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STANDORTinfo für Mecklenburg-Vorpommern

Digitalisierung des Gesundheitswesens aus der Perspektive der Barmer

Lesedauer unter 5 Minuten

Hätten wir uns vor nur zehn Jahren vorstellen können, dass das Mobiltelefon heute am wenigsten zum Telefonieren genutzt wird? Selbst im Urlaub verzichtet man auf das Mitnehmen einer Kamera – im Mobiltelefon ist sie integriert und macht gute Bilder. Übrigens auch von der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die per Foto an die Barmer übermittelt werden kann.

Die Digitalisierung ist längst in unserem Alltag angekommen und betrifft alle Lebensbereiche. Mit dem technischen Fortschritt im Alltag sind die Kundenerwartungen hinsichtlich Bequemlichkeit, Verfügbarkeit und Service gestiegen. Sie ändern sich durch neue, digitale Angebote radikal. Das gilt sowohl für die Dienstleistungen einer Krankenkasse als auch für die medizinische Versorgung.

Das Gesundheitswesen hinkt in der Digitalisierung (noch) hinterher

Im Vergleich zu anderen, ebenfalls stark regulierten Branchen wie Finanz- und Versicherungsdienstleister sind Ärzte, Pharmaindustrie, Krankenhäuser und Kassen noch (zu) wenig digitalisiert. Hürden für die Digitalisierung des Gesundheitswesens sind zum einen die starke Fragmentierung des Systems und seiner Akteure und zum anderen hohe regulatorische Hemmnisse. Außerdem sind die Kosten und der Nutzen sehr ungleich verteilt. Ein trauriges Beispiel dafür ist die elektronische Gesundheitskarte (eGK), die immer noch nicht den Stand erreicht hat, für den sie eigentlich konzipiert war. Die Hamburger Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz, Cornelia Prüfer-Storcks, hat die eGK jüngst als den ‚Berliner Flughafen des Gesundheitswesens‘ bezeichnet.

Das Gesundheitswesen wird zum Marktplatz

Die Digitalisierung ermöglicht es den Patienten, eine aktivere Rolle einzunehmen. Und die Kunden nehmen die neuen Angebote an. Allein der Anteil an Wearables (engl. tragbare Datenverarbeitung) wächst jährlich um 27 Prozent. Immer mehr Menschen nutzen Schritt- und Kalorienzähler und messen ihren Puls oder auch ihren Schlafzyklus. Ärzte können bewertet werden (z. B. Jameda, Barmer Arztnavi), Preisvergleiche nicht verschreibungspflichtiger Medikamente durchgeführt und Termine beim Arzt online vereinbart werden. Die Patienten handeln zunehmend selbst bestimmt.

Kundenerwartungen

Kunden erwarten digitale Produkte und Services, die Ihnen tatsächliche Mehrwerte und Entlastungen bringen. Sie erwarten eine moderne Gesundheitsversorgung und vertrauen auf eine einheitliche Qualität über alle Kanäle. Dabei wollen sie selbst entscheiden, wie und wo sie mit einer Krankenkasse in Kontakt treten. Einfache Anliegen müssen über alle Kanäle erledigt werden können. Der mündige Patient möchte darüber hinaus aktiv in die Versorgung einbezogen werden, seine Daten sammeln und einsehen können und digitale Angebote selbst wählen.

Den Wandel mitgestalten

Dass die Digitalisierung das Gesundheitswesen stark verändern wird, steht außer Frage. Die Akteure müssen sich die Frage stellen, ob sie den Wandel gestalten oder Getriebene sein wollen. Die Barmer hat sich entschieden, Gestalter des digitalen Wandels zu sein und in den Bereichen digitale medizinische Innovationen, digitale Serviceangebote und digitale Organisations- und Prozessstrukturen neue Angebote entwickelt und Arbeitsabläufe optimiert.

Am Beispiel Telemedizin wird deutlich, wie dies konkret in der Praxis aussehen kann: Das Barmer-Programm PädExpert ist ein telemedizinisches Konsiliararztsystem, das die Arbeit von allgemeinen Kinderärzten und Fachärzten bei schwierigen medizinischen Fragestellungen vernetzt. Über eine geschützte Online-Kommunikation kann sich der Kinder- und Jugendarzt während der Behandlung mit dem fachärztlich tätigen Pädiatrie-Experten (z. B. Kinder-Rheumatologe, Kinder-Hämatologe) zur Diagnostik- und Therapieunterstützung austauschen. Dies verbessert die Behandlung und spart Zeit und Wege.

