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Krebs

Selbsthilfe bei Krebs: Austausch für Betroffene

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Sarah Peitz (Content Creator (Medical), TAKEPART Media + Science GmbH)

Qualitätssicherung

  • Jens Krug (Fachreferent zur Förderung der Selbsthilfe und Prävention)

Wenn Menschen die Diagnose Krebs bekommen, fühlen sie sich meist als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Zusätzlich stürzt eine Flut von Arztterminen, neuen Informationen und rechtlichen Themen auf sie ein – plötzlich ist nichts mehr, wie es war. 
 
 

Was ist die Selbsthilfe bei Krebs?

Eine Selbsthilfegruppe kann Betroffenen helfen nicht den Mut zu verlieren und einen Umgang mit ihrer Erkrankung zu finden. Ob in einem Online-Forum oder in einer Gruppe vor Ort: Wenn die Chemie stimmt, kann von einem Perspektivenwechsel über Freundschaften bis hin zu einer neuen Bestimmung im Leben alles möglich sein.

Selbsthilfe: Unterstützung und Austausch bei einer Krebserkrankung

Selbsthilfegruppen sind selbstorganisierte Gruppen von Menschen, die sich über eine gemeinsame Erfahrung oder eine Situation austauschen. Sie bieten sich Unterstützung, um ihre Lebenssituation besser zu bewältigen – als Betroffene oder als Angehörige.

Mit der Selbsthilfe bei Krebs eine Gemeinschaft finden

Selbsthilfe schafft ein Gefühl der Verbundenheit – man ist nicht mehr allein mit seiner Krankheitssituation. Auch wenn es Menschen gibt, die sich in Krisensituationen lieber zurückziehen und den Kontakt mit anderen vermeiden: 

Die meisten Patienten wünschen sich Hilfe und Unterstützung, können sich aber erst einmal nicht vorstellen, dass eine Selbsthilfegruppe das richtige ist. So viele Menschen mit negativen Erfahrungen und schlimmen Geschichten, die sich gegenseitig bemitleiden – was soll das bringen?

Eine Selbsthilfegruppe bietet einen geschützten Raum, in dem Betroffene all die Gedanken und Gefühle aussprechen können, die sie belasten oder beschäftigen. Das können Alltagsthemen sein, die einem vor Angehörigen oder Freunden vielleicht zu banal erscheinen, aber auch unangenehme Dinge, wie etwa therapiebedingte Inkontinenz oder Impotenz. 

Allein das Aussprechen kann befreiend sein und zur psychischen Verarbeitung der eigenen Themen beitragen. Von den anderen Gruppenmitgliedern erfahren die Patienten in der Regel Anteilnahme, Verständnis und Trost.

Durch die Selbsthilfe neue Perspektiven kennenlernen

Gleichzeitig profitieren die verschiedenen Mitglieder von den Berichten und Erfahrungen der Gruppe. Die Art wie andere mit ihrer Krebserkrankung umgehen, welche Bewältigungsstrategien und Herangehensweisen sie haben, inspirieren dazu, neue Blickwinkel einzunehmen und andere Wege zu beschreiten.

Austausch der Krebsselbsthilfe informiert Patienten

Ein weiterer Vorteil der Selbsthilfe ist das Schwarmwissen, das eine Gruppe generiert und von dem jeder einzelne im Informations-Dschungel profitiert. Menschen mit Krebs müssen sich mit vielen medizinischen und sozialrechtlichen Fragestellungen auseinandersetzen. 

Von den einzelnen Diagnose- und Therapieverfahren über die Deutung der eigenen Blutwerte bis hin zum Schwerbehindertenausweis tut sich ein Universum auf, das es erst einmal zu verstehen gilt.

Ärztinnen und Ärzte haben oft nicht die Zeit, all diese Fragen verständlich zu beantworten und uninformierte Patienten geben auf und lassen sich passiv von Termin zu Termin schieben. Die Beratung und Unterstützung durch ebenfalls Betroffene kann in solchen Fällen Gold wert sein und die Leidtragenden zu Experten in der eigenen Sache machen.

Patientenkompetenz durch Selbsthilfe

Gemeinschaft, Austausch, neue Perspektiven und kollektives Wissen: All diese Faktoren unterstützen Menschen mit Krebs dabei sich ihrer Erkrankung zu stellen, selbst Verantwortung zu übernehmen, Belastungen zu bewältigen, Ziele zu setzen und diese auch aktiv anzustreben. Mit anderen Worten: Sie erlangen Patientenkompetenz.

Aktive Patienten, die bei ihrer Behandlung mitentscheiden, halten sich doppelt so häufig an die Empfehlungen ihrer Ärzte und haben auch seltener Komplikationen im Krankheitsverlauf, wie Studien zeigen.

