Stilisierte Darstellung von Schilddrüsenkrebszellen
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Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinome)

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Natalie Tutzer (Medical Writer, TAKEPART Media + Science GmbH)

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Utta Petzold (Dermatologin, Allergologin, Phlebologin, Barmer)

Was ist Schilddrüsenkrebs?

Bei Schilddrüsenkrebs handelt es sich um einen bösartigen Tumor, ein sogenanntes Karzinom, in der Schilddrüse. Diese Art von Krebs tritt eher selten auf: jährlich erkranken in Deutschland rund 7.000 Menschen daran.

Welche Formen von Schilddrüsenkrebs gibt es? 

Es gibt verschiedene Arten von Schilddrüsenkarzinomen: die papillären und follikulären Karzinome sind am häufigsten. Sie zählen zu den sogenannten differenzierten Karzinomen. Früh erkannt sind sie durch Operation und Radiojodtherapie oft sehr gut behandelbar.

Weitere Formen sind das medulläre Schilddrüsenkarzinom, dessen Prognose ebenfalls gut ist – vorausgesetzt, es wird früh erkannt – sowie die sehr seltene, aber aggressive Form des anaplastischen Karzinoms. Dessen Prognose ist eher schlecht.

Symptome und Anzeichen für Schilddrüsenkrebs

Schilddrüsenkrebs verursacht häufig erst im fortgeschrittenen Stadium Symptome. Wenn ein Tumor in der Schilddrüse wächst, kann er auf umliegende Bereiche drücken und so zu Beschwerden führen:

  • Druckgefühl im Hals
  • Heiserkeit
  • Hustenreiz
  • Schluckbeschwerden
  • Atemnot
  • schnellwachsender Kropf
  • tastbare oder sichtbare vergrößerte Lymphknoten im Halsbereich

Treten solche Beschwerden für länger als zwei Wochen auf, sollten Sie sie ärztlich abklären lassen. Sie müssen jedoch kein Grund zur Sorge sein: Viele dieser Symptome sind unspezifisch und können ganz andere Ursachen, einschließlich einer harmlosen Erkältung, haben.

Schilddrüsenkrebs: Risikofaktoren

Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen können ein erhöhtes Risiko haben, an diesem Krebs zu erkranken. Ein Jodmangel kann zu einem erhöhten TSH-Wert des Blutes und zu einem Kropf führen. Diese Vorerkrankungen steigern das Risiko, an einem follikulären Karzinom zu erkranken.

Daher wird bei der Diagnose die Stoffwechselaktivität der Schilddrüse oft mit Hilfe einer sogenannten Szintigrafie untersucht. Sie können selbst zu einer gesunden Schilddrüse beitragen, indem Sie auf eine ausreichende Jodzufuhr durch die Nahrung achten.

Auch Personen, deren Schilddrüse einer hohen Strahlenbelastung durch radioaktives Jod ausgesetzt war, beispielsweise infolge einer Reaktorkatastrophe, haben ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenkrebs. Das Risiko hängt von der Strahlendosis ab, der diese Personen ausgesetzt waren.

Durchschnittlich vergehen nach der Strahlenbelastung bis zur Entstehung eines Schilddrüsenkarzinoms zwischen 5 und 15 Jahren.
Auch wer im jungen Alter an Morbus Hodgkin erkrankt war und im Halsbereich mit Röntgenstrahlen behandelt wurde, hat ein höheres Risiko dafür, später ein Schilddrüsenkarzinom zu entwickeln.

Menschen, die einen schnellwachsenden Schilddrüsenknoten haben und jünger als 20 Jahre beziehungsweise älter als 60 Jahre alt sind, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken – auch wenn dies sehr selten geschieht.

Sehr selten kann auch eine familiäre Vorbelastung das Risiko für (medullären) Schilddrüsenkrebs erhöhen.

Wie wird Schilddrüsenkrebs diagnostiziert?

