Zwei Jungen spielen gemeinsam ein Computerspiel.
E-Sport und Gaming

Medienzeit für Kinder: Wie viel Gaming ist erlaubt?

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Blum, Kea

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (Diplom-Psychologe)

Digitale Medien prägen den Alltag von Kindern und Jugendlichen. Viele Eltern stellen sich die Frage nach dem richtigen Maß an Bildschirmzeit in der Freizeit – insbesondere im Hinblick auf Gaming. Denn neben der Nutzung von Smartphone, Laptop und Tablet zählt das Spielen an PC und Konsole zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veröffentlicht regelmäßig Empfehlungen zur Medienzeit von Kindern verschiedenen Alters. Das gibt Eltern eine wichtige Orientierung und hilft ihnen, einen bewussten Umgang ihrer Kinder mit Medien zu etablieren – inklusive fester Gaming-Zeiten.

Generation digitale Medien

Kinder und Jugendliche haben sowohl in der Schule als auch in der Freizeit viele Berührungspunkte mit digitalen Medien. So wundert es kaum, dass digitale Spiele weit oben auf der Liste beliebter Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen stehen. Im Rahmen der sogenannten KIM- und JIM-Studien untersucht der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest seit Jahren regelmäßig, wie sich die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen hierzulande verändert. 

Die KIM-Studie (Kindheit, Internet, Medien) schaut sich die Mediennutzung von Kindern zwischen sechs und 13 Jahren genauer an, die JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) jene von Jugendlichen (12- bis 19-Jährige). Die aktuellen Daten zu Kindern stammen aus dem Jahr 2020. Demnach spielen 60 Prozent von ihnen regelmäßig (mindestens einmal die Woche) digitale Games.

Unter den Jugendlichen (12- bis 19-Jährige) liegt der Anteil derer, die sich regelmäßig die Zeit mit Gaming vertreiben, bei 72 Prozent, so die Ergebnisse der aktuellen JIM-Studie 2021. Anhand der JIM-Studien lässt sich in den vergangenen Jahre ein kontinuierlicher Aufwärtstrend erkennen: 2018 betrug der Anteil 58 Prozent, 2019 waren es 63 Prozent, im Folgejahr 68 Prozent und 2021 wie erwähnt 72 Prozent. 

Für die Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen ist Gaming oft nicht nur Zeitvertreib, sondern ein intensiv betriebenes Hobby, das die Jugendlichen mit anderen teilen. Viele treten online gegen Kontrahenten an, tauschen sich mit Gleichgesinnten aus und sind Teil einer Gaming-Community.

Die Frage nach der optimalen Bildschirmzeit für Kinder

Die Studien zeigen, dass Gaming bei vielen Kindern und Jugendlichen einen hohen Stellenwert einnimmt. Doch wie viel Gaming ist normal – gerade im Hinblick auf die empfohlene Medienzeit für Kinder und Jugendliche? Für Eltern ist es oft schwierig einzuschätzen, ob die Gaming-Zeit noch im Rahmen liegt oder ob die Kinder zu lange an Konsole, Rechner oder Smartphone zocken. Eine gute Orientierung bieten die Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Obergrenzen-Empfehlung: Tabelle mit Medienzeiten für Kinder und Jugendliche

Natürlich gelten für Kinder, die beispielsweise zehn Jahre alt sind, andere Empfehlungen zur Medienzeit als für 13- und 16-Jährige. Die von der BZgA als jeweilige Obergrenze empfohlene Medienzeit für Kinder und Jugendliche in der Übersicht:

  • Empfohlene Medienzeit für Zehn- bis Zwölfjährige: eine Stunde pro Tag beziehungsweise sieben Stunden pro Woche
  • Empfohlene Medienzeit für 13- und 14-Jährige: 1,5 Stunden pro Tag beziehungsweise 10,5 Stunden pro Woche
  • Empfohlene Medienzeit für 15- und 16-Jährige: zwei bis 2,5 Stunden pro Tag beziehungsweise 14 bis 17,5 Stunden pro Woche

Als Alternative dazu gibt es eine einfache Faustregel für die maximale Bildschirmnutzungszeit Ihres Kindes: Orientieren Sie sich am Alter. Ist das Kind beispielsweise zehn Jahre alt, sollte es in der Freizeit maximal zehn Stunden pro Woche mit digitalen Medien verbringen. Bei einem 13-Jährigen beträgt die maximal empfohlene Bildschirmzeit entsprechend 13 Stunden.  

