Eine Frau liegt mit geschlossenen Augen auf einer Wiese
Körper und Vorsorge

So funktioniert unser Ohr: warum wir hören können

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Dr. Ann-Kristin Iwersen

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Utta Petzold (Dermatologin, Allergologin, Phlebologin, Barmer)

Haben Sie sich schon öfter gefragt, wie das Hören funktioniert? Erfahren Sie, wie das menschliche Gehör arbeitet und wie es zu einer Schwerhörigkeit kommen kann. „Ganz Ohr sein“ – das heißt so viel wie: Gut zuhören. Alles aufnehmen.

Wenn wir nicht gut hören und unser Hörvermögen eingeschränkt ist, nehmen wir unsere Umwelt also nicht vollständig wahr. Doch was macht der physische Apparat „Ohr“ genau? Wie wird ein Ton weitergeleitet und im Gehirn verarbeitet? Warum lässt unsere Hörfähigkeit mit dem Alter nach? Und gibt es ein Anti-Aging für die Ohren? 

Ohren und Hören: so wandern Geräusche durch den Gehörgang

Das menschliche Ohr ist ein faszinierendes Organ. Schauen wir es uns einmal von außen nach innen an: Wir sehen zunächst das Außenohr mit der sichtbaren Ohrmuschel, optisch bereits auffällig mit seinen zahlreichen scheinbar nutzlosen Schnörkeln.

Dabei ist die Form des äußeren Gehörgangs kein Zufall. Denn: Die Ohrmuschel sammelt die Schallwellen, die sich durch den äußeren "Meatus acusticus externus ossesus" bis zum Trommelfell hin ausbreiten und dieses zum Schwingen bringen.

Das Mittelohr

Das Trommelfell ist eine dünne Membran zwischen Außenohr und dem sogenannten Mittelohr. Dieser mittlere Bereich enthält einen luftgefüllten Hohlraum, der Paukenhöhle heißt. Darin befinden sich drei Gehörknöchelchen. Wegen ihrer Form heißen sie Hammer, Amboss und Steigbügel. Die Gehörknöchelchen tragen dafür Sorge, dass die Schwingungen ans Innenohr weitergeleitet werden.

Das Mittelohr ist über eine kleine Röhre mit dem Mund verbunden. Diese dient der Belüftung des Mittelohres, sorgt für Luftzufuhr und Druckausgleich. Die Eustachische Röhre ist, im Krankheitsfall, der Weg, über den Bakterien aus dem Nasen- und Rachenraum in die Nase gelangen. Eine solche Infektion führt dann zur Entzündung des Mittelohres. 

Das Innenohr

Das Innenohr enthält neben dem Gleichgewichtsorgan die sogenannte Schnecke. In ihrem Inneren ist sie mit tausenden feinen Haarzellen bedeckt. In der der Schnecke, auch Cochlea genannt, ist außerdem Flüssigkeit, sogenannte Lymphe. Die eingehenden Schallbewegungen setzen die Lymphe in Bewegung, was wiederum die feinen Härchen entsprechend bewegt.

Das Corti’sche Organ im Innenohr wandelt die mechanischen Schwingungen in elektrische Impulse, die dann vom Hörnerv aus zum Gehirn gelangen. Im sogenannten auditorischen Kortex, dem Hörzentrum des Gehirns, werden die akustischen Informationen schließlich interpretiert und in Sprache, Musik, Töne, Klänge, Geräusche eingeordnet. Ist der Hörnerv infolge Verletzungen oder Krankheiten geschädigt, kann das Schwerhörigkeit zur Folge haben. 

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Warum wir manchmal weniger gut hören

Hören im Alter

Gesunde Menschen können Frequenzen zwischen 20 und 20.000 Hertz erkennen. Im Alter sinkt das Spektrum hörbarer Frequenzen, manchmal bis hin zur Altersschwerhörigkeit. 

Meist sind es zuerst hohe Frequenzen, die wir nicht mehr so gut wahrnehmen. Wir bemerken dann, dass wir zum Beispiel Vogelgezwitscher nicht mehr so gut wahrzunehmen und dass es uns schwerer fällt, beispielsweise die Konsonanten K und P, S und T zu hören oder sie zu unterscheiden.

Die Minderung der Hörfähigkeit ist ein schleichender Prozess und dauert meist Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.

Was aber genau passiert im Inneren des Hörorgans, wenn wir mit zunehmendem Alter nicht mehr alle Worte und akustischen Signale um uns herum richtig oder rechtzeitig verstehen? Zum einen sterben mit dem Alter Sinneszellen im Innenohr ab.