Bildgebende Verfahren

Um bösartige Veränderungen in der Schilddrüse zu identifizieren, wird oft die sogenannte Szintigrafie eingesetzt. Das ist eine Methode aus der Nuklearmedizin, bei der eine leicht radioaktive Substanz in die Vene gespritzt wird. Die Strahlenbelastung der Untersuchung ist sehr gering und in etwa mit einer Röntgenaufnahme vergleichbar. Das besondere an der Szintigrafie ist, dass sie nicht nur Gewebe, sondern auch dessen Stoffwechselaktivität sichtbar macht.

So können Tumore und Metastasen, aber auch Entzündungen gefunden werden. Diese Methode kann auch für die Untersuchung der Lunge, der Niere oder des Herzens eingesetzt werden.
Darüber hinaus können auch andere sogenannte bildgebende Verfahren für die Diagnose eingesetzt werden. Dazu gehören die Computertomographie (CT), eine spezielle Röntgen-Untersuchung, und die Magnetresonanztomographie (MRT). Beide Untersuchungen liefern Schichtbilder des Körpers.

Eine weitere Untersuchungsmethode ist der Ultraschall (Sonografie). Auch eine Spiegelung der Luft- oder Speiseröhre ist denkbar. Bei diesem Untersuchungsverfahren wird eine sehr kleine Kamera an einem flexiblen oder starren Stab durch den Rachen eingeführt – meist geschieht das unter ambulanter Narkose.

Gewebeproben

Um einen Tumor genauer zu bestimmen, können von ihm Gewebeproben per Feinnadelbiopsie – in der Regel ambulant – entnommen und unter dem Mikroskop nach verschiedenen Kriterien untersucht werden (Zytologie).
Beim sogenannten Grading wird untersucht, wie stark die Tumorzellen sich von gesundem Gewebe unterscheiden.

Je ähnlicher die Krebszellen den normalen Zellen sind, desto günstiger ist die Prognose für die Behandlung.
Das Ausbreitungsverhalten beschreibt, wie schnell der Tumor wächst und sich ausbreitet. Davon hängt ab, ob und wie gut er operativ entfernt werden kann.
Das Staging stellt dar, wie weit sich der Tumor ausgebreitet hat, ob und wie viele Lymphknoten er befallen und ob er bereits in andere Organe gestreut hat. Das Staging erfolgt mithilfe der sogenannten TNM-Klassifikation (Tumor, Node/Lymphknoten, Metastasen).


Durch Gewebeproben kann auch der Typ des Schilddrüsenkarzinoms bestimmt werden: Das papilläre und follikuläre Karzinom kommen am häufigsten vor und sind auch am besten zu behandeln. Sie werden als differenzierte Karzinome bezeichnet.
Eine seltene Form des Schilddrüsenkrebses ist das medulläre Karzinom. Diese Art von Tumor wächst in den C-Zellen, die sich im Gewebe zwischen den Schilddrüsenfollikeln befinden und zählt ebenfalls zu den differenzierten Schilddrüsenkarzinomen.

Das medulläre Karzinom kann vererbt werden. In diesem Fall entsteht das Karzinom im Rahmen einer sogenannten multiplen endokrinen Neoplasie (MEN). Das ist eine Erbkrankheit, die Krebs in hormonproduzierenden Organen verursachen kann.
Eine ebenfalls seltene Krebsform ist das anaplastische Schilddrüsenkarzinom.

Das anaplastische Karzinom wird, im Gegensatz zu den differenzierten, als undifferenziertes Karzinom bezeichnet. Bildlich gesprochen wachsen die Tumorzellen so schnell, dass sie sich nicht einmal mehr die Zeit nehmen, die typischen Zellmerkmale eine Schilddrüsenzelle zu entwickeln.

Behandlung von Schilddrüsenkarzinomen

Für die Planung der weiteren Behandlung spielen Stadium und Form (differenziert oder undifferenziert) des Tumors, aber auch noch andere Faktoren eine Rolle, weshalb hier Experten verschiedener Fachrichtungen eng zusammenarbeiten (Tumorboard).

