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Familie und Partnerschaft

Wie man richtig gute Komplimente macht

Lesedauer unter 5 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (Diplom-Psychologe)

Ein schönes Kompliment über das Aussehen oder eine gute Tat wärmt die Seele wie Hühnersuppe den Bauch. Warum also gehen wir im Alltag so geizig damit um? Und wie macht man überhaupt ein gelungenes Kompliment - für eine Frau, für einen Mann? Über wohlwollende Worte im Umbruch.

Von einem guten Kompliment könne er zwei Monate lang leben, schrieb einst Mark Twain. Doch für viele ist es heute schwierig geworden, die richtigen Worte zu finden, um Freunden, Kolleginnen, der Familie oder den Nachbarn etwas Nettes zu sagen.

Dahinter steckt oft Unsicherheit, denn theoretisch sind Komplimente zwar schön, in der Praxis können sie aber fies daneben gehen: Mal übergriffig („Das Kleid passt ganz toll zu deinen Kurven“), mal herablassend („Wie schaffst du das nur?“), mal pauschal („SU-PER“) oder zu verallgemeinernd („Toll, ihr Frauen könnt echt super kochen“, „Prima, wie fleißig ihr Asiaten so seid“).

Und auf seinen Erfahrungsschatz kann man sich auch nicht mehr verlassen: Was die letzten dreißig Jahre lang die Krönung aller Komplimente war – „Hast du abgenommen? Du siehst toll aus!“ – wird heute auch eher kritisch gesehen.

  1. Im Zweifelsfall: Nichts kommentieren, was man nicht anfassen darf.
  2. Besser nicht zum Gewichtsverlust gratulieren, außer der oder die Betroffene fängt von sich aus damit an. Abnahme kann auch mit Krankheiten oder Krisen zusammenhängen; die Sängerin Adele verlor viel Gewicht während einer elenden Scheidung.
  3. Menschen fühlen sich beobachtet und bewertet, sie werden noch unsicherer mit ihrem Körpergefühl. Schlimmstenfalls kann dieses Gefühl sie in eine Essstörung treiben.
  4. Du siehst jetzt aber gut aus“ heißt im Umkehrschluss „Dein Übergewicht war nicht so toll.“ Und Bodyshaming kann sehr verletzend sein.

Was ist ein schönes Kompliment?

Dass Komplimente komplizierter geworden sind, bestätigt auch die Forschung. Xuan Zhao ist Sozialpsychologin an der Universität Stanford und forscht seit vielen Jahren zu Komplimenten.

Eine ihrer Erkenntnisse: Menschen können schlecht einschätzen, wie man ein schönes Kompliment macht und wie gut ein Kompliment dann ankommt  – und lassen es deshalb oft lieber bleiben. Sie haben Angst davor, falsch verstanden zu werden oder Sorge, die Situation könne peinlich enden.

Andere wiederum haben Bedenken, nicht die richtigen Worte zu finden oder sind der Auffassung, ein Kompliment sei weniger wert, wenn der andere es vermeintlich schon häufig gehört hat.

Auch soziale Umwälzungen wie die #MeToo-Bewegung haben den Umgang zwischen Männern und Frauen verändert; gerade bei der Arbeit hat sich die Komplimentkultur dadurch gewandelt.

Was früher ein vielleicht wohlmeinender Spruch á la „Die Bluse steht ihnen aber gut, Frau Sowieso“ war, kann heute schnell Kopfschütteln oder sogar eine Klage nach sich ziehen. Daher sagen Männer oft lieber gar nichts mehr.

Eine Frau und ein Mann arbeiten zusammen an einem Laptop

Guten Komplimente sind wichtig für das Miteinander. Richtig gemacht, können sie die Zusammenarbeit verbessern.

Darf man überhaupt noch Komplimente machen – und welche sind die richtigen?

Woran es am Ende auch liegt: Die meisten Menschen sind zurückhaltend geworden, wenn es darum geht, anderen etwas Nettes zu sagen. Viele spüren intuitiv, dass das Kompliment sich im Umbruch befindet und gerade reformiert wird.

Doch das ist schade, denn Komplimente sind wichtig für das Miteinander: Sie können motivieren, Beziehungen verbessern, den Alltag erträglicher machen. Und das alles ganz umsonst!

Anstatt also aus Angst vor negativen Folgen pauschal auf Komplimente zu verzichten, spricht einiges dafür, uns die Frage zu stellen, was ein gelungenes Kompliment ausmacht.

Wie können wir die Vorteile des Kompliments (bessere Stimmung, erfreuliches Miteinander) ausschöpfen, ohne in einem Fettnäpfchen auszurutschen und mögliche Nachteile (Blamage, Übergriffigkeit, Dominanzverhalten) in Kauf zu nehmen?

