Ein Arzt klärt eine Patientin über ihre Patientenrechte auf.
Gesellschaft und digitale Gesundheit

Digital-Projekt TOP macht Arzneimitteltherapie sicherer

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Das Projekt TOP* realisiert einen neuen digitalen Ansatz, mit dem Krankenhäuser dabei unterstützen werden sollen einen möglichst vollständigen Überblick über die Gesundheitshistorie ihrer Patienten zu erhalten. Das geschieht mithilfe der bei Krankenkassen gespeicherten Abrechnungsdaten. Diese werden mit Einverständnis der Patienten bei Aufnahme dem Krankenhaus digital übermittelt. Dazu gehören z. B. Verordnungen von Medikamenten und Diagnosen. Außerdem wird in den teilnehmenden Krankenhäusern die Zusammenarbeit zwischen Apothekerinnen und Apothekern sowie Ärztinnen und Ärzten gestärkt und die Dokumentation für die einweisenden Praxen bei Entlassung optimiert. 

Mit diesem neuen Ansatz sollen insbesondere Medikationsfehler und unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Menschen mit mehreren Erkrankungen vermieden werden. Denn bei diesen Patienten sind diese Risiken besonders hoch. Die BARMER hat das Projekt initiiert und realisiert es gemeinsam mit der AOK Nordost und 12 Krankenhäusern.

* TOP steht für „Transsektorale Optimierung der Patientensicherheit“. Das Projekt wird über vier Jahre (2020 – 2024) mit rund 9,3 Millionen Euro durch den Gemeinsamen Bundesausschuss im Rahmen des Innovationsfonds gefördert (Förderkennzeichen: 01NVF19018). An dem Projekt nehmen 12 Krankenhäuser in Deutschland – darunter mehrere Universitätskliniken – teil.

Viele Menschen nehmen z. B. wegen chronischer Erkrankungen mehrere Medikamente gleichzeitig ein. Betroffene und ihre Ärztinnen und Ärzte können dabei leicht den Überblick verlieren, wer welches Medikament verordnet hat und welches Medikament wie oft und gegen welche Erkrankung eingenommen werden soll. Dieser Überblick, aber auch das Fehlen von Informationen zur Gesundheitshistorie ist wichtig – insbesondere bei einer stationären Aufnahme im Krankenhaus –, um Unverträglichkeiten gegen Medikamente schnell zu erkennen und Wechselwirkungen vorzubeugen. An diesem Punkt setzt das Projekt an.

Neben der engen Zusammenarbeit von behandelnden Ärztinnen und Ärzten mit den Krankenhausapothekerinnen und -apothekern werden bei der Krankenhausaufnahme Hochrisikopatientinnen und -patienten identifiziert. Sie erhalten bei Behandlung in chirurgischen Abteilungen eine digital gestützte intensivere Betreuung durch die Krankenhausapothekerinnen und -apotheker (ein sog. Co-Management).

Außerdem beinhaltet der neue Prozess für alle Patientinnen und Patienten ein Entlassungsmanagement mit elektronischer Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)-Prüfung sowie Kommunikation mit Hausarztpraxen zur Abstimmung von Änderungen der Arzneimitteltherapie. Bei der Entlassung erhalten die Patientinnen und Patienten einen Bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP), der auch als digitaler Medikationsplan (eBMP) per App genutzt werden kann sowie ergänzende AMTS-Hinweise. 

Diese Krankenhäuser nehmen am Projekt teil:

  • Berlin
    - Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin Schöneberg
    - Vivantes Humboldt-Klinikum in Berlin Reinickendorf
  • Brandenburg
    - Carl-Thiem-Klinikum Cottbus
    - Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam
    - Klinikum Frankfurt (Oder)
    - Havelland Kliniken in Nauen
  • Hessen
    - St. Josefs-Hospital Rheingau in Rüdesheim am Rhein
    - St. Vincenz-Krankenhaus Limburg
  • Mecklenburg-Vorpommern
    - Universitätsmedizin Rostock
  • Nordrhein-Westfalen
    - Katholische Kliniken im Märkischen Kreis in Iserlohn
    - Marienhospital Herne
    - Universitätsklinikum Münster
  • Saarland:
    - Klinikum Saarbrücken
    - SHG-Kliniken Völklingen

Patienten, die bei der BARMER oder AOK Nordost versichert sind und mehrere Medikamente verordnet bekommen können am Projekt teilnehmen, indem sie ihr Einverständnis dem Krankenhaus gegenüber erklären.