Einfluss durch Patientenvertretung

Neben dem Austausch der Betroffenen fungiert die Selbsthilfe auch als Interessenvertretung der Patienten im Gesundheitssystem. Um einen größeren Einfluss zu haben, schließen sich mehrere Selbsthilfegruppen häufig zu einer sogenannten Selbsthilfeorganisation oder auch Patientenorganisation zusammen. Andersherum entstehen aus Patientenorganisationen häufig unterschiedliche Selbsthilfegruppen.

Die großen Patientenorganisationen, wie etwa die Deutsche Krebshilfe, übernehmen viele unterschiedliche Aufgaben. In einem solchen Zusammenschluss können Patienten auch politischen Einfluss haben und Mitspracherecht erreichen, indem sie beispielsweise an Behandlungsleitlinien mitschreiben oder durch die Teilnahme an Gremien und Ausschüssen des Gesundheitswesens die Qualität von Therapien und Versorgungsangeboten fördern und verbessern. Außerdem sammeln sie Spendengelder, um kleinere Selbsthilfegruppen finanziell zu unterstützen.

Nicht selten werden aus Patienten oder ehemaligen Patienten engagierte Patientenvertreter mit einem großen Netzwerk und viel Einfluss, die auf keiner Veranstaltung zu ihrem Thema fehlen und in dem Engagement für ihre Erkrankung auch eine Bestimmung für ihr Leben finden.

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Krebsvorsorge

Welche Arten von Krebs Selbsthilfe-Gruppen gibt es?

Selbsthilfe-Gruppen sind sehr vielfältig. Zunächst gibt es die klassischen Selbsthilfe-Gruppen, in denen man sich regelmäßig trifft. Sie sind häufig in die verschiedenen Krebsarten unterteilt, aber es gibt auch „krebsübergreifende“ Gruppen speziell für Männer, Frauen oder Angehörige von Krebspatienten, in denen es nicht um eine bestimmte Krebsart geht, sondern um das Leben mit Krebs.

So bunt wie die Selbsthilfe sind auch die Strukturen:

  • Mitglieder: In der Regel sind Selbsthilfen von Patienten beziehungsweise Angehörigen organisiert und die Treffen finden ohne Ärzte oder Fachleute statt. Manchmal stehen Ärzte aber in engem Kontakt mit Patientenvertretern oder sind sogar Mit-Initiatoren einer Organisation. Außerdem können Fachleute eingeladen werden, um Vorträge zu halten oder Fragen zu beantworten.
  • Treffen: Der Zeitpunkt der Treffen kann ganz unterschiedlich sein und wird von jeder Gruppe selbst entschieden, beispielsweise wöchentlich, monatlich oder je nach Absprache.
  • Organisation: Je nach Größe der Organisation gibt es eine oder mehrere Gruppen und dementsprechend viele Leitungspersonen, die die Treffen organisieren, Kontakte nach außen pflegen und finanzielle Mittel verwalten. Es gibt aber auch kleine, rein privat organisierte Gruppen, die ohne Gelder oder eine Organisationsstruktur auskommen.
  • Finanzierung: Größere Selbsthilfeorganisationen sind meist als gemeinnützige Vereine eingetragen und erhalten Fördermittel. Viele erheben auch Mitgliedsbeiträge und erhalten Spenden.

Wie finde ich die richtige Krebs-Selbsthilfegruppe?

Wer eine Selbsthilfegruppe vor Ort sucht, kann zunächst bei den behandelnden Ärzten oder der Klinik nachfragen. Viele Städte bieten auch zentrale Selbsthilfestellen an, bei denen man sich erkundigen kann. Menschen mit Krebs können auch über die regionalen Krebsberatungsstellen fündig werden.

Eine gute Anlaufstelle im Internet ist außerdem die Datenbank NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen).

Außerdem gibt es Dachverbände, die Menschen mit Krebs unterstützen, ohne auf eine Tumorart festgelegt zu sein, wie etwa:

Die Dachverbände bieten Informationen, Interessenvertretung und Mitbestimmung und vermitteln Kontaktdaten regionaler Gruppen. Einige bieten auch Foren, Chats oder Social Media-Seiten an, über die man sich austauschen kann.

Auch für Angehörige kann Selbsthilfe eine Stütze in einer belastenden Situation sein. Sie können entweder in die Gruppe der Erkrankten gehen, aber es gibt auch eigene Gruppen als Hilfsangebote für Krebs-Angehörige.

Eine Selbsthilfegruppe finden

In Selbsthilfegruppen finden sich Menschen zusammen, de selbst oder als Angehörige von einer Erkrankung oder weiteren Problemen betroffen sind. Finden Sie eine passende Selbsthilfegruppe.

Selbsthilfegruppen finden

Sollte man auf diesen Wegen nicht fündig werden, beispielsweise weil man nicht in der Nähe einer Stadt oder größeren Gemeinde wohnt, bietet sich auch eine Internetsuche an. Manchmal finden sich Selbsthilfegruppen auch privat zusammen und bleiben „unter dem Radar“.

