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Im zweiten Lebensabschnitt

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Nachgefragt: Speerwerferin Christina Obergföll im Interview

Speerwerferin Christina Obergföll hat ihre Sportkarriere mit einem Sieg beendet. 64,28 Meter warf die 35-Jährige aus der Ortenau Ende September beim Internationalen Stadion-Fest in Berlin. Beruflich geht es für die Weltmeisterin von 2013 jetzt bei der Barmer GEK weiter.

Berlin – perfekter Wurf, perfekter Abschied, oder?

Ja, es war bombastisch! Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich darüber rede. Das Jahr war schwierig für mich, Berlin war Balsam für die Seele.

Und wie fühlt man sich, wenn alles vorbei ist?

Im Moment noch so, als ob Saisonpause wäre und ich Urlaub habe. Bisher hat sich nicht wahnsinnig viel verändert, es kommen noch immer viele Interviewanfragen. Aber dann ist da auch der Gedanke: „Das war’s jetzt.“ Und das fühlt sich irgendwie komisch an.

Mit 35 in den Ruhestand. Fühlst du dich alt?

Nein, überhaupt nicht. Aber im Training habe ich schon gemerkt, dass Wehwehchen hinzukommen. Und ich musste immer mehr für Ergebnisse kämpfen, die ich früher im Schlaf abgerufen habe. Es gab die Überlegung, ob ich bis 2018 Jahre weitermache. Aber ich hätte in diesen zwei Jahren nicht mehr so viel Spaß gehabt. In Rio ist eine 22-Jährige mit einer Weite Olympiasiegerin geworden, die ich seit zwei Jahren nicht mehr geworfen habe.

Menschen, die aus dem Berufsleben ausscheiden sagt man gerne, sie sollen sich auf ihren dritten Lebensabschnitt vorbereiten. Was kommt jetzt bei dir?

Der zweite Lebensabschnitt. Für mich beginnt jetzt das Leben, das bei anderen nach der Ausbildung anfängt. Der Sport war zwar mein Beruf, aber ich gehe ja nicht in Rente.

… sondern zur Barmer GEK!

Genau. Seit 2013 habe ich auch meinen Master in Gesundheitsmanagement in der Tasche, von daher passt das sehr gut.

Welche Aufgabe wirst du bei der Barmer GEK übernehmen?

Das steht noch nicht hundertprozentig fest, aber ich könnte mir einen Job im betrieblichen Gesundheitsmanagement gut vorstellen. Zumal ich in den letzten Jahren als Testimonial schon in diesen Bereich reingeschnuppert habe. Gesundheitstage organisieren und begleiten, Sportkurse geben, auf diese Weise würde ich meinem bisherigen Leben ein wenig treu bleiben. Ich war 20 Jahre lang immer viel unterwegs. Dass ich von montags bis freitags acht Stunden im Büro sitze, ist für mich nicht vorstellbar.

Als Sportler muss man auch auf vieles verzichten, das ist jetzt vorbei. Worauf freust du dich am meisten?

Ich habe immer wahnsinnig viel Spaß an meinem Sport gehabt, deshalb ist es mir nie schwer gefallen, auf etwas zu verzichten. Aber ich freue mich darauf, ein wenig freier zu sein und spontaner Urlaub machen zu können. Ich hatte immer nur über Weihnachten zwei Tage frei und vielleicht noch an Ostern, ansonsten stehen bei den Speerwerfern von Oktober bis September Training und Wettkämpfe an. Ich bin auch froh, dass der Druck weg ist. Seit 2005 hat man jedes Jahr von mir erwartet, dass ich eine Medaille hole.