  1. Bei Ihrer stationären Krankenhausaufnahme erfragen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krankenhauses Ihre aktuelle Arzneimitteltherapie. Sollten Sie fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen, werden sie Sie ausführlich über das Projekt informieren und Sie erhalten die Patienteninformationen. Sind Sie mit den Bedingungen einverstanden, erklären Sie schriftlich Ihre Teilnahme.
  2. Ihr Behandlungsteam erhält dann auf elektronischem Weg Einblick in Ihre Patientendaten. Diese beinhalten die Behandlungsdaten von Haus- und Fachärztinnen bzw. -ärzten aus den vergangenen drei Jahren. Ihr Behandlungsteam kann auf diese Weise sehen, welche Medikamente Ihnen vom welchem Arzt oder Ärztin verschrieben wurden und welche Behandlungen durchgeführt wurden.
  3. Der Krankenhausapotheker bzw. die -apothekerin prüft Ihre medikamentöse Therapie mithilfe eines speziellen Computerprogrammes und den Barmer-Daten (Abrechnungsdaten der Barmer) auf Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten und kann so Ihren Medikationsplan optimieren.
  4. Bei Ihrer Entlassung erhalten Sie kostenlos Ihren persönlichen Medikationsplan mit allen wichtigen Informationen. Darauf steht genau, welche Medikamente Sie wann einnehmen müssen und was Sie bei der Einnahme beachten sollten. Bei Bedarf wird Ihr Behandlungsteam sich auch mit Ihrem einweisenden Arzt bzw. Ihrer Ärztin in Verbindung setzen.

Die Barmer übernimmt viele Kosten im Zusammenhang mit Untersuchungen und Verordnungen. Aus diesem Grund werden Informationen z. B. zu Diagnosen, Medikamenten, Krankenhausaufenthalten und Heil- und Hilfsmitteln in einem von der Barmer beauftragten Rechenzentrum gespeichert. Nimmt Ihr Krankenhaus am Projekt TOP teil und haben Sie der Teilnahme zugestimmt, kann Ihr Behandlungsteam Ihre bei der Barmer gespeicherten Abrechnungsdaten über eine spezielle Projektsoftware auf dem PC anschauen. Ihr Behandlungsteam erhält so einen umfassenderen Überblick über alle Behandlungen und Verordnungen die Sie im Laufe der letzten drei Jahre erhalten haben und mit der Barmer abgerechnet wurden. Ein spezielles Computerprogramm hilft ihm dabei, besser als bisher z. B. Wechselwirkungen zu identifizieren und Änderungen in Ihrer Arzneimitteltherapie vorzunehmen, um diese zu verhindern.

Ja, die Teilnahme am Projekt ist kostenlos.

Entschließen Sie sich dazu, die Teilnahme am Projekt zu beenden, können Sie Ihre Teilnahmeerklärung jederzeit widerrufen ohne Angabe von Gründen und ohne irgendwelche Nachteile in der medizinischen Behandlung.

Senden Sie dazu eine schriftliche Erklärung an die Barmer an die folgende Adresse:

Barmer
Kennwort: Projekt TOP
Lichtscheider Str. 89
42285 Wuppertal

Ein Ziel des Projekts ist es zu untersuchen, ob die Lebens- und Versorgungsqualität unserer Versicherten verbessert werden kann. Um die Wirksamkeit des Projekts zu erforschen, wird geprüft ob mit Unterstützung des Projekts Arzneimittelnebenwirkungen verhindert und Krankenhauseinweisungen verringert werden können.

