Ein junger Mann und sein Vater putzen zusammen Zähne
Zahngesundheit

Zahnfleischentzündung und Parodontitis: Symptome und Behandlung

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Natalie Tutzer (Medical Writer, TAKEPART Media + Science GmbH)

Qualitätssicherung

  • Gerhard W. Koch (Zahnarzt)

Fast jeder hatte schon einmal Zahnfleischbluten. Wenn Sie beim Zähneputzen oder Biss in den Apfel Rot sehen, kann eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) die Ursache sein. Hier erfahren Sie, woran Sie eine Entzündung erkennen, wann sie zur Parodontitis wird und was hilft, damit es gar nicht erst so weit kommt.

Wie entstehen Zahnfleischentzündungen und Parodontitis?

Häufigste Ursache von entzündetem Zahnfleisch ist ein Ungleichgewicht der Bakterien im Mund. Bakterien der sogenannten Mundflora verbinden sich mit Speiseresten zu bakteriellen Belägen (Plaque). Mit einer sorgfältigen Mundhygiene kann man diese weichen Beläge gut entfernen und die Menge der Bakterien im Mund verringern.

Werden die bakteriellen Zahnbeläge jedoch nicht vollständig weggeputzt, verbinden sie sich mit Mineralien im Speichel und verhärten zu Zahnstein. Auf dessen rauer Oberfläche über und unter dem Zahnfleischrand vermehren sich Bakterien besonders leicht, da sie in den Fugen vor Zahnbürste und Zahnseide geschützt sind. Sie stellen Giftstoffe (Toxine) her und das Zahnfleisch entzündet sich – besonders, wenn kleine Verletzungen oder zu heiße Speisen das empfindliche Zahnfleisch zusätzlich reizen.

Es gibt jedoch neben mangelnder Mundhygiene auch sogenannte systemische Ursachen für eine Gingivitis. Zu diesen gehören beispielsweise Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und bestimmte Medikamente zur Drosselung der Immunabwehr. Auch hormonelle Veränderungen können eine Rolle spielen: Frauen, die schwanger oder in den Wechseljahren sind, sowie Jugendliche, haben ein erhöhtes Risiko für Entzündungen des Zahnfleischs. Auch Rauchen, Stress oder ein Nährstoffmangel (z. B. Vitamin-C-Mangel) können Ursache für wiederkehrende Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) sein.

Symptome: Woran erkennt man eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis)?

Gesundes Zahnfleisch fühlt sich fest an und liegt eng an den Zähnen an. Anzeichen für eine Zahnfleischentzündung (med.: Gingivitis) sind gerötetes Zahnfleisch oder geschwollenes Zahnfleisch. Außerdem kann das Zahnfleisch bluten: Dann spuckt man manchmal beim Zähneputzen rötlichen Speichel aus. Die Giftstoffe, die die Bakterien ausscheiden, können Mundgeruch verursachen – welcher zwar direkt nach dem Zähneputzen weggeht, aber rasch wiederkehrt. Das Zahnfleisch kann auch druckempfindlich sein, aber meistens verursacht eine Zahnfleischentzündung keine Schmerzen.

Kleine BARMER-Infotafel mit Informationen zu Symptomen der Zahnfleischentzündung

Zahnfleischentzündung Infografik: Symptome einer Gingivitis

So entsteht Parodontitis

In Zahnfleischtaschen können sich Bakterien besonders geschützt vor Zahnbürste und Zahnseide ungebremst vermehren. Sie bilden Beläge am Zahnhals und können sich bis zur Zahnwurzel ausdehnen. Diesen Zahnstein unter dem Zahnfleischrand kann man nicht zuhause selbst wegputzen. Je größer eine Zahnfleischtasche ist, desto tiefer breiten sich Bakterien aus.

Erreichen sie die Zahnwurzeln und greifen den Zahnhalteapparat (Parodont) an, der die Zähne hält, spricht man von Parodontitis (umgangssprachlich auch Parodontose). Wird die Entzündung nicht behandelt, können Bakterien das Bindegewebe und den Kieferknochen, in dem der Zahn verankert ist, so stark angreifen, dass einzelne Zähne locker werden und sogar Zahnverlust droht. 

Bei fast jedem entzündet sich das Zahnfleisch ab und an mal. Das ist meist nicht bedenklich und die Entzündung klingt so schnell wieder ab, wie sie kam. Bei weitem nicht jede Zahnfleischentzündung wird zur Parodontitis. 