Das ist nennt man peripherer Hörverlust. Dadurch wird weniger aufgenommen, und in der Folge gewöhnt sich das Gehirn an die neue Hörsituation. Mit anderen Worten: Das Gehirn vermisst die fehlenden Hörinformationen nicht mehr, sondern vergisst einfach, dass es bestimmte Dinge einmal akustisch wahrnehmen konnte und wie sie sich angehört haben.

Der schlechtere Zustand wird für das Gehirn also das neue Normal.
Zum anderen kann sich im Gehirn die Verarbeitungsgeschwindigkeit für akustische Signale verlangsamen. Auch dieser sogenannte zentrale Hörverlust führt zu Problemen im Alter.

In beiden Fällen kann ein Hörgerät helfen, die Hörleistung zu steigern - das wiederum gibt dem Patienten Sicherheit im Straßenverkehr und ebenso wie im sozialen Miteinander. 

Falsche Pflege der Ohren mit Wattestäbchen

Ohren können nur von außen schmutzig sein. Denn: Das Inneres des Sinnesorgans reinigt sich selbst. Und zwar mit dem Ohrenschmalz. Das ist ein Sekret der Drüsen des Gehörganges. 

Es hält die Haut im Gehörgang feucht. Und weil es fettig ist, schützt es das Ohr vor möglichem Eindringen von Wassertropfen. Fachärzte nennen das Schmalz Cerumen. Es transportiert, Staub, tote Hautzellen oder winzige Fremdkörper nach außen. Das geschieht mithilfe der kleine Haare im Ohr und immer, wenn wir die Kaumuskeln bewegen sodass die Muskeln am Ohr in Bewegung kommen.

Das empfindliche Sinnesorgan mit Wattestäbchen reinigen, bewirkt, das eine kleine Menge Schmalz nach hinten geschoben wird, was irgendwann zu einem Pfropf vor dem Trommelfell führt.

Der wiederum führt zur deutlichen Hörminderung, denn die Schallwellen gelangen nicht mehr ungehindert durch den Hörapparat. Die Behandlung ist relativ leicht: Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt spült den Gehörgang mit lauwarmem Wasser.

Das löst den Pfropf und sorgt wieder für gutes Hörvermögen des Patienten.  Zu viel Ohrenschmalz kann Juckreiz auslösen. Tipp: So pflegen Sie Ihre Ohren richtig.

Gehörgangentzündung

"Otitis externa" nennen es Fachleute, wenn der äußere Gehörgang entzündet ist.  Die Entzündung zeigt sich daran, dass die Haut darin gerötet und geschwollen ist.

Ursache dafür können Pilze, Viren oder Allergien sein. Der Patient empfindet mittleren bis starken Schmerz. Je nach Schwellung kann auch das Hören eingeschränkt sein. In jedem Fall sollte ein Facharzt oder, bei Kindern, ein Kinderarzt aufgesucht werden.

Infolge einer Entzündung im Außen- oder Innenohr oder durch kleinere Verletzungen der Haut im Gehörgang kann sich außerdem ein Abszess im Gehörgang bilden.

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Mittelohrentzündung

Weniger Hörvermögen, Fieber und starke Ohrenschmerzen sind Symptome einer Mittelohrentzündung. Eine solche Entzündung kann Folge eines Schnupfens oder einer Grippe sein.

Viren oder Bakterien sind Verursacher der "Oditis media", wie der HNO-Arzt zur Mittelohrentzündung sagt. Eine eigenständige Behandlung mit Hausmitteln kann die Krankheit lindern. Abschwellende Nasentropfen sorgen für gute Ohrbelüftung. Bei schwereren Formen können Medikamente gegen Schmerz und Antibiotika zum Einsatz kommen. 

Wasser im Ohr

Wasser kann auf zweierlei Weise zur Hörminderung führen: Dringt es beim Duschen oder Baden in die Ohrmuschel, kann es bewirken, dass das Ohrenschmalz, sofern es schon als Pfropf vor dem Trommelfell klebt, aufquillt. Geräusche gelangen dann nicht mehr in gewohnter Lautstärke ins Innenohr. Geht dieser Zustand nicht von selbst vorüber, hilft eine Spülung.

Mithilfe von Wasser können aber auch Bakterien ins Ohr eindringen. Das ist häufig die Ursache für eine Infektion der Ohren in der Sommersaison, wenn Badeseen oder Freibäder von vielen besucht werden. 

Vergrößerte Nasen-Polypen / Rachenmandel 

Vergrößerte Rachenmandel, auch Adenoide genannt, können zu Hörminderung führen. Das trifft häufig bei Babys oder Kleinkindern zu, aber kann auch Erwachsene betreffen.

Die Rachenmandel ist Teil unseres Immunsystems. Sie liegt hinter der Nase und fängt gewissermaßen Keime ab, die wir über die Nase einatmen. Die Mandel im Mundrachen, die wir, wenn sie anschwillt, beim Blick in den Spiegel erkennen können, ist ebenfalls Teil unseres Immunsystems. Sie hält Pilze, Viren und Bakterien auf.

