven pro Jahr einsparen. „Im Sinne der Patientensicherheit sollten Bluttransfusionen so sparsam wie möglich eingesetzt und das Patient Blood Management konsequent umgesetzt werden, wie beispielsweise im Herzogin Elisabeth Hospital Braunschweig“, so Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der Barmer, bei der Vorstellung des Reports.

Weniger Transfusionen und geringere Sterblichkeit bei Operationen

Drei Säulen charakterisieren das medizinische PBM-Konzept: Neben der Behandlung von Anämie-Patienten vor einem planbaren Eingriff wird der Blutverlust während eines Klinikaufenthaltes insgesamt reduziert. Dazu wird dem Patienten zum Beispiel zu diagnostischen Zwecken so wenig Blut wie möglich abgenommen. Transfusionen kommen zudem erst bei dringendem Bedarf zum Einsatz. Die Auswertungen des Reports zeigen, dass Anämie-Patienten bei operativen Eingriffen häufiger Bluttransfusionen erhalten als Personen ohne Blutarmut. „So weisen Anämie-Patienten zum Beispiel bei einer Herzkranzgefäß-Operation unmittelbar nach dem Eingriff eine Sterblichkeitsrate von rund vier Prozent auf, Patienten ohne Anämie jedoch nur zwei Prozent“, so Sander. Deshalb fordert die Kassenchefin, dass planbare Operationen möglichst nur noch nach einer Behandlung der Blutarmut erfolgen sollten. Damit könnten die Ergebnisse operativer Eingriffe deutlich verbessert und bei bestimmten Eingriffen die Sterblichkeitsrate gesenkt werden. Die Anwendung des PBM leistet damit einen Beitrag zum bedachten Einsatz von Fremdbluttransfusionen, zur Vermeidung von Risiken und Nebenwirkungen einer Transfusion, und damit zur Steigerung der Patientensicherheit. Insbesondere die rund eine halbe Million Menschen mit Blutarmut in Niedersachsen mit einem planbaren operativen Eingriff profitieren von diesem Vorgehen.

Deutliche regionale Unterschiede bei Transfusionsquoten

Den Reportergebnissen zufolge gibt es zudem deutliche regionale Unterschiede bei den Transfusionsraten. In Bremen erhielten zum Beispiel 6,4 Prozent der Patientinnen und Patienten bei einer Operation Bluttransfusionen. Deutschlandweit und in Niedersachsen waren es 6,6 Prozent. In anderen Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern wurden knapp acht Prozent erreicht. „Über die Gründe dieser regionalen Unterschiede lässt sich nur spekulieren. Womöglich werden jeweils unterschiedlich stark blutsparende Operationstechniken eingesetzt. Ein Grund könnten auch verschiedene Grenzwerte sein, die bestimmen, ab welchem Blutverlust eine Blutkonserve bereits transfundiert wird“, betonte Sander. Insgesamt zeige sich aber ein positiver Trend, denn seit dem Jahr 2009 sei in allen Bundesländern ein Rückgang bei Bluttransfusionen zu verzeichnen.

Glossar: Warum Patient Blood Management?

Das medizinische Konzept des Patient Blood Management (PBM) setzt schon vor dem Eingriff an, um die Patientensicherheit zu steigern. Das Gesamtkonzept besteht dabei aus über 100 Einzelmaßnahmen, die sich in drei Säulen bündeln lassen.

Säule 1 Anämie erkennen und behandeln

Zentrale Maßnahmen der ersten Säule stellen die Diagnose und Behandlung einer Anämie dar. Damit sollte bereits im Vorfeld von planbaren Operationen mit hoher Transfusionswahrscheinlichkeit begonnen werden. Bei planbaren Eingriffen handelt es sich um Operationen, die keine Notfälle sind und um einen gewissen Zeitraum verschoben werden könnten. Die Therapie der Anämie ist dabei gemäß der Ursache zu wählen. Es sollten Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten beachtet werden.

Säule 2 Blutverlust vermeiden

Die zweite Säule des PBM zielt auf die Minimierung von Blutverlust und den Einsatz fremdblutsparender Maßnahmen ab. Vor Operationen sollte das Blutungsrisiko abgeklärt werden. Darüber hinaus können kleinere Entnahmeröhrchen Blutverluste verringern, Abläufe bei Operationen im Hinblick auf minimale Blutverluste optimiert und während der Operation blutsparende chirurgische Techniken wie zum Beispiel minimalinvasive Eingriffe sowie blutstillende Mittel verwendet werden. Gleichzeitig können Maßnahmen zur Bluterhaltung erwogen werden, wie beispielsweise die maschinelle Autotransfusion.

Säule 3 Blutkonserven rational einsetzen

Die dritte Säule des PBM umfasst Maßnahmen, die auf einen rationalen Einsatz von Blutkonserven abzielen. Es soll ein starkes Bewusstsein für eine sorgfältige Abwägung bezüglich der Entscheidungen über Bluttransfusionen geschaffen werden. Erst wenn rationale Kriterien erfüllt sind, sollte eine Bluttransfusion verabreicht werden. Mehr unter www.patientbloodmanagement.de