Aber: jede Parodontitis beginnt als Zahnfleischentzündung (Gingivitis). Deshalb sollte häufig entzündetes Zahnfleisch als Hinweis verstanden werden, dass die eigene Zahnpflegeroutine bisher nicht ausreichen könnte. Doch auch zu hartes „Schrubben“ der Zähne und des Zahnfleisches kann das Problem verstärken, da es das Zahnfleisch zusätzlich reizt.

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Parodontitis erkennen

Je früher eine Parodontitis erkannt wird, desto leichter können Zahnärzte sie behandeln und eine Therapie einleiten. Einige Beschwerden verursacht sie jedoch erst, wenn sie weit fortgeschritten ist. Zu den Symptomen der Parodontitis gehören:

  • anhaltendes Zahnfleischbluten
  • gerötetes, geschwollenes oder schmerzendes Zahnfleisch
  • sichtbarer Spalt zwischen Zähnen und Zahnfleisch (Zahnfleischtaschen)
  • schmerzempfindliche Zähne, auch beim Kauen
  • Zahnfleischrückgang, wodurch die Zähne länger wirken („lange Zähne“)
  • ständiger Mundgeruch

Ist die Parodontitis bereits weit fortgeschritten, können sich Zähne verschieben und wackeln. Meistens sind einzelne Zähne oder Zahngruppen betroffen und nicht alle gleichzeitig.

Eine Parodontitis verläuft oft in Schüben. Deshalb können Symptome eine Zeit lang nachlassen und man gewinnt den Eindruck, das Problem habe sich von selbst gelöst. Das ist jedoch trügerisch: Eine Parodontitis kann nicht von allein heilen.

Wann zum Zahnarzt oder zur Zahnärztin?

Wenn das Zahnfleisch trotz sorgfältiger Mundhygiene immer wieder blutet und sich Entzündungen bilden, oder Beschwerden gar dauerhaft über mehrere Wochen hinweg anhalten, ist es an der Zeit, einen Termin in der Zahnarztpraxis zu vereinbaren. 

Wenn Sie mit einem schlechten Gewissen oder gar einem Gefühl von Scham an Zahnärzte denken, weil Sie „eigentlich schon lange mal wieder gehen“ wollten und dies immer weiter hinauszögern, sind Sie nicht alleine: Viele Menschen verbinden mit Zahnarztpraxen negative Gefühle und nehmen deshalb ihre regelmäßigen Kontrolluntersuchungen nicht wahr. 

Immerhin gibt einer von zehn Erwachsenen an, mit dem Zahnarztbesuch starke Ängste zu verbinden. Das kann jedoch dazu führen, dass ansonsten gut behandelbare Beschwerden sich immer weiter verschlimmern. Zahnarztangst kann überwunden werden: Das Beste ist, direkt bei der Terminvereinbarung Ihre Sorge zu nennen. Dann kann das Praxisteam sich darauf einstellen und sich besonders um Sie kümmern.

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Behandlung: Was hilft gegen akute Gingivitis?

Sie können einige Maßnahmen ergreifen, wenn Sie selbst dazu beitragen möchten, dass Ihr entzündetes Zahnfleisch heilt:

  • sorgfältige Zahnpflege mit Zahnseide
  • gründliche Mundhygiene
  • sanft Zähneputzen statt „schrubben“
  • antimikrobielle Mundspülungen
  • nicht Rauchen
  • Stress verringern
  • regelmäßige Kontrollen bei Zahnärzten

Die Ursache von Gingivitis und Parodontitis sind fast immer zu viele Bakterien im Mund. Das A und O für gesundes Zahnfleisch ist deshalb eine gute Zahnpflegeroutine, die die Zahl der Bakterien im Mund verringert. Richtig Zähneputzen bedeutet:

  • mindestens zwei Minuten lang putzen
  • Zahnbelag von jedem einzelnen Zahn entfernen
  • Zahnzwischenraumbürsten oder Zahnseide (ohne Zahnpasta) verwenden

Besser putzen heißt jedoch nicht „stärker“ putzen; zu harte Borsten oder zu viel Druck beim Putzen können das Zahnfleisch zusätzlich verletzen und reizen. Deshalb sollte man sanft länger und gründlicher putzen, auch an schwer erreichbaren Stellen wie den hinteren Backenzähnen. Zahnzwischenraumbürsten oder Zahnseide sind fester Bestandteil einer vollständigen Zahnpflegeroutine, da nur sie Beläge zwischen den Zähnen entfernen können. Besser als Salben und Gels kann bei einer akuten Zahnfleischentzündung eine Mundspülung, etwa mit Chlorhexidin, helfen, die Zahl der Bakterien im Mund zu reduzieren.