Gibt es starke Wucherungen der Rachenmandel, ist dies äußerlich erkennbar. Nachts etwa schläft das Kind mit nach hinten überstrecktem Kopf, um Luft zu bekommen, es schnarcht mit Atemaussetzern.

Tagsüber atmet es viel durch den Mund, isst vielleicht weniger, spricht teils undeutlich oder zeigt anderweitig Sprachentwicklungsverzögerungen. Eine operative Entfernung der Rachenmandel schafft Abhilfe. Die Sprachverzögerung holt der kleine Patient in der Regel auch ohne fremde Hilfe auf. 

Hörsturz

Die plötzliche Hörminderung, meist bei einem Ohr feststellbar, nennt man Hörsturz. Ohrgeräusche oder ein Druckgefühl auf einem Ohr können Symptome dafür sein. Nach spätestens 48 Stunden sollten Betroffene einen HNO-Arzt aufsuchen. Als Folge eines Hörsturzes kann der Betroffene einen Tinnitus bekommen.

Tinnitus

Unfälle, Knalltraumata, aber auch Halswirbelsäulenerkrankungen oder anhaltender Stress können ursächlich für Tinnitus sein. Er äußert sich durch Ohrgeräusche, ein Pfeifen, ein Piepen im Ohr oder stetes Rauschen. Tinnitus kann akut oder chronisch sein. Und eine leichte Hörminderung hervorrufen.

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Irgendwann wird es im Ohr leiser 

Bis etwa zum 20. Lebensjahr bleibt das volle Frequenzspektrum erhalten. Menschen mittleren Alters können in der Regel noch Töne bis zu einem Frequenzbereich von 12.000 bis 14.000 Hertz hören. Generell hören wir Menschen Töne im mittleren Frequenzbereich deutlich stärker – also lauter – als sehr niedrige und sehr hohe Frequenzen.

Viele Faktoren haben Einfluss auf die Entwicklung des Gehörs. Unter anderem auch, wie gut wir unsere Ohren behandeln. Der Beruf spielt ebenfalls eine Rolle – manche Menschen sind im Beruf regelmäßig höheren Lautstärkepegeln ausgesetzt.

Auch das kann zu einem vorzeitigen Hörverlust führen. Schlechte Nachrichten zudem für alle Männer: Ihr Gehör baut im Durchschnitt schneller ab als das von Frauen. Die gute Nachricht: Dem kann man tatsächlich verbeugen und mit gezieltem Training kann man sein Gehör sogar wieder verbessern!

Kann man seine Ohren trainieren?

„Mit dem Alter hört man eben schlechter!“ – wer hat diesen Satz nicht schon einmal von seinen Eltern und Großeltern gehört. Dabei ist Hörverlust mittlerweile tatsächlich nichts mehr, was man einfach so hinnehmen muss: Mit gezieltem Training lässt sich die Hörleistung verbessern oder zumindest sein Verlust verlangsamen.

Ganz gleich in welchem Alter. Aber wie geht das?
Die meisten Hörübungen beruhen darauf, dass man sich aktiv auf das Hören konzentriert. So wird die auditive Wahrnehmung geschärft, was zu einer merklichen Steigerung der Hörleistung führen kann.
Ein Beispiel: Man geht an einen lauten Ort, beispielsweise ein Einkaufszentrum.

Dort versucht man, sich auf genau ein Geräusch zu konzentrieren. Alternativ kann man sich selbst ein Rätsel stellen: Welche Geräusche nehme ich wahr, was verursacht sie und aus welcher Richtung kommen sie?
Nichts spricht dagegen, solche Übungen bereits mit 35 oder 50 zu beginnen, wenn das Gehör noch in Ordnung ist.

Das „Hörtraining“ lässt sich gut als Achtsamkeitsübung in unseren Alltag einbauen. Damit trainieren wir nicht nur unser Gehör, sondern tun auch etwas für unsere innere Ruhe und Konzentration. Das Gehör ist ein komplexes und bemerkenswertes Organ, das uns so Vieles ermöglicht: Von der Orientierung im Raum über Musikgenuss bis hin zu unseren besten Gesprächen beim Latte Macchiato im Café.

Darum sollten wir unsere Ohren genug wertschätzen, um etwas für sie zu tun. Eine gute Möglichkeit dafür ist, sich rechtzeitig mit der eigenen Hörleistung auseinanderzusetzen und das Gehör aktiv fit und gesund zu erhalten – zum Beispiel mit kleinen Übungen im Alltag und ausreichendem Schutz vor Lärm und Lautstärke.

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