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Bildschirmzeit für Kinder festlegen: Tipps für Eltern

Die BZgA weist darauf hin, dass es sich bei den Empfehlungen zur Bildschirmzeit um Richtwerte handelt. Sie rät Eltern, diese als Basis für eigene Vereinbarungen anzusehen. Eltern sollten insbesondere bedenken, dass sich die empfohlene Medienzeit nicht nur auf das Gaming bezieht. Auch das Surfen im Internet, die Nutzung des Smartphones und das Fernsehen zählen zur Medienzeit. 

Sinnvoll ist es, Ausnahmen festzulegen – etwa, dass sich die anzurechnende Medienzeit rein auf die Freizeitaktivitäten bezieht. Wenn Ihr Kind etwa den PC dafür nutzt, um für die Schule zu recherchieren oder Hausaufgaben zu erledigen, sollte dies nicht als Mediennutzung in der Freizeit gelten. Nachfolgende Tipps können Eltern dabei helfen, die Bildschirmzeit für Ihr Kind festzulegen und umzusetzen.

Definieren Sie klare Regeln zur Medienzeit der Kinder

Mit eindeutigen Regeln unterstützen Sie Ihr Kind, ein gesundes Verhältnis zur Gaming-Zeit zu entwickeln. Passen Sie die Empfehlungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zur Medienzeit an Ihre individuellen Familiengegebenheiten an, indem Sie Ihr Kind aktiv einbinden. Fragen Sie Ihre Tochter oder Ihren Sohn, was ihr oder ihm besonders wichtig ist. Wenn Ihr Kind die Regeln mitgestaltet, akzeptiert es sie in der Regel besser. Mit strikten Verboten bewirken Sie hingegen oft genau das Gegenteil. Erklären Sie Ihrem Kind auch, warum Sie Regeln aufstellen. Gehen Sie dabei altersgerecht auf die möglichen Risiken von langen Gaming-Zeiten ein (mehr dazu weiter unten).

Legen Sie zudem Konsequenzen für den Fall fest, dass Ihr Kind die Regeln nicht einhält. Diese haben im Idealfall nichts mit Medienzeit zu tun: Setzen Sie die Mediennutzung als Belohnung oder Strafe ein, räumen Sie ihr einen zu hohen Stellenwert ein. Die Ergebnisse einer kanadischen Studie deuten darauf hin, dass Kinder dadurch tendenziell noch länger vor dem Bildschirm sitzen. Die Medienzeit als Belohnung oder Strafe einzusetzen kann somit hinderlich sein, dass Kinder langfristig ein gesundes Verhältnis zur Gaming-Zeit aufbauen.

Daher sollte im Vorfeld mit dem Kind besprochen werden, wie die Konsequenzen ausfallen, wenn Regeln missachtet werden. Bleibt das Einhalten der Regeln schwierig, sollten Eltern und Kind gemeinsam nach einer Lösung suchen. Zum Beispiel könnten sie zusammen überlegen, was dem Kind helfen könnte, sich besser an Abmachungen zu halten. Bei jüngeren Kindern können technische Zeitbegrenzungen helfen, ein Gefühl für die beim Gaming vergangene Zeit zu entwickeln. Diese Mittel sollten jedoch nur über kurze Zeiträume eingesetzt werden.

Tipp: Halten Sie die Regeln in einem kindgerechten Mediennutzungsvertrag fest. Eine Vorlage finden Sie auf der entsprechenden Webseite der EU-Initiative klicksafe und des gemeinnützigen Vereins Internet-ABC e. V., dem alle Landesmedienanstalten Deutschlands angehören. 