Stress senkt die Immunabwehr, weshalb häufiger Zahnfleischentzündungen auftreten können. Ihn zu reduzieren, kann gegen vielerlei Beschwerden helfen.

Auch wer raucht, ist viel anfälliger für Zahnfleischentzündungen – ein weiterer Grund für diejenigen, die sich schon lange überlegen, mit dem Rauchen aufzuhören.

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Was machen Zahnärzte bei entzündetem Zahnfleisch?

Im ersten Schritt der Therapie entfernen Zahnärzte alle Zahnbeläge und falls nötig Zahnstein, auch unter dem Zahnfleischrand („Deep scaling“). Da sich Bakterien in Zahnstein besonders gut vermehren können, wird ihnen so die Grundlage entzogen.

Die Behandlung der Entzündung kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn sie von Patienten zuhause fortgesetzt wird. Innerhalb weniger Stunden nach der professionellen Reinigung beim Zahnarzt bilden sich Zahnbeläge bereits neu. Daher ist es wichtig, dass Menschen sich an den Empfehlungen ihrer Zahnärzte zur richtigen Mundhygiene orientieren.

Putzt man sich zwei Mal täglich die Zähne, nutzt Zahnseide und spült den Mund mit einer Flüssigkeit, die das gesunde Bakteriengleichgewicht im Mund wiederherstellt, kann man selbst viel für ein gesundes Gebiss tun. Am besten nimmt man nach sechs bis zwölf Monaten einen weiteren Kontrolltermin in der Zahnarztpraxis wahr.

Bei der Behandlung von Zahnfleischentzündungen in der Zahnarztpraxis untersuchen Ärzte mithilfe eines Instruments (Parodontalsonde) das gesamte Gebiss Zahn für Zahn und ziehen den Parodontalen Screening Index (PSI) hinzu, um eine Parodontitis zu erkennen: der PSI definiert für Kategorien wie Spaltenbreite zwischen den Zähnen, Tiefe von Zahnfleischtaschen, Empfindlichkeit des Zahnfleisches oder Hinweise auf Zahnfleischrückgang, ab wann man von einer Zahnfleischentzündung oder Parodontose spricht.

Eine Taschentiefe von 2 bis 3 Millimetern ist natürlich und meist unbedenklich; sind die Taschen tiefer, kann eine weiterführende Behandlung beim Zahnarzt notwendig sein. Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen alle zwei Jahre für die Parodontitis-Früherkennungsuntersuchung.

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Behandlung und Kostenübernahme von Parodontitis

Der erste Schritt bei der Behandlung von Parodontitis ist die genaue Diagnose. Hierfür messen Ärzte den PSI-Wert anhand der Tiefe der Zahnfleischtaschen. Die Schwere und Ausbreitung der Erkrankung wird anhand weiterer Untersuchungsmethoden erhoben. Eine Röntgenuntersuchung kann sichtbar machen, ob Bakterien bereits begonnen haben, den Kieferknochen abzubauen.

Um die Parodontitis zu behandeln, entfernen Zahnärzte zunächst alle Ablagerungen wie Zahnstein über und unter dem Zahnfleischrand. Auch Ränder von Zahnfüllungen und Zahnkronen, die unter Umständen überstehen, werden geglättet.

Je nachdem, wie weit die Parodontitis fortgeschritten ist, kann eine Operation nötig sein: Bei dieser können Beläge vollständig von der Zahnoberfläche und der Zahnwurzel entfernt werden. Ist bereits ein Teil des Zahnhalteapparats beschädigt, wird das erkrankte Gewebe operativ entfernt. Damit kann das verbliebene Gewebe sich erholen und den Zahn bis zu einem entsprechenden Grad wieder stabilisieren.

Seit dem 01. Juli 2021 zahlen die gesetzlichen Krankenkassen weitere Leistungen bei der Behandlung der schweren Parodontitis sowie für die Begleitung von Patienten über zwei Jahre hinweg, um einen langfristigen Behandlungserfolg zu sichern.

Literatur und weiterführende Informationen

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