Hierfür werden die eingeschriebenen Patientinnen und Patienten in zwei Gruppen (Kontrollgruppe und Untersuchungsgruppe) eingeteilt und anschließend verglichen:

Für jedes teilnehmende TOP-Krankenhaus gibt es einen definierten Zeitraum, in dem sich zunächst die Behandlung der Patientinnen und Patienten nicht verändert. Während dieser sogenannten Kontrollphase wird die Behandlung dieser Patientengruppe beobachtet, um zu beschreiben, wie die Behandlungssituation vor der Einführung des Projekts aussieht. Zu einem bestimmten Stichtag beginnen die TOP-Krankenhäuser damit, die neue Behandlungsform bei allen teilnehmenden Versicherten anzuwenden - die sogenannte Untersuchungsphase beginnt. Ab diesem Stichtag gibt es in diesen Krankenhäusern nur noch eine Untersuchungsgruppe.

Im Verlauf der Studie werden alle teilnehmenden Versicherten am Anfang des Projekts Teil der Kontrollgruppe und später Teil der Untersuchungsgruppe sein und die neue Behandlungsform erhalten.

Das beschriebene Verfahren, bei dem eine Untersuchungsgruppe und eine Kontrollgruppe miteinander verglichen werden, nennt man clusterrandomisierte kontrollierte Studie (C-RCT). Die Wirksamkeit des Projektes gilt als wissenschaftlich nachgewiesen, wenn die Untersuchungsgruppe - im Vergleich zur Kontrollgruppe - eine Verbesserung erzielt (z. B. in der Lebensqualität). 

Die unterschriebene Teilnahme- und Einverständniserklärung wird im Krankenhaus archiviert und ggf. elektronisch erfasst. Anschließend wird Ihre Teilnahme der Barmer elektronisch mitgeteilt. Alle teilnehmenden Versicherten werden zum Zweck der Projektdurchführung und der Leistungsabrechnung in einem Teilnehmerverzeichnis bei der Barmer registriert.

Der vollständige Zugriff auf die bei der Barmer gespeicherten Abrechnungsdaten hat nur das Behandlungsteam in dem Krankenhaus, gegenüber dem Sie Ihre Teilnahme schriftlich erklärt haben. Die für das Projektverwendeten Daten werden verschlüsselt übertragen und verschlüsselt gespeichert. Für Behandlungsteam sind nur die Daten veränderbar, die es im Rahmen der Projektlaufzeit selbst dokumentiert hat.

Damit das Behandlungsteam die Daten abrufen kann, ist das Krankenhaus über eine spezielle Projektsoftware mit dem beauftragten Rechenzentrum der Barmer (T-Systems; www.t-systems.com) technisch vernetzt. Die Daten werden dabei verschlüsselt übertragen sowie gespeichert.

Mit der Teilnahme an dem Projekt erlauben Sie Ihrem Behandlungsteam, alle bei der Barmer gespeicherten medizinischen Informationen für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren einzusehen. Hierzu zählen: Eine Übersicht der mitbehandelnden Ärztinnen bzw. Ärzte, deren dokumentierte Diagnosen, alle abgerechneten Rezepte sowie Informationen zu Krankenhausaufenthalten (stationäre Diagnosen, Aufnahmedatum, Entlassungsdatum, Name des Krankenhauses).

Die Daten der teilnehmenden Patienten werden den mit der wissenschaftlichen Auswertung beauftragten Universitäten in pseudonymisierter Form zur Verfügung gestellt. Das heißt, dass Ihr Name und andere Identifikationsmerkmale (z. B. Versichertennummer) durch ein Kennzeichen ersetzt werden. So wird sichergestellt, dass in der wissenschaftlichen Betrachtung anonymisierte Daten verwendet werden. Es sind keine Rückschlüsse auf Ihre Person möglich.

Nach Eingang der Beendigungsmitteilung bzw. nach Projektende werden alle Daten, die im Rahmen des Projektes erhoben wurden, spätestens nach zehn Jahren gelöscht.

Reguläre Behandlungsdaten im Krankenhaus sind davon unberührt und werden im Rahmen der Behandlungsdokumentation im Krankenhaus archiviert. 

Bei weiteren Fragen können Sie unseren Service aus den deutschen Fest- und Mobilfunknetzen unter der kostenfreien Rufnummer 0800 333004327-331 erreichen.

Die Projektleitung der Barmer erreichen Sie per Mail (projekt-top@barmer.de) oder per Post (Barmer, Kennwort: Projekt TOP; Lichtscheider Str. 89, 42275 Wuppertal).