Etablieren Sie feste Gaming-Routinen, damit das Kind gesetzte Medienzeiten einhält

Routinen helfen Ihrem Kind, die vereinbarten Zeiten einzuhalten. Das kann beispielsweise ein immer gleiches Zeitfenster sein, in dem Ihr Kind spielen darf. Etwa der Zeitraum nach den Hausaufgaben bis zum Abendessen. Danach bleiben Konsole, Rechner und Smartphone aus. Legen Sie die für Ihre Familie passenden Routinen individuell fest und berücksichtigen Sie auch Aspekte wie Wochenende, Hobbys und Familienzeiten. 

Eigene Medienzeit begrenzen: Seien Sie ein gutes Vorbild

Sie als Elternteil nehmen in puncto Medienzeit eine wichtige Vorbildfunktion für Ihr Kind ein. Haben Sie Ihr eigenes Medienverhalten schon einmal kritisch hinterfragt? Wie viel Zeit verbringen Sie in Ihrer Freizeit an Rechner, Smartphone oder Tablet? Wie lange läuft der Fernseher? Indem Sie Ihre Medienzeit selbst gering halten und digitale Medien nur bewusst zu bestimmten Zeiten konsumieren, sind Sie Ihrem Kind ein gutes Vorbild. Planen Sie zudem regelmäßig medienfreie Zeiten ein, in denen sie gemeinsam etwas außerhalb der digitalen Welt unternehmen.

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Mögliche Folgen von zu langen Medienzeiten

Warum ist es so wichtig, die Medienzeit von Kindern im Auge zu behalten? Übermäßiger Medienkonsum kann negative Folgen für den Körper und die Psyche haben. Müde Augen, Mausarm, Kopfschmerzen sowie Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen können bei einer übermäßigen Nutzung von Rechner, Konsole und Smartphone. Auch Schlafstörungen sind möglich – zum Beispiel Einschlafprobleme. Das gilt besonders, wenn Kinder bis in die Abendstunden spielen. Ist der Schlaf beeinträchtigt, kann sich das wiederum negativ auf andere Lebensbereiche auswirken, etwa auf die schulische Leistung.

Tipp: Das Barmer Kinder- und Jugendprogramm

Kennen Sie das Barmer Kinder- und Jugendprogramm? Es umfasst unter anderem besondere Vorsorgeuntersuchungen, die auf die spezielle Alterssituation und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen abgestimmt sind (genannt Paed.Check®). Neben körperlichen Gesichtspunkten finden psychosoziale Gesundheitsaspekte starke Berücksichtigung.

Gaming-Sucht: Auf diese Anzeichen können Eltern achten

Beim Gaming warten ständig neue Erfolgslebnisse auf die Spielerinnen und Spieler. Ein weiteres Level, neue Fähigkeiten und Extrapunkte – die Spieleanbieter verstehen es, Gamer bei Laune zu halten. Finden Kinder kein Ende, sollte das für Eltern ein Alarmsignal sein. Doch sind das schon Anzeichen für eine Gaming-Sucht? Seit 2018 ist die Computerspielsucht eine offiziell anerkannte Krankheit. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es drei Kriterien, die auf einen gestörten Umgang mit digitalen Spielen hinweisen können: 

  • Ihr Kind hat keine Kontrolle mehr über die Dauer und Häufigkeit des Spielens.
  • Gaming hat eine so hohe Priorität, dass andere Interessen und Aktivitäten vernachlässigt werden.
  • Das Kind spielt weiter, obwohl negative Folgen auftreten – etwa Schlafstörungen

Nicht jedes exzessive Spielen ist allerdings einer Gaming-Sucht gleichzusetzen. In unserem Beitrag „Computerspielsucht: Wann sollten Eltern eingreifen?“ erfahren Sie mehr zu dem Thema. 

Eltern und Jugendliche für Studie gesucht

Res@t ist ein digitales Trainingsprogramm, das als App auf dem Smartphone oder Tablet genutzt werden kann. Es richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren, die Computer- und Konsolenspiele, Soziale Medien und/oder Streaming-Dienste in einem übermäßigen oder unkontrollierten Ausmaß nutzen. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen mit einer Medienbezogenen Störung (MBS) und deren Familien eine bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Im Rahmen der Studie des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf können Kinder, Jugendliche und ihre Eltern kostenlos am app-basierten Trainingsprogramm Res@t teilnehmen.

Literatur und weiterführende Informationen

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