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Sektorenübergreifende Versorgung: Barmer legt Zehn-Punkte-Papier vor

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Die Barmer fordert nach Jahrzehnten des Beschreibens der Ursachen für Über-, Unter- und Fehlversorgung im Gesundheitswesen echte Reformschritte zur Überwindung der Sektorengrenzen. Die medizinische Versorgung soll künftig konsequent über Sektorengrenzen hinweg an den Bedarf der Patientinnen und Patienten an medizinischer Versorgung ausgerichtet werden. Eine einheitliche Vergütungssystematik für gleiche ärztliche Leistungen und Leistungskomplexe sollen Fehlanreizen entgegenwirken. In einem Zehn-Punkte-Papier formuliert die Barmer Vorschläge, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Versorgung und Empfehlungen in den Ländern verfügbar und nutzbar zu machen.

„Die medizinische Versorgung sollte endlich über die Sektorengrenzen des Gesundheitswesens hinweg organisiert werden. Dabei dürfen regional nicht plausible Versorgungsunterschiede nicht weiterhin akzeptiert und fortgeschrieben, sondern auf der Landesebene analysiert und patientenorientiert ausgeglichen werden, so Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg. Der Systemwechsel könne, basierend auf vorhandenen Strukturen und etablierten Prozessen mit klaren Verabredungen und breiter Beteiligung, zunächst in Modellvorhaben umgesetzt werden.

Versorgung sektorenübergreifend planen

„Aus Sicht der Barmer bietet eine sektorenübergreifende Versorgung ein enormes Potenzial, das rasch genutzt werden sollte. Das Zehn-Punkte-Papier soll die Diskussion aus der Perspektive der auf der Bundes- und Landesebene Beteiligten anreichern, mutige und notwendige Schritte beschleunigen“, sagt Leyh. Die Grundlage eines sektorenübergreifenden Modells sei die Abkehr von der getrennten Planung ambulanter und stationärer Leistungen. Im Mittelpunkt der neuen gemeinsamen Versorgungsplanung stünden in einem ersten Schritt allgemeine fachärztliche Leistungen an der Schnittstelle von ambulanter Versorgung sowie der Grund- und Regelversorgung im Krankenhaus.

„Die für eine neu justierte Versorgungsplanung geeigneten Leistungen müssen nach bundeseinheitlichen Kriterien definiert werden. Dazu sollte der Gesetzgeber die Selbstverwaltung verpflichten“, sagt Leyh. Die Zusammenführung der Leistungs- und Abrechnungsdaten und die standardisierte Ermittlung der Behandlungskapazitäten könne durch ein neutrales Institut erfolgen, etwa das Statistische Bundesamt. Die regelhaft zu ermittelten Daten sollen den medizinischen und technischen Fortschritt auch im internationalen Vergleich berücksichtigen und als Referenzwerte für die Planung auf der Landesebene dienen, diese unterstützen.

Sektorenübergreifendes Vergütungssystem schaffen

„Eine sektorenübergreifende Versorgung kann aber nur dann ohne Reibungsverluste funktionieren, wenn es für die gleiche Leistungen auch eine gleiche Vergütungssystemaitk gibt“, sagt Leyh. Deshalb sehe das Zehn-Punkte-Papier vor, für bestimmte Leistungen der allgemeinen fachärztlichen ambulanten Versorgung sowie der Grund- und Regelversorgung im Krankenhaus eine gleichwertige Vergütung zu entwickeln. Damit werde es unerheblich, wo die Patientinnen und Patientenersorgt werden. Die einheitliche Vergütung müsse neu konzipiert und kalkuliert werden, so Leyh weiter. Natürlich müssen auf Basis des regionalen Leistungsbedarfs Mengen- und Finanzierungskontingente bestimmt werden. Denn, dass es mengenanfällige Leistungen in der medizinischen Versorgung gibt, ist allseits unbestritten.

Regionale Versorgungsverbünde entwickeln

Ein weiteres Element der Barmer-Vorschläge seien regionale Versorgungsverbünde, um die Leistungsanbieter ohne Hindernisse und Hemmnisse zu vernetzen. Zudem unterstützten digitale Technologien ihre Zusammenarbeit über Sektorengrenzen künftig noch mehr. Die Verbünde könnten besonders in ländlichen Regionen die flächendeckende Versorgung sichern. „Versorgungsverbünde können aus Ärztenetzen, Kliniken oder Medizinischen Versorgungszentren heraus gemeinsam entwickelt werden. Die Anbieter von Pflege-, Rehabilitations- und anderen Gesundheitsangeboten sollten nach und nach ergänzt werden“, sagt Leyh. Die Kommunen müssten beim Um- und Aufbau geeigneter Modelle und bei der Motivation zur Gründung von Arztnetzen für regionale Versorgungsverbünde einbezogen und verbindlich beteiligt werden.