Bei dieser Art von Angeboten sollte man im Allgemeinen darauf achten, ob die Gruppe unabhängig und seriös ist:

  • Wer steht als Organisator hinter der Gruppe?
  • Wie läuft die Finanzierung?
  • Was sind die Ziele der Gruppe?
  • Was passiert mit meinen persönlichen Daten?

Und dann bleibt eigentlich nur noch ausprobieren: Gehen Sie zu einem Treffen! Prüfen Sie, ob Sie sich wohlfühlen, ob Sie sich öffnen können und ob die Chemie zwischen den Teilnehmenden und Ihnen stimmt. Denn jeder und jede Betroffene erlebt seine Erkrankung anders. Der eine mag von einer bestimmten Gruppe begeistert sein, während eine andere sich dort überhaupt nicht wohl fühlt.

Virtuelle Selbsthilfe: Krebs-Online-Foren

Die Coronapandemie hat persönliche Treffen schwierig gemacht. Viele Gruppen sind daher in dieser Zeit auf Treffen per Videokonferenz umgestiegen. Einige werden vielleicht sogar dabei bleiben, da die virtuellen Treffen viele weitere Vorteile bieten, wie etwa keine Fahrtwege oder weniger Betreuungsschwierigkeiten für Eltern mit kleinen Kindern.

Aber auch vor Corona gab es bereits virtuelle Lösungen für Selbsthilfe in Form von Foren. Wer keine geeignete Gruppe in der Nähe findet, Schwierigkeiten damit hat regelmäßige Termine wahrzunehmen, körperlich eingeschränkt ist oder sich einfach nicht vor einer Gruppe öffnen möchte, für den ist möglicherweise ein Online-Forum eine gute Lösung. Hier kann man ganz anonym bleiben und sich trotzdem informieren, mit anderen Betroffenen austauschen und Fragen stellen.

Auch für Menschen mit speziellen Situationen sind Foren attraktiv, denn dort findet man eine große Anzahl an Menschen, häufig über Ländergrenzen hinweg. Beispielsweise können eine seltene Erkrankung, Kombinationen von Erkrankungen oder eine sexuelle Orientierung ganz eigene Themen mit sich bringen, über die man sich in der regionalen Gruppe möglicherweise nicht austauschen kann.

Außerdem haben die meisten Foren ein Archiv, so dass auch ältere Fragen und Themen nicht verloren gehen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Foren jederzeit und von jedem Ort mit Internetanschluss zugänglich sind.

Aber auch hier gilt ganz besonders: Überprüfen Sie, mit welchem Anbieter Sie es zu tun haben. Das Internet ist leider voll von Seiten, in denen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. 

Manchmal trifft man auf Fake-User, die ihre Produkte bewerben, oder selbst ernannte Berater ohne geeignete Ausbildung. Auch veraltete Seiten, Foreneinträge, Videos oder Artikel laufen Gefahr, nicht mehr dem aktuellen Wissensstand zu entsprechen und somit Falschinformationen zu liefern.

Der Krebsinformationsdienst hat Kriterien formuliert, an denen man die Qualität des Webseiten- oder Forenbetreibers überprüfen kann:

  • Transparenz des Anbieters
  • Nennung von Ziel, Zweck und Zielgruppe
  • Autoren und Quellen der Information werden genannt
  • Angaben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und Überarbeitung
  • Kontaktmöglichkeit mit dem Anbieter
  • Angabe der Qualitätssicherung
  • Trennung von Werbung und Information.
  • Transparente Angaben zu Finanzierung, Sponsoren und Kooperationspartnern
  • Transparente Angaben zur Datenspeicherung

Seriöse Selbsthilfe-Foren im Internet zeichnen sich laut NAKOS vor allem durch folgende Merkmale aus:

  • Zweck ist der Erfahrungsaustausch zwischen betroffenen Menschen zu selbsthilferelevanten Anliegen
  • Verantwortung liegt bei Betroffenen oder Angehörigen
  • Öffentlicher Zugang ohne Bedingungen, wie Vereinsmitgliedschaft
  • Kein kommerzieller Zweck oder Gewinnorientierung

Psychoonkologische Angebote

Wer sich nicht mit der Selbsthilfe anfreunden kann und sich keiner Gruppe öffnen möchte, kann sich natürlich auch professionelle Unterstützung suchen. Wenn die Belastung über eine persönliche Grenze hinaus geht oder in eine Angststörung oder Depression mündet, ist eine (zusätzliche) Unterstützung durch eine Psychoonkologin oder einen Psychoonkologen ratsam. 

Diese Therapeuten sind speziell dafür ausgebildet, Menschen mit Krebs zu begleiten – von der Diagnose bis zur Nachsorge.

Psychoonkologie: Für Krebspatienten und Angehörige

Eine Krebserkrankung kann für psychische Belastungen sorgen. Diese kann mit professioneller Unterstützung, der Psychoonkologie, reduziert werden.

Psychoonkologie

Literatur und weiterführende Informationen

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