Junge Frau legt ihre Stirn an die einer älteren Dame
Pflege

Kommunikation im Pflegealltag: die richtigen Worte und Gesten finden

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Sandra Mantz (Gesprächstherapeutin und Trainerin für humane Dialog- und Gesprächskultur)

Qualitätssicherung

  • Juliane Diekmann (Diplom-Pflegewissenschaftlerin, Barmer Pflegekasse)

Die Pflege eines Angehörigen ist oft belastend. Gerade dann ist es wichtig, miteinander zu kommunizieren: mit guten Worten, freundlichen Gesten oder herzlichen Berührungen. Das schafft für alle Beteiligten wertvolle Momente.

Was sind die Grundlagen der Kommunikation bei der Pflege?

Pflege zu Hause kann ein großer Segen sein, denn das gute Gefühl von Heimat beruhigt die Seele und den Geist. Niemand möchte sich „abgeschoben“ fühlen und niemand „schiebt gerne ab“ – schon gar nicht Mama, Papa oder die Partnerin bzw. den Partner des gemeinsamen Lebens. Pflege daheim ist allerdings auch eine große Aufgabe. Sie will organisiert werden, was Geld, wohnliches Umfeld, medizinische und therapeutische Versorgung sowie Körperpflege angeht.

Dies alles fordert jedoch etwas von allen Beteiligten, was nicht „organisiert“ werden kann, sondern gelebt werden will: die zwischenmenschliche Kommunikation mit all denen, die dazugehören – die pflegebedürftige Person, direkte und nahe Angehörige wie Lebenspartnerin oder -partner, Kinder und Enkel. Dann gibt es Geschwister, Verwandte, Nachbarn, Freunde und Menschen, die zwar fremd sind, die aber in die privaten Räume zu Hause „eindringen“, weil sie für die Pflege wichtig sind.

Was können Kommunikationsbarrieren bei der Pflege sein?

Alles ist irgendwie anders. Manches tut weh. Vieles macht Angst oder hilflos. Es gibt Erwartungen und Bedürfnisse, die sehr unterschiedlich sind. Die Abhängigkeiten auf allen Seiten machen traurig, manchmal wütend. Die Grenzen wollen immer wieder neu abgesteckt werden. Die Endlichkeit des Lebens schwebt in den Räumen. Es erfordert von allen Geduld und Mut.

Was bleibt und immer zur Verfügung steht, dem freien Willen unterliegt, gestaltet werden will, nicht immer etwas mit Zeit zu tun hat und was das Zuhause nähren, stärken, befrieden und heilen kann, ist unsere Fähigkeit, bewusst in Kommunikation zu gehen. Das sind Gespräche oder Augenblicke. Es sind Berührungen und Bewegungen. Mal ist es die Stimme, ein Liedchen, eine Geste. Mal ein Lachen, ein Zwinkern oder eine Umarmung.

Und dann gibt es noch die Momente und Gefühle, die wir Menschen gar nicht so mögen. Sie zeigen sich im Streit, im Zorn und im Sarkasmus. In der Erschöpfung, im Frust und in der Rechthaberei. Manchmal bedauern und beschuldigen wir uns. Dann gibt es noch das Traurige aus der Vergangenheit. Auch dies gehört in unsere menschliche Kommunikation und kann nicht weggezaubert werden. 

Aber es kann viel leichter getragen werden, wenn Sie das Gute, das Schöne und das Wertschätzende miteinander stärken und ganz bewusst in den Blick rücken. Alles andere fällt dann weniger ins Gewicht. Wählen Sie sich diese besonderen und sehr wertvollen Momente füreinander aus – am allerbesten jeden Tag einen davon. Nutzen Sie die guten Tage und Stunden dafür. Jeder und jede nach den eigenen Möglichkeiten.

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Kommunikation im Pflegealltag: Vom Hören und Erzählen

Die Geschichten eines Lebens sind voller Kostbarkeiten. Interessieren Sie sich dafür und fragen ganz konkret nach: „Mama, was waren deine Träume? Wann warst du glücklich? Erzähle mir eine Geschichte aus deinem Leben.“ Wenn Sie die Mama sind, fragen Sie Ihre Kinder bewusst: „Karin, was sind deine Träume? Was macht dich glücklich?“ Einander Geschichten zu erzählen, trägt Wertschätzung und Vertrauen in sich. Hören Sie einfach zu. Bewerten Sie wenn möglich nicht. Und wenn sich die Geschichten wiederholen, erkennen Sie einfach, dass das wohl etwas sehr Wichtiges war.