Auch dazu hat Standford-Forscherin Xuan Zhao eine Antwort gefunden: Komplimente, die gut ankamen, waren meist solche, die von einem aufrichtigen Absender kamen – und sich nicht auf oberflächliche Merkmale, sondern auf den Kontext konzentrierten.

Soll heißen: Wer so wirkt, als wolle er mit seinen „Komplimenten“ einen gebrauchten Diesel oder für sich einen eigenen Vorteil herausarbeiten, hat gleich verloren. Auch einfache, platte Bemerkungen wie „tolles Kleid“ oder „schicke Schuhe“ helfen nicht weiter.

Beispiele für gute Komplimente

  • „Mit dir zusammen zu arbeiten ist für mich immer eine Freude.“
  • „Wenn wir uns unterhalten, nehme ich immer einen wertvollen neuen Gedanken mit.“
  • „Du hast die Präsentation vor den neuen Kunden so souverän rübergebracht, das ist für unsere Firma wirklich ein Gewinn.“

Das klingt alles schon ganz anders – Komplimente, über die sich sowohl Frauen als auch Männer freuen. Die Leistung oder das Verhalten eines Menschen zu würdigen, ist natürlich viel schwieriger als einfach sein Aussehen zu kommentieren, aber es lohnt sich.

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Passende Komplimente – für Frauen und Männer

Trotzdem ginge die Forderung, gar keine Komplimente mehr über das Aussehen (und schon gar nicht über den Körper) zu machen, zu weit. Ein Kompliment an die Schönheit, den Sex-Appeal, die einzigartige Strahlkraft des anderen ist ja so etwas wie die Königsklasse des Flirts und wird manchmal während der Suche nach der wahren Liebe eben auch herbeigesehnt.

Unverkrampfter würde es, wenn Männer sich dabei von platten Sprüchen verabschieden und Frauen Komplimente auch mal zurückgeben würden – ohne da weiterzumachen, wo Männer zuvor unangenehm aufgefallen sind und dem trainierten Typen im Gym zu seinem Hintern gratulieren. 

Vielmehr wäre es an der Zeit, die Komplimente zu machen, die man selbst gerne bekäme. Und warum sich komplimentemäßig nicht auch mal im sozialen Nahbereich austoben?

Dem gestressten  Working Dad sagen, dass er tolle Pausenbrote macht, der eigenen Mutter mitteilen, wie gerne man zu ihr nach Hause kommt und ihr Spezialgericht isst. Nehmen wir doch auch kleine Anlässe, um Konfetti für andere regnen zu lassen.

Und, das allerbeste: Komplimente machen auch die Person glücklich, die sie ausspricht, sagt Raj Raghunathan, Psychologieprofessor und Autor von „Klug, erfolgreich und trotzdem unglücklich“. Denn jemandem etwas Nettes zu sagen, führt dazu, dass man sich selbst als großzügige und herzliche Person wahrnimmt. Was für ein schönes Kompliment!

Anleitung für ein gutes Kompliment

  1. Genau hinschauen: Was hat diese Person besonders Gutes getan? In welchem Zusammenhang war die Handlung oder Eigenschaft wichtig?
  2. Sich trauen: Sie müssen nicht Bert Brecht oder Shirin David sein, um jemandem zu sagen, wie fantastisch er ist. Normale Worte reichen völlig aus.
  3. Der richtige Ort: Keine Frau freut sich über Komplimente an leeren Bushaltestellen oder in überfüllten U-Bahnen. Creepy!
  4. Vorsicht vor Hierarchien und Altersdiskrepanzen: Schüler und Auszubildende lässt man als Erwachsener besser in Ruhe. Einem wesentlich älteren Menschen ein Kompliment zu machen kann schnell besserwisserisch wirken.
  5. Komplimente für Fremde: Man kann auch Fremden sagen, dass sie ein schönes Armband tragen. Einfach ausprobieren, lächeln, weitergehen.
  6. Wenn man selbst ein Kompliment bekommen hat: Einfach „danke“ sagen und ganz normal weitermachen.

Eine Frau und ein Mann fahren mit dem Fahrrad

Über richtig gute Komplimente freuen sich Frauen und Männer gleichermaßen.

Was tun bei schlechten Komplimenten?

Gelassen bleiben

Niemand ist perfekt und wir alle sagen mal was Blödes - über Kleinigkeiten einfach hinwegsehen.

Für sich einstehen

Übergriffige Komplimente kann man auch genau so benennen. 

Hilfe holen

Bei Diskriminierungen: Unterstützung von Vertrauenspersonen einholen

Literatur und weiterführende Informationen

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