Sehr wichtig ist beispielsweise auch der Allgemeinzustand der Erkrankten. Wird der Tumor früh entdeckt, ist das Ziel der Behandlung, die Erkrankung zu heilen (kurative Behandlung). Wenn die Erkrankung schon zu weit fortgeschritten ist und der Schilddrüsenkrebs nicht durch andere Therapien zerstört werden kann, versucht das Behandlungsteam, den Tumor möglichst lange zu kontrollieren und gleichzeitig die Lebensqualität des Betroffenen zu erhalten (palliative Behandlung).

Operation

Wenn möglich, wird Schilddrüsenkrebs in der Regel zunächst operiert. Dabei entfernt ein Ärzteteam den Tumor meist mitsamt der vollständigen Schilddrüse und den umliegenden Lymphknoten (Thyreoidektomie). Bei sehr kleinen, papillären Karzinomen genügt es in seltenen Fällen, nur einen Teil der Schilddrüse zu entfernen.
Hat ein differenziertes Schilddrüsenkarzinom bereits in benachbarte Organe wie die Speise- oder Luftröhre gestreut, können auch diese teilweise entfernt werden, wenn sich dadurch der Tumor vollständig beseitigen lässt.

Radiojodtherapie

Um das papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinom zu behandeln, wird nach der Operation oft radioaktives Jod eingesetzt (Radiojodtherapie). Da diese Formen von Tumoren Jod aufnehmen, werden sie auf diese Art von innen bestrahlt und zerstört. So können nach einer Operation letzte Krebs- und auch Schilddrüsenzellen aufgelöst werden.

Diese Therapie hat kaum Einfluss auf andere Organe. Vor der Behandlung muss das Schilddrüsengewebe möglichst vollständig operativ entfernt worden sein. Patienten nehmen das radioaktive Jod in Form von Kapseln zu sich.
Da medulläre und anaplastische Schilddrüsenkarzinome kein Jod speichern, kommt die Radiojodtherapie für sie nicht in Frage.

Strahlentherapie

Die Strahlenbehandlung wird bei Schilddrüsenkrebs meist im Anschluss an eine Operation beziehungsweise Radiojodtherapie durchgeführt (adjuvante Strahlentherapie). Bei dieser Therapie zerstören ionisierende Strahlen kleinste Metastasen und übrige Krebszellen.
Die Strahlentherapie dient außerdem dazu, das Wachstum von Metastasen zu verlangsamen.

Chemotherapie

Bei einer Chemotherapie kommen bestimmte Medikamente zum Einsatz, die das Wachstum von sich schnell vermehrenden Zellen (wie Tumorzellen) bremsen können. Während „klassische“ Wirkstoffe der Chemotherapie, die sogenannten Zytostatika, die unkontrollierte Zellteilung behindern, wirken die zielgerichteten Medikamente auf besondere Eigenschaften der Krebszellen.

Sie blockieren beispielsweise spezifische Botenstoffe für das Zellwachstum oder sie verhindern, dass sich neue Blutgefäße bilden und den Krebs versorgen. Diese Form der Chemotherapie wird auch Immuntherapie genannt. So kann das Fortschreiten der Erkrankung manchmal verzögert werden. Vollständig zerstören und damit heilen können Chemo- und Immuntherapie den Schilddrüsenkrebs nicht.

Bei Schilddrüsenkrebs wird die klassische Chemotherapie seltener und eher bei undifferenzierten, aggressiven Schilddrüsenkarzinomen vor oder nach einer Operation eingesetzt. Für die vergleichsweise neue Immuntherapie werden bisher vielversprechende Effekte berichtet. Für eine generelle Empfehlung müssen aber noch weitere Studien folgen.

Palliativmedizinische Behandlung

Wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist, ist es die Aufgabe der Palliativmedizin, die Beschwerden des Patienten oder der Patientin zu lindern und möglichst lange eine möglichst hohe Lebensqualität zu erhalten. Wichtig dabei ist auch, unnötige Untersuchungen und Behandlungen zu vermeiden.

Erkrankte werden nicht nur pflegerisch begleitet, auch soziale Aspekte spielen eine wesentliche Rolle. Das Palliativteam hilft dabei, kraftspendende Lebensinhalte möglichst lange aufrechtzuerhalten.
 