Vom Lachen und Weinen

Es ist wunderbar, miteinander zu lachen. Es bringt Leichtigkeit mit sich. In unserem Gehirn werden Glückshormone ausgeschüttet. Das tut gut, ist gesund und vermindert Angst- und Stressgefühle. Ob Sie albern sind oder über sich selbst lachen, ist gleich. Finden Sie täglich Gründe, herzlich zu lachen – miteinander und auch mit sich selbst. 

Das Weinen bringt etwas zum Fließen. Das ist gut. Alles, was sich anstaut, bahnt sich einen Weg. Manchmal läuft es über, geht mit einem durch, aber dafür macht es auch Platz für etwas anderes. Erlauben Sie sich und anderen zu weinen. Trauern ist wichtig – auch für die kleinen „Tode“ im Leben und im Alltag. Mitgefühl kennt alle Tränen: die aus Freude und die aus Kummer.

Vom Klären und Streiten

Streiten ist gar nicht immer schlimm. Sie haben eine Meinung, eine Haltung und nun werden Kräfte gemessen. Das ist sehr lebendig! Nicht die oder der Klügere gibt nach, sondern die oder der Stärkere. Wer gerade mehr Positivität und Kraft zur Verfügung hat, hilft der oder dem anderen. Es ist herrlich, nach einem Streit einen guten Kaffee zusammen zu trinken. Auch das ist Wertschätzung und Respekt.

Von den Worten, die Welten bewegen

Nutzen Sie viele Worte in Ihren Gesprächen, die positive und angenehme Gefühle aktivieren. Sprechen Sie sich mit Namen an. Seien Sie großzügig mit „Danke“ und „Bitte“. Gönnen Sie sich eine Begrüßung und einen Abschiedsgruß: ein „guten Morgen“ und „gute Träume“ – insbesondere dann, wenn die Laune nicht so gut ist. Bleiben Sie bei sich, bleiben Sie freundlich. Das schützt und stärkt.

Worte, die gute Laune machen

     
kichernzartweichzwinkernangenehm
CharmeurKuddelmuddelliebäugelnbesonnenherzerfrischend
Pusteblumewarmherzigkunterbuntaufmerksamsonnig
lebensfrohwunderbarleicht  

Vom Reden und Schweigen

Schweigen kann etwas sehr Heiliges und Gutes sein. Die Qualität nehmen Sie über Gefühle wahr. Fühlt es sich gut an oder weniger gut? Gute Gedanken erschaffen gute Gefühle füreinander. Negative Gedanken ungute Gefühle füreinander. Ist das Denken zu belastet, hilft oft Reden, manchmal auch Schreiben. Sich etwas von der Seele zu schreiben, kann sehr erleichternd sein.

Vom Trösten und Versöhnen

Gerade die Pflegesituation ist eine kostbare Zeit zur Aussprache. Nutzen Sie sie unbedingt, denn diese Momente helfen sehr im Weiterleben. Loslassen ist etwas Schweres für uns Menschen und doch zeigt sich darin so viel Liebe und Zuneigung. Sprechen Sie davon. Stellen Sie Fragen und sagen Sie, was gesagt werden möchte. Alles hat Raum. Jeder hat recht. Trösten geht gut durch gemeinsames Atmen, Singen oder Summen. Aber auch mit Berührungen, einem kostbaren Blick in die Augen oder Händedruck.

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Gute Kommunikation in der Pflege ist Nahrung für die Seele

Dort wo Kommunikation ist, ist Leben. Und wo Leben ist, ist Kommunikation. Füllen Sie Ihr Zuhause und Ihre gemeinsame Zeit mit viel Leben. Genau hierfür ist Lebenszeit gedacht. Eine gute Kommunikation miteinander ist Nahrung für unseren Geist und Seele. Sie dürfen durchaus wählerisch sein und Altes aus der Vergangenheit auch ruhen lassen. Der Moment zählt. Die Gegenwart kann von Ihnen gestaltet werden. 

Jeder Lebenstag, der in der Zukunft liegt, kann ein Geschenk sein. Je lieber Sie sich daran erinnern, desto wertvoller haben ihn alle erlebt. Worte können etwas Magisches haben und Wut in Mut verwandeln, Sorgen in Vertrauen und Angst in Liebe. Gönnen Sie sich täglich einen Cocktail der guten Gefühle, freundlichen Worte und dankbaren Gedanken.