Digitale Service-Angebote

Mittlerweile gibt es bei der Barmer eine Reihe von digitalen Service-Angeboten. In erster Linie sind die Apps zu nennen, mit denen einfache Anliegen schnell erledigt werden können (z. B. das eingangs erwähnte Fotografieren und Übersenden von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Außerdem können u. a. bestimmte Leistungsanträge ausgefüllt oder persönliche Daten geändert werden). Über die Barmer-Teledoktor-App stehen medizinische Experten rund um die Uhr Rede und Antwort – per Telefon, per Chat sowie per Messenger-Funktion: Damit können Dateien oder Fotos an den Teledoktor hochgeladen und versandt werden. Mit der Termin-Funktion können Versicherte im Rahmen des Wartezeitenmanagements Anfragen senden, Termine vorverlegen oder neu vereinbaren.

In vielen Bereichen sind Organisations- und Prozessstrukturen bei der Barmer bereits digitalisiert. Intelligente Prozesse ermöglichen es, dass bestimmte Routine-Aufgaben ohne das Eingreifen von Mitarbeitern erledigt werden (Dunkelverarbeitung).
Das Effizienzpotential von eHealth-Lösungen wird laut PwC-Studie immerhin auf 39 Mrd. Euro beziffert. Das sind ca. 12 Prozent der gesamten GKV-Kosten des Jahres 2014. Es wäre mehr als wünschenswert, diesen Betrag in die Versorgung der Patienten investieren zu können.

Digitale Kooperationen

Die Barmer geht neue Wege, um Innovationen zu fördern. Dazu ist sie eine Kooperation mit einem europaweit tätigen Venture Capital Fonds eingegangen, um sich aktiv an der Entwicklung von Innovationen zu beteiligen. Damit kann eine große Anzahl an vielversprechenden Geschäftsideen frühzeitig gesichtet werden. Gleichzeitig kann die Barmer ein großes Maß an Erfahrungen über die Funktionsweise und die Anforderungen des Gesundheitssystems einbringen. Dies ist wichtig, damit das Ziel erreicht werden kann: Gesundheitsinnovationen voranzutreiben und vielversprechenden Lösungen zur Marktreife zu verhelfen.

Neue Diagnose- und Behandlungsmethoden

In der Medizin ist der Fortschritt schon angekommen. Neue Diagnose- und Behandlungsmethoden setzen sich mehr und mehr durch. Telemedizinische Unterstützung, Videosprechstunden, der Austausch von Röntgenbildern, Fernabfragen von Schrittmachern oder Diabeteslesegeräten ist keine Science Fiction mehr sondern Realität.

Auch die eingangs angesprochenen Wearables übernehmen medizinisch sinnvolle Funktionen: so kann die dauerhafte Erfassung der Medikamenteneinnahme erleichtert werden und „vernetzte“ Textilien können vor einem Herzinfarkt warnen. Experten vermuten, dass bald Sensoren marktreif sind, die z. B. an der Unterseite einer Smart Watch platziert sind – und mithilfe von Licht den Blutzuckerwert auf der Haut bestimmen können.

Der nächste Schritt: ein Wearable, das automatisch die richtige Menge Insulin verabreicht. Darüber hinaus würde diese Technik es in Zukunft ermöglichen, viele weitere Körperwerte von außen zu bestimmen.

Unter dem Stichwort „Internet der Dinge“ gibt es bereits sensorunterstützte Wohnräume mit elektronischer Assistenz, die beispielsweise älteren Menschen ermöglichen, länger in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben. Für diese Menschen ist auch die zunehmende Sensorik und Intelligenz in künstlicher Robotik, z. B. mit Exoskeletten, eine Möglichkeit, um länger als bisher selbst bestimmt leben zu können.

Es gibt viele erfolgversprechende Ansätze, wie die Gesundheit und die Mobilität erfolgreich länger erhalten bleiben kann. Hören wir nicht auf, auch in Zukunft die Gesundheit weiter zu denken.