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Ist Schilddrüsenkrebs heilbar?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: Insbesondere die Art des Schilddrüsenkarzinoms und wie weit es bereits fortgeschritten ist sowie der gesamtgesundheitliche Zustand der Patienten beeinflussen die Prognose.

Die differenzierten Tumoren, das follikuläre und papilläre Karzinom, wachsen meist langsam. Durch eine Kombination von OP und Radiojodtherapie sind sie oft sehr gut behandelbar. Nach fünf Jahren leben noch etwa 80 Prozent der von einem follikulären Karzinom betroffenen Menschen.

Die Prognose für das papilläre Karzinom ist tendenziell noch besser. Selbst wenn sich Metastasen gebildet haben – beim papillären Karzinom oft in umliegenden Lymphknoten, beim follikulären eher in Lunge oder Knochen – kann eine Heilung noch möglich sein.

Früh erkannt liegt die Heilungschance des medullären Karzinoms bei über 90 Prozent. Es kann jedoch früh in die Lymphknoten des Halses und den Brustkorb, danach vor allem in die Leber, Lunge oder Knochen streuen. Dann sinkt die Heilungschance auf etwa 50 Prozent.

Das anaplastische Karzinom hingegen ist zwar sehr selten, aber auch sehr aggressiv. Es wächst schnell und streut früh in Leber, Lunge, Knochen und das Gehirn. Die Prognose ist leider entsprechend ungünstig. Weniger als zehn Prozent der Betroffenen überleben die ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung.

Der jeweilige Arzt oder die Ärztin erklären Erkrankten in einem ausführlichen Gespräch ihre Behandlungsmöglichkeiten sowie ihre Prognose. Patienten können die Entscheidung über ihre Therapie gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten treffen.

Nachbehandlung und Nachsorge

In der Nachsorge sollen Begleiterscheinungen und Nebenwirkungen der Krebstherapie schnell erkannt und behandelt werden. Dabei helfen regelmäßige Arztbesuche, bei denen auch auf Anzeichen für einen möglichen Rückfall oder die Bildung von Metastasen geachtet wird.

Wurde die Schilddrüse operativ entfernt, gehört zur medizinischen Nachsorge die regelmäßige und konsequente Einnahme von Schilddrüsenhormonen, die der Körper nicht mehr selbst bilden kann.

Patienten sollen außerdem dabei unterstützt werden, mit den psychischen und sozialen Herausforderungen während und nach der Erkrankung umzugehen.

Welche Funktion hat eine Schilddrüse?

Die Schilddrüse ist ein Stoffwechselorgan, das im Hals vor der Luft- und Speiseröhre sitzt. Die Schilddrüse besteht aus feinen Bläschen (Follikel), in welchen die Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) gebildet und gespeichert werden.

Diese beiden Hormone beeinflussen zahlreiche Körperfunktionen und sind sehr wichtig für die allgemeine Stoffwechsellage des Organismus. Darum kontrollieren das Zwischenhirn (Hypothalamus) und die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) ständig den Spiegel dieser beiden Hormone im Blut.

Sinkt dieser, sendet die Hirnanhangdrüse den Botenstoff TSH (Thyroid Stimulating Hormone) an die Schilddrüse und regt sie damit zur Ausschüttung von Hormonen an. Ist der Hormonspiegel im Blut dagegen zu hoch, hält die Hirnanhangdrüse TSH zurück, bis die Hormonverhältnisse wieder normal sind.

Die Hormone T3 und T4 bestehen zu einem großen Teil aus dem Spurenelement Jod. Da unser Körper dieses nicht selbst herstellt, müssen wir es in Form von jodhaltigen Nahrungsmitteln über das Essen zu uns nehmen. Zu diesen Nahrungsmitteln zählen unter anderem Seefisch oder Jodsalz.

Der Hormonstoffwechsel durch unsere Schilddrüse hat großen Einfluss auf unsere gesamte körperliche und seelische Gesundheit: ist er außer Balance, kann sich das in Form von Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, aber auch Nervosität oder Niedergeschlagenheit äußern. Eine Blutuntersuchung kann erste Hinweise auf mögliche Erkrankungen der Schilddrüse geben.

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