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Kommentar: Krankenhausreform und nun?

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Wer in diesen Tagen eine Suchmaschine zur "Krankenhausreform 2016" befragt, erhält in 0,25 Sekunden ungefähr 41.300 Ergebnisse. Die Bandbreite der Beiträge zwischen Lob und Tadel überrascht bei dem Milliarden schweren Förderprogramm nicht.

Einerseits wird die verbesserte Finanzausstattung der Krankenhäuser begrüßt. Andererseits wird vor einer Unterfinanzierung gewarnt, wenn die Krankenkassen qualitätsbezogene Ab- und Zuschläge erteilen. Wer erwartet hat, dass die Krankenhausreform dazu führt, dass unrentable Kliniken geschlossen werden, ist enttäuscht. Hoffnung besteht hingegen, dass die Reform den Pflegenotstand in deutschen Kliniken lindert.

Worum geht es beim Krankenhausstrukturgesetz?

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat die Reform vorbereitet. Ergebnis ist, dass mehrere Milliarden Euro für vorhandene Strukturen aufzubringen sind, damit die Qualitätsorientierung für die Patienten schrittweise in die Planung, Leistungserbringung und Vergütung eingeführt wird. Die Kerninhalte sind in Kürze:

  • Die Krankenhausplanung wird sich nach jeweiligem Willen der Landesplaner an Qualitätsindikatoren des G-BA ausrichten, die bis Jahresende vorliegen sollen.
  • Bis Ende 2017 legt der G-BA die Leistungen oder Leistungsbereiche fest, für die Qualitätszu- oder -abschläge vereinbart werden, ggf. ein Ausschluss folgt. Qualitätskontrollen übernimmt der MDK durch.
  • Für QS-Richtlinien entstehende, in der Kalkulation nicht enthaltene Kosten fließen befristetet Zuschläge.
  • Die Erreichung vorgegebener Mindestmengen muss für das jeweilige Folgejahr erkennbar sein. Länder können Ausnahmen festlegen.
  • 500 Millionen Euro stehen in einem Strukturfonds zur Verfügung, sofern Länder mit gleich hohem Betrag in regional bessere Strukturen investieren.
  • Sicherstellungszuschläge werden durch G-BA-Vorgaben weiterentwickelt. Länder können abweichen.
  • Die Pflege wird mit bis zu 660 Millionen Euro ab 2016 bis 2018, ab 2019 dauerhaft mit 330 Millionen Euro pro Jahr für 6.350 Stellen gestärkt. Hygieneförderprogramm und Tarifabschlüsse oberhalb von Preiszuwächsen werden teil/-finanziert.
  • Bis Ende März 2016 vereinbaren die Bundes-Vertragspartner besondere Aufgaben zwecks besonderer Vergütung für von der Planungsbehörde ausgewiesene Zentren.
  • Der G-BA legt bis Ende des Jahres ein gestuftes System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern fest.

Eine Reform?

Bund und Länder haben gut in die Qualität- und damit Patientenorientierung investiert – ausschließlich mit Mitteln der Beitragszahler. Qualitätsindikatoren, Mindestmengen, die Förderung nachzuweisender Pflegestellen, auch die Organisation der Notfallversorgung sind begrüßenswert. Dass letztlich die Länder über alle Strukturen entscheiden, verwundert kaum. Erschreckend ist, dass diese Maßnahmen auf ein System aufsetzen, in dem die Länder ihren Anteil an der Daseinsvorsorge bundesweit nicht leisten. Die Investitionskosten werden weiterhin überwiegend aus den laufenden Betriebskosten finanziert werden müssen – so auch in Berlin und Brandenburg.

Forderungen zur Schadensbegrenzung

  • Berlin und Brandenburg müssen aufhören, Investitionsverpflichtungen auszublenden, denn sie gefährden einen fairen Qualitätswettbewerb.
  • Mittel des Strukturfonds müssen für den Um- und Aufbau zukunftsorientierter Strukturen in strukturschwachen Regionen verwendet werden.
  • Spezielle Versorgungsangebote müssen bedarfs- und qualitätsorientiert an vorhandenen Standorten konzentriert werden, wie z. B. TAVI nur in den Herzzentren.
  • Mindestmengen müssen verbindlich eingehalten werden. Ein Nachweis guter Qualität unterhalb der Mindestmenge ist statistisch nicht möglich.
  • Die Berliner Mentalität des Ausweises zahlreichen „Zentren“ muss revidiert werden.
  • Der Aufbau weiterer Kapazitäten in Berlin befördert die Fachkräfteproblematik in Brandenburg. Verlässliche Absprachen im Bereich Rehabilitation und Geriatrie schaffen Vertrauen und konterkarieren Strukturmaßnahmen in der Fläche nicht.